Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Nach vielen Einsätzen fließt kein Geld
DLRG-Kräfte am Bodensee hadern mit beiden Landesregierungen
STUTTGART - Wer zahlt, wenn Wasserwacht und DLRG Menschen aus dem Bodensee retten? Um diese Frage gibt es weiter Streit, sowohl in Bayern als auch in Baden-Württemberg. Dort wollen weder der Bodenseekreis noch die Landesregierung die Kosten für den Treibstoff tragen. Nun hat sich der Landrat des Bodenseekreises, Lothar Wölfle, erneut an Landesinnenminister Thomas Strobl gewandt.
Der Super-Sommer 2018 hatte seine Schattenseiten. Die Zahl der Boots- und Badeunfälle auf dem Bodensee war so hoch wie lange nicht mehr. Acht Menschen starben, zahlreiche andere wurden gerettet. Das bedeutet viele Einsätze für die ehrenamtlichen Retter von Wasserwacht und DLRG. Doch anders als etwa bei der Feuerwehr oder dem Technischen Hilfswerk (THW) ist nicht geklärt, wer für die Finanzierung ihrer Arbeit zuständig ist. Die Feuerwehren werden von den Kommunen unterhalten, das THW vom Bund.
„Wir nehmen hier staatliche Aufgaben wahr, bekommen aber keine auskömmliche Finanzierung“, sagt Wolfgang Piontek, Vorsitzender des bayerischen Wasserwacht-Bezirks Schwaben. „Wir erhalten vom Freistaat Bayern Geld für Rettungsmittel – also Boote oder Fahrzeuge. Die Betriebskosten etwa für Sprit aber auch Schutzkleidung und Ähnliches müssen wir selbst aus Spenden oder Mitgliedsbeiträgen finanzieren.“Für das Haushaltsjahr 2018 erhielt die Wasserwacht bayernweit zwei Millionen Euro.
Zwar zahlen die Kranken- oder Unfallkassen Geld, wenn die Retter Menschen aus dem Wasser ziehen und diese danach im Krankenhaus behandelt werden. Doch aus mehreren Gründen reicht das nicht, um die Kosten der Wasserrettung zu decken. Zum einen rücken die Helfer sehr oft aus, ohne jemanden zu bergen: Weil die Opfer ertrinken, die Wasserschutzpolizei sie aus dem See zieht oder weil Vermisste es selbst an Land schaffen. „Außerdem richten sich diese Sätze der Krankenkassen nicht an den Bedürfnissen auf dem Bodensee aus. Wir brauchen hier große Boote, das ist anders als etwa an Flüssen“, sagt Thomas Freitag, Chef der Wasserwacht Lindau.
Mehr Geld für Gebäude
Genauso geht es den Kollegen in Baden-Württemberg. Allerdings gab es dort zuletzt gute Nachrichten. Denn das Land bewilligte bis 2020 über sechs Millionen Euro mehr als zunächst geplant. Die Summe fließt an Wasserrettung und Bergwacht, die DLRG rechnet mit etwa der Hälfte. Die dürfen aber nur in Gebäude fließen, nicht in Boote, Betriebs- oder Reparaturkosten. Die Summe müssen sich die DLRG-Verbände in ganz Baden-Württemberg teilen. „Das Geld hilft uns auf jeden Fall, und wir führen gute Gespräche mit dem Innenministerium“, sagt Armin Flohr, DLRG-Vorsitzender in Württemberg.
Dennoch sieht er Probleme. Derzeit hat die DLRG am See Rettungsboote an sechs Standorten, in Friedrichshafen sogar zwei. Davon muss eines ersetzt werden. Dieses war bislang laut Flohr der „Joker“und konnte einspringen, wenn andernorts ein Boot ausfiel. Ohne diesen Notnagel sei zwar die Sicherheit der Badenden nicht gefährdet. Dennoch könne eine Lücke entstehen, die andere Retter – also Wasserschutzpolizei oder Kollegen aus Bayern, Österreich und der Schweiz – füllen müssten.
Der Bodenseekreis und der dortige DLRG-Verband versuchen deshalb seit Jahren, auch Betriebskosten-Zuschüsse vom Land zu erhalten. Bislang springt der Kreis ein. Rund 30 000 Euro überweist er pro Jahr an die DLRG. Doch eigentlich wollten die Abgeordneten im Kreistag das nicht mehr genehmigen. Die Mehrheit sieht wie Landrat Wölfe die Landesregierung in der Pflicht. „Der Kreistag wird 2019 erneut 30 000 Euro dafür an die DLRG auszahlen. Wir sehen es aber weiterhin nicht als unsere Aufgabe an, den laufenden Betrieb zu finanzieren. Im Auftrag des Kreistages habe ich das Innenministerium gebeten, unseren Vorschlag zu prüfen. Wir würden gerne eine jährliche Abgabe von Bootsbesitzern erheben, um mit diesen Einnahmen die Wasserrettung zu unterstützen“, so Wölfle.
Der Vorschlag ist nicht neu, stieß aber bislang in Stuttgart nicht auf Gehör. Das Innenministerium nahm bislang keine Stellung dazu. Ressortchef Strobl wird dem Landrat aber in den kommenden Wochen auf sein Schreiben antworten. Der hofft auf grundsätzliche Klärung der Sache: „Bei der Wasserrettung fehlen einfach gesetzliche Grundlagen um festzulegen, wo Land und wo Kommunen zuständig sind.“