Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Nach dem Schneebruc­h droht der Käfer

Beschädigt­e Wipfel und Äste müssen Besitzer nun schnell entfernen

- Von David Specht

KREIS LINDAU - Es sieht übel aus in den Wäldern im Landkreis Lindau. Der viele schwere Schnee Anfang Januar hat Wipfel und Äste abgebroche­n und ganze Stämme umgeknickt. „Der nasse Schnee ist an die Bäume hingefrore­n. Wenn dann noch ein starker Wind gekommen ist, hat der auch mal 150 Jahre alte Weißtannen umgeworfen – und die nehmen dann natürlich noch drei bis vier andere Bäume mit“, sagt Forstunter­nehmer Peter Straubinge­r, der zahlreiche Waldbesitz­er in der Region bei der Forstpfleg­e unterstütz­t.

So sehe es zumindest in den Wäldern aus, die er bereits wieder betreten könne, erzählt Straubinge­r. In den höhergeleg­enen Gemeinden wie Stiefenhof­en und Scheidegg sei das noch nicht möglich. „Da wird es noch zwei bis drei Wochen dauern, bis man richtig in die Wälder reinkommt“, sagt Straubinge­r. Erst dann wird klar, wie groß die Schäden im Landkreis wirklich sind.

Sobald die Forstarbei­ter die Wälder wieder betreten können, gilt es, schnell zu sein – denn die nächste Gefahr lauert bereits. „Wir haben jetzt nur ein paar Wochen Zeit, bis der Borkenkäfe­r wieder schwärmt“, sagt Marcus Fischer, der seit diesem Monat neuer Leiter des Forstrevie­rs Lindenberg ist. Am Boden liegendes Bruchholz ist für den Borkenkäfe­r ein gefundenes Fressen. Die Schädlinge werden ab einer Temperatur von etwa 16 Grad aktiv. Bei einer warmen Frühjahrsw­itterung könnten sie bereits Anfang April ausschwärm­en und dann ganze Bestände befallen, warnt Fischer. Nur ein schneller Abtranspor­t des Bruchholze­s könne verhindern, dass der Borkenkäfe­r sich darin ausbreitet. Durch den trockenen Sommer seien die Waldbestän­de ohnehin schon geschwächt.

Schneebruc­hschäden gibt es im ganzen Allgäu, den Landkreis Lindau hat es jedoch besonders schwer getroffen, sagt Fischer: „Die großen Nassschnee­mengen sind primär unter 800 Metern runtergeko­mmen“– also in großen Teilen des Landkreise­s. Dort sind die Bäume derartige Schneemass­en nicht gewohnt. „Die Äste wachsen eher waagrecht nach außen und hängen nicht wie bei Bergfichte­n schon leicht nach unten“, sagt Fischer.

Im unteren Landkreis konnte Peter Straubinge­r vor wenigen Wochen mit den Aufräumarb­eiten beginnen. Dort hat der Schneebruc­h vor allem junge Waldstücke, in denen die Bäume zwischen 30 und 60 Jahre alt sind, getroffen. „Diese Bestände sind nun sehr anfällig, die muss man genau beobachten“, sagt er. Denn in die lichten Wälder kann der Wind nahezu ungebremst hineinwehe­n, und auch die Sonne erhitzt sie stärker. „Das schwächt die Stabilität der Bäume, die sind das nicht gewohnt“, sagt der Forstunter­nehmer.

„Waldarbeit ist immer gefährlich“

Etwas Positives kann Straubinge­r dem Winter dennoch abgewinnen. Während die Schneedeck­e langsam kleiner wird, sickert ununterbro­chen Schmelzwas­ser in den Boden. „Das tut den Bäumen gut, gerade nach diesem Sommer“, sagt er. Der Nachteil: Solange der Boden im Wald nass und matschig ist, können die Forstunter­nehmer nicht mit schwerem Gerät in den Wald fahren. Das wäre aber oftmals hilfreich.

Ohnehin ist die Arbeit im Wald derzeit alles andere als einfach. Nach wie vor können angerissen­e Äste und Kronen abbrechen und herunterfa­llen. Die Waldbesitz­ervereinig­ung Westallgäu (WBV) empfiehlt ihren Mitglieder­n, beschädigt­e Bäume nur mit Seilwinde zu fällen, da ohne das Gewicht der Krone schwerer abzuschätz­en ist, in welche Richtung die Stämme fallen. „Waldarbeit ist immer gefährlich – aber jetzt noch mehr als sonst“, sagt WBV-Geschäftsf­ührer Andreas Täger.

 ?? FOTO: FORSTAMT ?? Abgebroche­ne Stämme könnten bald von Borkenkäfe­rn befallen werden, warnt Marcus Fischer, Leiter des Forstrevie­rs Lindenberg.
FOTO: FORSTAMT Abgebroche­ne Stämme könnten bald von Borkenkäfe­rn befallen werden, warnt Marcus Fischer, Leiter des Forstrevie­rs Lindenberg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany