Schwäbische Zeitung (Tettnang)
RRPS will Jobs sicherer machen
Gespräche mit Betriebsrat „auf gutem Weg“– Im Werk 1 entsteht „Microgrid-Demonstrator“
FRIEDRICHSHAFEN - Nichts weniger als das umsatzstärkste Jahr der Unternehmensgeschichte hat der Vorstand von Rolls-Royce Power Systems am Freitag bei einem Pressegespräch präsentiert. 2019 will RRPS an den Erfolg anknüpfen – und zugleich die Arbeitsplätze in Friedrichshafen „moderner, digitaler und sicherer“machen.
Mit 10 800 Mitarbeitern weltweit hat RRPS im abgelaufenen Jahr mehr als 3,9 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet, so viel wie noch nie. 29 Prozent der Erlöse kommen aus dem Bereich Marine, 29 Prozent aus dem Bereich Energie. 30 Prozent gehen auf industrielle Anwendungen zurück, darunter fallen auch Lokomotiven. Zwölf Prozent stammen vom Segment „Rüstung und anderes“.
6600 Menschen sind in Deutschland bei dem Motorenbauer und Systemanbieter beschäftigt, 1200 in Amerika, 900 in Asien und knapp 2200 im Rest Europas, dem Mittleren Osten und Afrika. Am Stammsitz in Friedrichshafen sind Ende 2018 genau 5503 Mitarbeiter gezählt worden. Die Zahl der Azubis und dualen Studenten liegt bei 220.
Im Moment gilt für die Beschäftigten in Deutschland eine Jobgarantie bis März 2020. Nachdem der Betriebsrat wegen angeblicher Abbaupläne der kränkelnden Konzernmutter Alarm geschlagen hatte, hatte der Vorstand Gespräche über eine weitere Beschäftigungssicherung angeboten. Zugleich betonte Finanzvorstand Marcus A. Wassenberg beim Pressegespräch am Freitag erneut, dass RRPS derzeit Personal auf-, nicht abbaue.
„Wir suchen Facharbeiter“, sagte er. Zudem bilde man 100 Maschinenbauingenieure im Bereich Elektrotechnik weiter. „Wir müssen die Menschen fit machen für die Digitalisierung“, sagte der Vorstand. Man fordere viel von den Mitarbeitern und müsse ihnen im Gegenzug Sicherheit bieten.
Die Gespräche mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall seien „auf einem guten Weg“, über Inhalte könne er wegen der vereinbarten Vertraulichkeit aber nicht sprechen. Wassenberg verwies darauf, dass RRPS der Belegschaft schon heute mehr Zugeständnisse mache als tarifvertraglich vereinbart. So sei der Kreis derer, die wegen eines Pflegefalls in der Familie die Arbeitszeit phasenweise reduzieren dürfe, deutlich größer. Er nannte Rolls-Royce Power Systems „einen der modernsten Arbeitgeber in ganz Baden-Württemberg“.
Unternehmen im Wandel
Anhand vieler Beispiele machte RRPS-Chef Andreas Schell deutlich, wie sich das Unternehmen vom klassischen Motorenbauer zum Anbieter integrierter Systemlösungen wandelt. So helfe MTU dabei, die „Schifffahrt grüner, vernetzter und digitaler“zu machen. Noch in diesem Jahr werde der erste gasbasierte Antrieb für eine Bodenseefähre ausgeliefert.
Schell erinnerte daran, dass RRPS auf der Eisenbahnmesse Innotrans vier Vorverträge für die Lieferung von MTU Hybrid-Power-Packs unterzeichnet habe, einer intelligenten Vernetzung von Diesel- und Elektroantrieb. Mit Irish Rail habe man mittlerweile einen endgültigen Vertrag.
Ein Sinnbild für den Wandel, den RRPS gerade durchlebt, ist das „Microgrid Validation Centre“, das derzeit am Rande des Werk 1 in der Nähe der Hochstraße entsteht. Dort finden sich jetzt schon ein „MTU Energy Pack“und bald ein Technikgebäude mit Solarmodulen auf dem Dach. Ersteres ist ein Batterie-Container, der 14-mal mehr Strom speichern kann als ein Tesla X. Er ist mit zahlreichen Stromquellen zu kombinieren, Diesel- und Gasaggregaten, Solar, Wind, Biogas. Aus solchen Kombinationen lassen sich sogenannte Microgrids schaffen, kleine Stromnetze. Sie helfen, Schwankungen des öffentlichen Netzes oder aus erneuerbaren Stromquellen auszugleichen. Mögliche Einsatzgebiete: abgelegene Hotels, einsame Inseln, Bergbau, sensible Industrien. Das „Microgrid Validation Centre“kostet fünf Millionen Euro und soll zu Vorführzwecken für Kunden dienen. Einer hat bereits zugeschlagen und auch ohne den Demonstrator im Werk 1 ein Microgrid von MTU gekauft.
Ein echtes Highlight in diesem Jahr wird nicht nur für RRPS die „11. Nationale Maritime Konferenz“im Mai sein. Dann werden sich in Friedrichshafen hochrangige Vertreter der Schifffahrtsbranche mit Spitzenvertretern der Politik treffen, darunter voraussichtlich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Dass das Treffen erstmals nicht an der Küste stattfinde, zeige die Bedeutung der regionalen Unternehmen, sagte Andreas Schell. Die Veranstaltung unterstreiche „die hohe Wertschätzung für das, was wir am See für die maritime Industrie leisten“.