Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hochwasser in Achberg befürchtet
Ablauf des neuen Rückhaltebeckens liegt zu hoch, jetzt kommt die Schneeschmelze
ACHBERG - Das neue Rückhaltebecken in Esseratsweiler soll eigentlich das Dorf vor Überschwemmungen schützen. Jetzt droht aber genau das Gegenteil. Weil der Ablauf des Beckens zu hoch liegt, könnte die angrenzende Siedlung bei Hochwasser volllaufen. Bauunternehmer und Ingenieur schieben sich für den Fehler gegenseitig die Schuld zu.
Bürgermeister Johannes Aschauer macht sich Sorgen. Er sagt: „Es könnte sein, dass Höfe und Betriebe überschwemmt werden.“Insbesondere wenn jetzt der Schnee schmelze oder bei extremem Wetter im Frühling sei es wahrscheinlich, dass das Wasser ins angrenzende Gewerbegebiet „Ziegelhütte“laufe.
Schuld an Aschauers Sorge ist eine Betonröhre mit einem knappen Meter Durchmesser. Dieser Ablauf des neuen Rückhaltebeckens am Esseratsweiler Dorfbach ist zu hoch eingebaut. Um 40 Zentimeter, die entscheidend sind, wenn das Becken einmal bis zum Rand gefüllt sein sollte. Denn eigentlich soll das Wasser dann aus der Betonröhre Richtung Doberatsweiler schießen. Weil die Röhre aber zu hoch in den Damm eingebaut ist, droht ein Rückstau bis in die Siedlung. Aschauer: „Das beauftragte Bauunternehmen hat die Röhre falsch eingebaut.“
Betonröhre unnütz?
Damit ist die Liste der Mängel am Rückhaltebecken aber noch nicht zu Ende. Aschauer erzählt: „Der Damm des Rückhaltebeckens ist dafür an anderer Stelle um 40 Zentimeter zu niedrig.“Das sorge dafür, dass im Fall von Hochwasser die zu hoch eingebaute Betonröhre erst recht nichts bringe. Stattdessen würde das Wasser über den Damm abfließen. Das Problem: Während der eigentliche Ablauf mit Beton und großen Wackersteinen gegen die reißenden Wassermassen geschützt ist, besteht die Dammkrone aus Erde und anderen Füllmaterialien. „Das wird vom Wasser alles mitgerissen“, meint Aschauer.
Aber auch damit immer noch nicht genug. Im Moment streitet die Gemeinde nach eigenen Angaben mit dem Bauunternehmer um 35 000 Euro. Der Grund dafür ist laut Aschauer, dass die Bauarbeiter den Damm vollständig aus Zement und Kalk gebaut haben. „Das ist eigentlich nur als Kernmaterial gedacht, für die Flanken des Damms genügt einfaches Material“, sagt der Bürgermeister. Deshalb sei der Damm jetzt deutlich teurer.
Gebaut hat das Rückhaltebecken die Firma Schnug-Diener aus Fischen im Allgäu. Deren Chef Burkhart Diener will die Kritik nicht auf sich sitzen lassen. Er sagt: „Wir haben vom zuständigen Ingenieurbüro die falschen Höhen bekommen.“Außerdem sei der Bau des Damms so erfolgt, wie das die Gemeinde gewollt habe. Man habe sämtlichen Abraum aus dem Becken darin verbaut. „Die wollten den Damm so, damit sie keine Kosten beim Wegfahren des Aushubs haben“, sagt Diener. Zudem fordere er nun 14 000 Euro von der Gemeinde. Ohnehin sei das eine kuriose Baustelle gewesen. „Da hat der örtliche Leiter vom Bauhof die Bauleitung gemacht und nicht das Ingenieursbüro“, erzählt er. Zuständig für die Planung des Rückhaltebeckens war das Ingenieurbüro Zimmermann und Meixner aus Amtzell. Geschäftsführer Bernd Zimmermann hat eine ganz andere Ansicht zu dem falsch eingebauten Ablauf. Er sagt: „Die Firma Schnug-Diener hat von uns die richtigen Höhen erhalten, der Fehler liegt klar dort.“Die Klärung des Streits liege jetzt bei den Anwälten, am Ende werde wahrscheinlich ein Gericht entscheiden. Das Rückhaltebecken muss derweil natürlich nochmals umgebaut werden.
Auch darüber, wie es weitergeht, besteht große Uneinigkeit. Während Aschauer und Zimmermann erzählen, dass sie Bauunternehmer Diener dazu aufgefordert haben, den Ablauf zu korrigieren, will der von gar nichts wissen. Er sagt: „Seit das mit den falschen Höhen festgestellt ist, herrscht Funkstille. Mich hat man zu nichts aufgefordert.“