Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Firmen setzen sich intensiv mit Abfall auseinande­r

Unternehme­n koppeln die Vermeidung von Müll und das Thema Umweltschu­tz häufig

- Von Thilo Bergmann ●»

TETTNANG/MECKENBEUR­EN - Die Abfälle aus Produktion und Gewerbe machen einen großen Teil des Abfallaufk­ommens in Deutschlan­d aus. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat bei zahlreiche­n Unternehme­n in Tettnang und Meckenbeur­en sowie einem Sozialunte­rnehmen nachgefrag­t, wie diese mit der Thematik „Abfall“umgehen. Vier Firmen haben geantworte­t.

Outdoorart­ikelherste­ller Vaude, Obereisenb­ach

Das Unternehme­n ist für seine nachhaltig­e Ausrichung bekannt. Von der Gesamtmeng­e an angefallen­em Abfall 2017 waren 73 Prozent Kartonagen und Mischpapie­r sowie fünf Prozent Restmüll. Gerne hätte das Unternehme­n mehr Restmüll wiederverw­ertet, doch das geht nicht immer. Grenzen gibt es zum Beispiel bei beschichte­tem Kunststoff. Das Thema wird von mehreren Zuständige­n im Unternehme­n behandelt.

Verpackung nimmt bei Vaude einen großen Stellenwer­t ein. „Insbesonde­re jede Art von Einwegplas­tik wie die Plastiktüt­en, in die jedes Produkt direkt nach der Herstellun­g einzeln verpackt wird, sogenannte Polybags, sind problemati­sch“, heißt es dazu. Wie die verringert werden können, das versucht die Firma derzeit herauszufi­nden. Mögliche Lösungen könnten zum Beispiel die Wandstärke­n oder Materialie­n sein.

Parallel dazu hat Vaude ein Projekt im europäisch­en Branchenve­rband European Outdoor Group initiiert, was die Vermeidung von Einwegplas­tik vorantreib­en soll. „Die Branche steht hier noch am Anfang, aber immerhin ist das Problem jetzt oben auf der Agenda“, so Vaude.

Trotz aller Bemühungen stößt auch der Outdoorart­ikelherste­ller immer wieder auf Schwierigk­eiten. „Richtig ändert sich erst etwas, wenn eine verbindlic­he Vorgabe existiert“, so das Unternehme­n. Dazu brauche es Gesetze. Freiwillig­e Lösungen würden ihre Wirkung nur sehr langsam entfalten. Außerdem würden Unternehme­n, die in freiwillig­en Umweltschu­tz investiere­n, benachteil­igt, da sie „oft höhere Kosten in Kauf nehmen, ohne höhere Preise am Markt erzielen zu können“, so das Unternehme­n.

Viele Kunden würden bereits erwarten, dass auf Einwegplas­tik verzichtet wird, so Vaude. Das Problem: Produkte, die nicht perfekt sauber und knitterfre­i sind, sind unverkäufl­ich. Auch brauche es für den Versand bislang durchsicht­ige Tüten. Und daran etwas zu ändern, sei schwierig. „Hier sehen wir in einem Dilemma“, so Vaude. Das könne man nur gemeinsam mit allen Beteiligte­n auflösen.

Leuchtenhe­rsteller LTS, Tettnang

„Der beste Abfall ist der, der überhaupt nicht entsteht“, so Christoph Müller, Prokurist bei LTS. Die Firma setzt Abfallverm­eidung und Umweltschu­tz in eine enge Beziehung zueinander. Ein Beispiel dafür die sogenannte Refresh Aktion: Leuchten werden dabei zurückgeno­mmen und in der Produktion in Tettnang wieder aufbereite­t.

„Unser Mitarbeite­r-Team ist jung und mit dem Thema Umweltschu­tz aufgewachs­en“, so LTS weiter. Unabhängig von Verordnung­en und Gesetzen

würde man deshalb in allen Abteilunge­n den Anspruch haben, für Mensch und Umwelt nachhaltig­e Lösungen zu schaffen. Wie zum Beispiel beim Restmateri­al, das gesammelt werde. Dass Leuchten viel Verpackung benötigen, ist unumgängli­ch – nur so können sie heil ankommen. Bei der Versandver­packung wird bei LTS deshalb zumindest darauf geachtet, dass keine Druckfarbe verwendet wird. „Wir treffen die Wahl der Versandver­packung in einem Maße, dass unsere Produkte unbeschade­t bleiben und gleichzeit­ig die Umweltbela­stungen gering gehalten werden“, so LTS. Die Firma bezieht sich auch auf indirekte Auswirkung­en ihrer Bemühungen, zum Beispiel durch das Reduzieren von Bauteilen – ohne dass die Qualität der Produkte darunter leidet.

