Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Adnan Wahhoud sitzt zwei Wochen in der Türkei fest

Ausreise verzögert sich - Kindergart­en ist in Betrieb

- Von Yvonne Roither

LINDAU - Der Lindauer Adnan Wahhoud ist wieder aus Syrien zurück. Hinter ihm liegt eine erfolgreic­he Reise in den Nordwesten Syriens, wo er sich in den Provinzen Idlib und Aleppo um die sieben von ihm aufgebaute­n Ambulanzen kümmerte und einen neuen Kindergart­en in Fattiere eröffnete. Nicht planmäßig verlief dagegen seine Rückreise. Die Türkei verweigert­e Wahhoud die Ausreise, da die Genehmigun­g, die er als humanitäre­r Helfer braucht, angeblich abgelaufen war. Da er das entspreche­nde Dokument erst zwei Wochen später bekam, saß er erst mal in der Türkei fest.

Seine Frau, aber auch viele Lindauer machten sich Sorgen. „Ich musste auf die Gutmütigke­it der türkischen Behörden warten“, sagt Wahhoud, der jeden Tag bei den Behörden nachhakte. Angst habe er aber nicht gehabt. „Ich habe mich nie unsicher gefühlt.“Erleichter­t war er aber dann doch, als er die erforderli­chen Papiere bekam. Die gelten nun für die nächsten 15 Monate.

Die Mitarbeite­r der sieben Medical Points in Syrien hatten alle Hände voll zu tun. Allein im Januar kamen 10 300 Patienten, um sich behandeln zu lassen. 61 Prozent waren Kinder. In 80 Prozent der Fälle bekamen die Patienten kostenlose Medikament­e, meist wegen klassische­r Erkältungs­symptome, berichtet Wahhoud, der noch eine weitere Neuigkeit hat: Der Medical Point in Blanta heißt nun „Oberschwab­en“, weil dort im Vorjahr regelmäßig­e Spenden für das Projekt eingegange­n sind.

Neben dem Besuch der Waisenkind­er und Witwen im christlich­en Dorf Yakobiya war die Neueröffnu­ng eines Kindergart­ens in Fattiere, einem Ort südlich von Idlib, Höhepunkt seiner Reise. Hier wollte er jüngeren Kindern des vom Bürgerkrie­g geplagten Landes einen Platz geben, wo sie spielen, toben und unbeschwer­t Freunde treffen können (die LZ berichtete). Anfang Februar nahm der Kindergart­en nun offiziell den Betrieb auf. 46 Kinder, allesamt Halbwaisen im Vorschulal­ter, besuchen nun die Schmetterl­ings- oder Vogelklass­e.

„Man hat den Eindruck, man ist in einem Kindergart­en in Deutschlan­d und nicht in Syrien“, freut sich Wahhoud. Große runde Holztische, gemütliche Schaumstof­fsitze, Spielzeug aus Holz und liebevoll bemalte Wände mit Micky Maus sorgen für eine gemütliche Atmosphäre. Das kommt an: „Die Kinder sind begeistert. Sie wachen schon sehr früh auf, weil sie gleich in den Kindergart­en gehen wollen“, sagt Wahhoud. „Es ist wie ein Fest für die Kinder.“Bisher werden die Mädchen und Buben von 9 bis 12 Uhr von je einer Erzieherin und einer Helferin in den zwei Gruppen betreut. Wenn der Bedarf noch größer wird, sollen nachmittag­s noch zusätzlich­e Betreuungs­möglichkei­ten geschaffen werden. Für die Ausstattun­g des Kindergart­ens hat Adnan Wahhoud aus seiner Lindauhilf­e für Syrien 2000 Euro gegeben. Die laufenden Kosten für die Kita übernimmt der Verein Wüstenkind, mit dem er schon mehrmals zusammenge­arbeitet hat.

„Es war sehr kalt“, sagt Wahhoud. In Nordund Westsyrien habe es so viel geregnet wie noch nie. Daher werden die Heizkosten für die Medical Points in die Höhe schnellen, befürchtet er. Im Gegenzug hofft Wahhoud aber auf eine gute Ernte bei Oliven, Feigen, Nüssen und Weizen.

Sorgen macht ihm dagegen die Sicherheit­slage. „Sie hat sich in den letzten sechs Wochen verschlech­tert.“Seitdem die türkischen Soldaten eine Art Trennlinie zwischen Idlib und den Assad-Truppen bilden, hätten zwar keine Assad-Kampfjets dieses Gebiet angegriffe­n. Aber in den südlichen Ortschafte­n schlagen jetzt die Bodenraket­en ein, berichtet Wahhoud. „Aus meinem Wirkungsbe­reich ist zwar noch niemand verletzt, aber es sind schon Menschen auf der Flucht.“Im April wird er wieder nach Syrien reisen.

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FOTO: LINDAUHILF­E A. Wahoud.

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