Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Seefeld legt die Latte hoch für Oberstdorf
In zwei Jahren findet die WM im Allgäu statt – mit noch mehr Wettbewerben – Ab März rollen die Bagger
SEEFELD (SID) - Kaiserwetter, perfekt organisierte Wettkämpfe, friedliche Fanmassen: Seefeld erlebt – von den aktuellen Doping-Entwicklungen einmal abgesehen – Nordische Ski-Weltmeisterschaften wie aus dem Bilderbuch. Bei der Abordnung aus Oberstdorf, die den Festspielen höchst interessiert beiwohnte, verursachten die Tiroler Traumtage aber leises Magengrummeln. Seefeld hat die Latte hochgelegt für die Allgäuer Marktgemeinde, die als Ausrichter der WM 2021 ein ähnliches Wintermärchen erleben will.
„Wir stehen jetzt kurz davor, zu bauen, im März rollen die Bagger“, sagte der Oberstdorfer Bürgermeister Laurent Mies in Seefeld: „Es wartet extrem viel Arbeit, aber wir hoffen, eine solche Leidenschaft wie hier auch bei uns haben zu dürfen.“
In rund 725 Tagen fällt der Startschuss zu den Titelkämpfen im Allgäu (23. Februar bis 7. März 2021), und diese Nordische WM wird die umfangreichste der Geschichte. 1987, als Oberstdorf (ebenfalls als Nachfolger Seefelds) erstmals Gastgeber war, standen 13 Entscheidungen der Langläufer, Springer und Kombinierer auf dem Programm. Bei der zweiten Oberstdorfer Auflage 2005 waren es 19, in Seefeld sind es 22, 2021 geht es 24-mal um Gold. Heißt für Oberstdorf und die beiden Sportstätten, die Schattenbergschanze und das Langlaufstadion am Ried: Mehr Sportler, mehr Fans, mehr alles.
„Deshalb ist es für uns ganz wichtig, dass wir uns hier bei den Seefeldern Infos holen dürfen“, sagte Peter Kruijer, Chef des einflussreichen Skiclubs Oberstdorf. Die Erwartungen sind hoch: Die kleine Gemeinde muss den eigenen Ansprüchen gerecht werden, jenen des Weltverbandes FIS und jenen der durch die Seefelder Erfolge verwöhnten deutschen Öffentlichkeit. „Wir hatten die WM 2015 in Falun mit herausragenden Erfolgen und haben gedacht, das schaffen wir nie mehr“, sagte Franz Steinle, Präsident des Deutschen Skiverbands und Aufsichtsratsvorsitzender der WM-GmbH: „Dann haben wir in Lahti einen draufgesetzt. Und jetzt hier in Seefeld nochmals. Wir hoffen, dass der Spannungsbogen bis 2021 anhält und wir ähnlich erfolgreich sein werden.“
Die FIS nahm Oberstdorf, das sich in Ex-Langlaufstar Tobias Angerer und Kombinations-Weltmeister Johannes Rydzek prominente WMBotschafter ins Boot geholt hat, ins Gebet. „Die Weltmeisterschaften 1987 und 2005 waren wunderschön“, sagte Präsident Gian Franco Kasper in Seefeld. Es werde „viel Kritik geben“, deshalb sein Rat an Oberstdorf, das 2016 erst im fünften Anlauf den Zuschlag bekommen hatte: „Nicht aufgeben, mit voller Wucht dahinter sein. Dann werden wir ein Wintermärchen erleben wie hier.“
Kasper weiß, dass die WM im Allgäu nicht unumstritten ist. Die Titelkämpfe 2005 waren finanziell „ein Desaster, die Gemeinde ging praktisch pleite“. Obwohl die Sportstätten damals für 13 Millionen Euro modernisiert wurden, ging ein erster Investitions-Entwurf für 2021 von 50 Millionen aus. Die WM in Seefeld liegt bei rund 60 Millionen, von denen die Gemeinde selbst nur ein Zehntel stemmt.
„Auf den ersten Blick ist man geneigt zu sagen: ,Da ist doch schon alles da. Was müssen die so viel Geld verbauen’“, sagte Steinle dem „Allgäuer Anzeigeblatt“: „Aber wir wollen mit dieser WM ja kein Strohfeuer abbrennen, sondern etwas Nachhaltiges schaffen.“Wintermärchen haben halt ihren Preis.
„Aber wir wollen mit dieser WM ja kein Strohfeuer abbrennen, sondern etwas Nachhaltiges schaffen.“