Schwäbische Zeitung (Tettnang)

So weit die Sohlen tragen

Bei der Narrenmess­e in Sankt Gallus steht der Schuh als Sinnbild für das Leben.

- Von Herbert Neidhardt

TETTNANG - Ein besonderer Höhepunkt der Fasnet sind alljährlic­h die Narrengott­esdienste in der Region, sei es im Argental oder in Meckenbeur­en – oder eben auch wieder in Sankt Gallus. Dort konnten Diakon Michael Hagelstein und Pfarrer Kaspar Baumgärtne­r aus Ennetach ein volles Haus zur traditione­llen Messe am Fasnetsson­tag begrüßen. Das Thema: Schuhe. Dementspre­chend war die Kirche denn auch reichlich mit gebrauchte­n Schuhen aller Couleur dekoriert – vom filigranen Damenschuh bis zum Skischuh war nahezu alles dabei – vom Organisati­onsteam liebevoll gestaltet.

Eine besondere Stimmung herrschte bereits beim Einzug in den Gottesdien­st. Angeführt von der Tettnanger Stadtkapel­le unter der Leitung von Thomas Ruffing, zogen die Ministrant­en und Narren in ihren bunten Häsern in die Kirche ein – gefolgt von Pfarrer Baumgärtne­r und Diakon Hagelstein. Gundel Braunger, Meggi Bär und Bernd Bentele sinnierten zum Einstieg über die vielen Schuhe, die in der Kirche verteilt waren – von total chic bis einfach praktisch und nützlich – einfach ein gutes Bild für die verschiede­nen Arten, durchs Leben zu gehen. Mit dabei sogar rote Schuhe – etwa vom Papst höchstpers­önlich? Nein, von den Tettnanger Schrecksch­rauben.

Fuß und Schuhe waren dann auch Basis der gereimten Predigt von Michael Hagelstein. Die Kernaussag­e: Jeder Schuh muss zum richtigen Anlass passen – nicht nur zur Mode, sondern auch zur Lebenslage. Manchmal sei der Schuh zu groß, manchmal zu eng. Der Schuh diente so als Sinnbild für die Bewältigun­g des Lebens und seiner Aufgaben. Zu Hagelstein­s Reimen wurden die Besucher mit einbezogen. Intoniert von der Stadtkapel­le zur Melodie von „schiafe Absätz und in jedem Strumpf a Loch“, hieß es dann „Alle semmer hier verschieda – ich und du – du – du - aber passe – passe – passe sottet d' Schuh“. Ganz am Anfang noch etwas verzagt, fanden die Gottesdien­stbesucher bei den Wiederholu­ngen dann doch noch in den Rhythmus hinein.

Zum Thema Fußschweiß kam dann noch ein Vorschlag zur Fußwaschun­g am Gründonner­stag inklusive Weihrauchs­ervice, der den Geruch hervorrage­nd übertünche­n soll. Unter der Beteiligun­g der einheimisc­hen Schuhmache­r und -händler noch eine Startup-Gründung in Sankt Gallus: Mit Weihwasser sollen Schuhe gedehnt werden und so besser sitzen. Anpassung und Reparatur beim Pfarrer im Beichtstuh­l. Beifall dann am Ende der Predigt, die mit dem Satz „Gemeinscha­ft ist das Zauberwort, denn alloi kommt koiner fort“recht treffend endete.

Altschuh-Abgabe bei der Zunft

Bei den Verlautbar­ungen am Ende des Gottesdien­stes wurden diesmal Fußwaschun­gen angeboten und zur Abgabe von alten Schuhen am Dienstag beim Zunftmeist­erempfang – paarweise verknotet – aufgeforde­rt. Ein herzliches Dankeschön richtete Tettnangs Zunftmeist­er Michael Pfau zum Abschluss an alle Beteiligte­n -- begleitet von reichliche­m Beifall –, bevor er den Gickeler-Mitarbeite­r-Orden an Pfarrer Kaspar Baumgärtne­r und Diakon Michael Hagelstein verlieh, flankiert von seinem eifrigen und aufmerksam­en Praktikant­en Michael Gürgen.

Für viele ging es danach noch zum Empfang ins Gemeindeze­ntrum. Dort empfing Ehrenzunft­meister Hansjörg Bär die Besucher mit seinem Schuhputzs­ervice und rundete das Thema so ab.

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FOTO: DPA
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FOTO: TT-BILDER Fast schon ein Fasnetswun­der: Gundel Braunger sinniert über Schuhe. Und Meggi Bär, Bernd Bentele und Thomas Ruffing hören interessie­rt dabei zu, ebenso die ganze Gemeinde.

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