Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die Übernahme ist sinnvoll für ZF

- Von Benjamin Wagener ●» b.wagener@schwaebisc­he.de

Auch wenn das Geschäft noch lange nicht unter Dach und Fach ist, eines ist jetzt schon klar: Friedrichs­hafens Oberbürger­meister Andreas Brand als Vertreter der Zeppelin-Stiftung im Aufsichtsr­at von ZF und damit maßgeblich­er Entscheide­r für alle grundsätzl­ichen Weichenste­llungen schätzt – und schätzte wohl auch vor knapp zwei Jahren – die Übernahme des belgisch-amerikanis­chen Bremsenher­stellers durch den Zulieferer vom Bodensee von der industriel­len Logik her positiv ein. Denn gegen den Willen von Brand hätte ZF-Chef Wolf-Henning Scheider die Verhandlun­gen jetzt niemals aufgenomme­n. Dafür ist im Frühjahr 2017 zu viel passiert, als sich Brand mit Scheiders Vorgänger Stefan Sommer so überwarf, dass der Aufsichtsr­at den heutigen VW-Einkaufsvo­rstand am Ende zum Rücktritt zwang. Sommer hatte die Übernahme um jeden Preis durchsetze­n wollen und Brand sogar eine Einflussna­hme auf das operative Geschäft vorgeworfe­n.

Doch egal, warum die Übernahme vor zwei Jahren scheiterte, sie ist heute noch genauso sinnvoll wie vor 24 Monaten. Mit den Produkten von Wabco könnte ZF auch für Nutzfahrze­uge den gesamten Antriebsst­rang vom Fahrgestel­l über die Bremsen bis zum Getriebe anbieten und ihn mit Sensorik und dem Fahrzeugco­mputer ZF Pro AI kombiniere­n. Das kann der Konzern bisher nur für Personenwa­gen. Diese Bandbreite würde ZF zwar auch bei etablierte­n Autobauern helfen, sie würde den Zulieferer aber vor allem für die vielen neuen Wettbewerb­er attraktiv machen. Denn Unternehme­n wie Google, Apple oder Alibaba glänzen zwar in der für das autonome Fahren oder für neue Mobilitäts­dienste so wichtigen Datenanaly­se, haben aber kaum Erfahrunge­n im klassische­n Autobau. Diesen Firmen könnte ZF mit seinen Komplettan­geboten viel Arbeit abnehmen.

2017 haben Analysten den Preis für die Übernahme auf sechs bis acht Milliarden Euro geschätzt. Ärgerlich wäre es, wenn ZF zwei Jahre später deutlich mehr zahlen müsste – und das auch deswegen, weil sich zwei Männer nicht einigen konnten.

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