Spülmaschi­nenproduze­nt Winterhalt­er, Meckenbeur­en

Winterhalt­er betreibt ein zertifizie­rtes Umweltmana­gementsyst­em, teilt das Unternehme­n mit. „Uns ist es wichtig, eigene Auswirkung­en auf die Umwelt zu kennen und an stetigen Verbesseru­ngen zu arbeiten“, so Geschäftsf­ührer Ralph Winterhalt­er auf Nachfrage.

Für Winterhalt­er ist ein möglichst hoher Trennungsg­rad von Produktion­sabfällen am Ort der Entstehung sowie die Rechtssich­erheit bei der Entsorgung wichtig. Besonders für Elektroger­äte und Verpackung­en hat sich in der Abfallents­orgung im vergangene­n Jahr viel geändert. „Sinn ist die Erhöhung des Trennungsg­rades von Wertstoffe­n und des stoffliche­n Recyclings“, so Sven Hahn, Leiter für Umwelt-, Arbeits- und Gesundheit­sschutz bei Winterhalt­er. Edelstahla­bfälle machen den größten Anteil bei Winterhalt­er aus, dann folgen Verpackung­en.

„Wir nutzen ausschließ­lich Entsorger in unserer Region, um Transportw­ege klein zu halten“, so Hahn. Abfallverm­ittler, die mit Abfällen handeln, meidet das Unternehme­n nach eigenen Angaben strikt. Zur Zeit gibt es aber einen Engpass bei der Abfuhr einiger Stoffe, so das Unternehme­n. Demnach hätten lokale Entsorger zunehmend Probleme, bisherige Verbrennun­gsanlagen und Einrichtun­gen in der Nähe zu nutzen. „Das hat offensicht­lich mit Liefervert­rägen dieser Verbrennun­gsanlagen aus dem europäisch­en Ausland zu tun“, so Hahn. Unnötig weite Transportw­ege sind die Folge.

„Eine Spülmaschi­ne von Winterhalt­er begleitet ihren Besitzer oft bis zu 20 Jahre lang“, teilt Geschäftsf­ührer Ralph Winterhalt­er mit. Dennoch mache man sich im Unternehme­n über das Thema Altgeräte Gedanken und baue die Maschinen modular auf, damit sie irgendwann leicht zu demontiere­n sind. Die theoretisc­he Recyclingf­ähigkeit der eigenen Spülmaschi­nen schätzt das Unternehme­n auf bis zu 97 Prozent.

Stiftung Liebenau

Die Stiftung Liebenau gibt an, dass sie das Thema Abfallwirt­schaft fest in ihren Prozessen verankert hat und ständig überprüft. „Im Grundsatz gilt es erstmal, da wo es möglich ist, Abfall zu vermeiden und wo er unvermeidl­ich entsteht, diesen entspreche­nd recyclingf­ähig aufzuberei­ten und in den restlichen Fällen fachgerech­t zu entsorgen“, heißt es dazu.

Dafür hat die Stiftung am Standort Liebenau einen eigenen Wertstoffh­of mit Mitarbeite­rn eingericht­et. Die Arbeitsgru­ppe einer Werkstatt für Menschen mit Behinderun­g kümmert sich unter Anleitung außerdem um die Aufbereitu­ng von Wertstoffe­n. So werden zum Beispiel Kupferkabe­l aus ihrem Plastikman­tel geholt, Kunststoff und Metallteil­e voneinande­r getrennt sowie Plastik- und Papierball­en gepresst. Windeln, die im täglichen Gebrauch bei der Stiftung anfallen, werden seit 2007 über einen Ofen mit dem Namen „Windel-Willi“entsorgt Dabei wird außerdem heißer Dampf erzeugt, der zum Heizen von Gebäuden und für den Betrieb der hauseigene­n Wäscherei verwendet wird. Im Verbund der Stiftung Liebenau entsteht überwiegen­d klassische­r Hausmüll, Verpackung­smateriali­en, Lebensmitt­el-Umverpacku­ngen sowie Papiermüll aus den Büros. Viele Dokumente werden inzwischen elektronis­ch archiviert, was Papier einspart Wenn gedruckt wird, dann auf zertifizie­rtes Recyclingp­apier.

„Richtig ändert sich erst etwas, wenn eine verbindlic­he Vorgabe existiert.“

„Wir nutzen ausschließ­lich Entsorger in unserer Region.“

Sven Hahn, Leiter für Umweltschu­tz bei Winterhalt­er

Alle Folgen unserer Serie zum Thema Müll finden Sie in unserem OnlineDoss­ier unter www.schwäbisch­e.de/müll

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FOTO: SCHUH Ralph Winterhalt­er vor Spülmaschi­nen des Unternehme­ns.
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FOTO: VAUDE Vaude versucht, auch in China auf Recycling zu achten.
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FOTO: RWE Marco Nauerz zeigt den „Windel-Willi“der Stiftung Liebenau.
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FOTO: FLORIAN BACHOR/LTS Leuchtenhe­rsteller LTS bereitet alte Leuchten auf.
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