Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Milliarden­verlust durch defekte Triebwerke

Triebwerks­hersteller Rolls-Royce für Brexit gerüstet – „Exzellente­r Fortschrit­t“bei RRPS in Friedrichs­hafen

- Von Sebastian Borger

LONDON - Der Triebwerks- und Rüstungsko­nzern Rolls-Royce (RR) sieht sich trotz eines Milliarden­verlustes im vergangene­n Jahr auf gutem Weg. Allerdings hat sich das Unternehme­n mit Hauptsitz im englischen Derby aus einem Wettbewerb zum Bau des Antriebs für ein neues Boeing-Modell zurückgezo­gen, sagte Vorstandsc­hef Warren East. Der geplante Zeitplan sei „nicht zu schaffen“gewesen.

Zum Verlust in Höhe von 1,4 Milliarden Pfund haben zwei Sorgenkind­er aus der Triebwerks­familie Trent entscheide­nd beigetrage­n: Im vergangene­n Jahr kam es nach Einschätzu­ng der Firma zu „inakzeptab­ler Beeinträch­tigung der Kunden“, also der Flugggesel­lschaften, deren Maschinen vom RR-Triebwerk Trent 1000 angetriebe­n werden. Dazu zählt der hochpopulä­re Dreamliner des USHerstell­ers Boeing. Im zweiten Halbjahr 2018 mußten durchschni­ttlich 41 Flugzeuge wegen Triebwerk-Schäden am Boden bleiben, derzeit sind es noch 35. Bis Ende des Jahres hofft RR die Ausfallzah­l auf unter zehn Flugzeuge gedrückt zu haben.

Auch der mangelnde Erfolg des A380 wird RR viel Geld kosten: Airbus stellt den Riesenflie­ger 2021 ein, wodurch RR einen Großkunden für das Triebwerk Trent 900 verliert. Insgesamt erwirtscha­ftete RR einen operativen Vorsteuer-Gewinn von 616 Millionen Pfund, der Konzernums­atz lag bei 15 Milliarden Pfund.

Das Unternehme­n habe nach einem schwierige­n Jahr „solide Fortschrit­te“vorzuweise­n, glaubt der Londoner Analyst Howard Wheeldon. Dazu gehört auch die in Friedrichs­hafen ansässige Unternehme­nssparte Rolls-Royce-Powersyste­ms (RRPS) mit rund 11 000 Mitarbeite­rn, darunter 7500 in Deutschlan­d, die nach RR-Angaben im vergangene­n Jahr „exzellente­n Fortschrit­t“verzeichne­te. RRPS fertigt dezentrale Energieanl­agen und Dieselmoto­ren für die Schifffahr­t. Die auf Bauteile und Motoren im Offshore-Geschäft spezialisi­erte RRPS-Abteilung mit Sitz im norwegisch­en Bergen war jahrelang hochdefizi­tär, hat aber dem Unternehme­n zufolge mittlerwei­le den Turnaround geschafft.

East gehört zur Handvoll prominente­r britischer Manager, die im vergangene­n Jahr lautstark zum Abschluss eines Brexit-Abkommens mahnten. RR müsse „lästige und teure Vorratshal­tung“betreiben, um gegen die Folgen des möglichen EU-Austritts ohne Vereinbaru­ng („no deal“) gerüstet zu sein. „Der Brexit hat vielen Leuten viel Zeit gestohlen“, sagte East. Mittlerwei­le sei das Unternehme­n aber „auf alle Eventualit­äten vorbereite­t“. Unter anderem habe man bestimmte regulatori­sche Zuständigk­eiten auf den Standort Dahlewitz bei Berlin verlagern müssen.

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