Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nur wer kooperiert, bekommt Geld
Stadt unterstützt nur noch Vereine, die sich verpflichten, Kinder vor Missbrauch zu schützen
RAVENSBURG - Die Stadt Ravensburg will Kinder und Jugendliche effektiver vor sexuellen Übergriffen durch Erwachsene schützen. Daher sollen alle Vereine, Verbände und Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, entsprechende verbindliche Vereinbarungen unterzeichnen. Tun sie das nicht, erhalten sie keine Fördermittel mehr von der Stadt.
„Dieses Vorgehen ist Pflicht, keine Kür“, sagte Karlheinz Beck, Leiter des Ravensburger Amtes für Schule, Jugend und Sport, in einem Ausschuss des Gemeinderats. Hintergrund ist der zuletzt 2012 erweiterte Paragraf 72a des Sozialgesetzbuches. Darin ist unter anderem festgeschrieben, dass Träger der Jugendhilfe sicherstellen müssen, keine Personen haupt- oder ehrenamtlich zu beschäftigen oder zu vermitteln, die durch sexuelle Übergriffe auf Kinder oder Jugendliche strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Vereine und Verbände mit Kinder- und Jugendarbeit eine Vereinbarung unterzeichnen. Die Stadt Ravensburg will aber noch weiter gehen. Künftig soll es nur noch städtische Fördermittel geben, wenn die betroffenen Institutionen diese Vereinbarung auch unterzeichnet haben. Wer den Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht garantieren will oder kann, der bekommt künftig kein Geld mehr von der Stadt.
Der Sozialausschuss des Ravensburger Gemeinderats hat daher beschlossen, die Förderrichtlinien der Stadt für Sport und Jugendarbeit in Vereinen und Verbänden zu ändern. Zudem sollen auch die Förderrichtlinien im kulturellen und sozialen Bereich gleichlautend angepasst werden. Dasselbe gilt künftig für alle städtischen Zuschüsse an Organisationen, Einrichtungen und Dienste, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Das letzte Wort hat Ende März der Gemeinderat. „Alle Förderrichtlinien sollen gleichlautend geändert werden“, versprach Erster Bürgermeister Simon Blümcke im städtischen Beirat für Integrationsfragen.
Bereits jetzt verlangt die Stadt im eigenen Zuständigkeitsbereich erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse für Personen, die zum Beispiel in Horten arbeiten, in der Sozialarbeit, in Jugendhäusern, Bädern oder die als Hausmeister tätig sind. Auch wer ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Stadt leistet oder Teil des Bundesfreiwilligendienstes ist, muss so ein Dokument vorab vorlegen.
Nach Aussage der Stadt beschäftigen sich immer mehr Vereine und Verbände in Ravensburg mit dem Thema des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen. Manchen Institutionen sei dieses Problem aber noch nicht sehr wichtig. Daher die Idee, die Grundsätze des Paragrafen 72a Sozialgesetzbuch auf alle Bereiche der Jugendarbeit zu übertragen. Zum Teil funktioniert das schon recht gut. Fast die Hälfte der Ravensburger Sportvereine hat die neue Vereinbarung zum Schutz bereits unterschrieben. Die Ravensburger Sportvereine betreuen knapp 7000 junge Menschen.