Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Dekanat kritisiert Kirchenleitung im Missbrauchsskandal
Dekan Herbinger und der Dekanatsrat fordern entschiedene Präventionsmaßnahmen und stellen sich hinter Bischof Fürst
FRIEDRICHSHAFEN - Das Katholische Dekanat Friedrichshafen nimmt Stellung zum Missbrauchsskandal. In einem Schreiben an die Presse kritisiert die Dekanatsleitung den Umgang der Kirchenleitung mit den Opfern und stellt sich gleichwohl hinter Bischof Fürst. Er forderte diese Woche in einem Brief an die Mitarbeiterschaft umfangreiche Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von sexuellem Missbrauch.
Unterschrieben ist die Stellungnahme von Dekan Bernd Herbinger und Bernd Vesenmayer, dem zweiten Vorsitzenden des Dekanatsrats. Im Namen der Dekanatsleitung und des gesamten Dekanatsrats, mit dem das Schreiben abgesprochen sei, äußern sich Herbinger und Vesenmayer „erschüttert und betroffen angesichts immer neuer Meldungen zum Ausmaß sexuellen Missbrauchs“in der katholischen Kirche. Die Vorgänge lassen das Dekanat Friedrichshafen nicht ungerührt: Dekanatsrat und Dekanatsleitung „sehen auch ihre Arbeit und die Anstrengungen vor Ort als entwertet an im Hinblick auf diese unvorstellbaren Taten seitens mancher Amtsträger und den völlig unangemessenen Umgang der Kirchenleitung mit den Opfern“.
Auf diese deutliche Kritik folgt Lob für Bischof Gebhard Fürst. „Sowohl im Tempo, als auch in der Wirkung haben der Bischof und die Diözesanleitung angemessen gehandelt, wie man es sich von der Kirche insgesamt auch gewünscht hätte.“ Fürst habe seit seinem Amtsantritt vor fast 20 Jahren das Thema Prävention vorangetrieben und Maßstäbe in der deutschen Kirchenlandschaft gesetzt.
Am 25. Februar hatte Fürst in einem Brief an die Mitarbeiterschaft seiner Diözese Rottenburg-Stuttgart ein umfassendes Präventionskonzept gegen sexuellen Missbrauch gefordert. Fürst schlug darin unter anderem unabhängige Anlaufstellen für mögliche Opfer von sexuellem Missbrauch vor sowie eine Zertifizierung kirchlicher Einrichtungen, „die sich in der Prävention sexuellen Missbrauchs angemessen und kompetent verhalten“. Er betonte zudem, dass seine Diözese bei sexuellem Missbrauch „fallbezogen eng mit der Staatsanwaltschaft“zusammenarbeite. Im Schreiben des
Dekanats Friedrichshafen wird diese Zusammenarbeit als selbstverständlich und auch richtig bezeichnet. Generell wird im Schreiben des Dekanats Friedrichshafen eine Überarbeitung des kirchlichen Strafrechts begrüßt, die schon kurz vor dem Abschluss stehe.
Alle Ehrenamtlichen und beruflich Tätigen, schreiben Bernd Herbinger und Bernhard Vesenmayer, unterstützten die Diözesanleitung von Bischof Fürst, trügen eine sehr weitgehende und umfassende Präventaionsarbeit sowie sein Schutzkonzept sexuelle Prävention mit. Diese Unterstützung schließe die Vorlage eines erweiterten polizeiliches Führungszeugnis bei Mitarbeitern im Kinder- und Jugendbereich mit ein. Der Dekanatsrat will in seiner nächsten Sitzung am 19. März über das Schutzkonzept beraten und es dann für das katholische Dekanat Friedrichshafen voraussichtlich auch beschließen.