Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ermittlungen zu Hepatitisskandal ziehen sich in die Länge
Ehemaliger Narkosearzt der Donau-Ries-Klinik soll mehr als 50 Patienten bei Operationen angesteckt haben
DONAUWÖRTH (lby) - Bei den Ermittlungen zum Hepatitisskandal im nordschwäbischen Donauwörth ist kein Ende in Sicht. Im Oktober 2018 war bekannt geworden, dass ein ehemaliger Narkosearzt der DonauRies-Klinik bei Operationen reihenweise Patienten mit Hepatitis C angesteckt haben soll. Mehr als ein Vierteljahr später sind die Untersuchungen des Gesundheitsamtes und der Augsburger Staatsanwaltschaft längst nicht abgeschlossen. „Das wird noch eine ganze Zeit dauern“, so Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai.
Der beschuldigte Arzt litt nach den Behördenangaben selbst an Hepatitis C und war medikamentenabhängig. Wie er seine Patienten möglicherweise infiziert hat, ist noch unbekannt. Die Übertragung kann nur über den direkten Blutkontakt erfolgen. Das Gesundheitsamt DonauRies hat rund 1700 Patienten des Narkosearztes aufgefordert, sich auf Hepatitis C testen zu lassen.
Mehr als 60 Patienten infiziert
Mehr als 60 Männer und Frauen, die in Donauwörth operiert wurden, sind positiv getestet worden. Um der Quelle der Erkrankungen auf die Spur zu kommen, werden nach Möglichkeit der sogenannte Genotyp und noch der Subtyp ermittelt. Bei 43 Patienten gebe es bislang eine völlige Übereinstimmung, erklärt Gesundheitsamtschef Rainer Mainka.
„Wir sind sicher, dass diese 43 Personen die gemeinsame Quelle im Krankenhaus Donauwörth haben“, sagt er. Es gebe keinen anderen Herd im Landkreis und auch nicht im Umfeld. Mainka ist überzeugt, dass alles auf den früheren Narkosearzt als Ursprung der Hepatitisserie hinausläuft. Die anderen Mitarbeiter der Klinik seien nicht erkrankt.
Doch für den Behördenleiter geht es nicht nur um diese 43 Betroffenen. In weiteren Fällen sei der gleiche Genotyp festgestellt worden, aber der Subtyp habe nicht mehr ermittelt werden können. Dennoch glaubt Mainka, dass auch diese Patienten die Krankheit von dem Klinikarzt haben. „Es gibt keinen anderen Herd, der diese Häufung von Infektionskrankheiten begründen würde“, betont er. Bei einigen Hepatitisfällen stünden die abschließenden Analysen noch aus. Zudem wartet das Amt bei etwa 80 Patienten noch auf die Rückmeldung. Teilweise seien diese ins Ausland verzogen, erklärt Mainka.
Für die Staatsanwaltschaft gehen die Ermittlungen im Detail richtig los, wenn die Gesundheitsbehörde die weitere Ausbreitung der Krankheit verhindert und die Testreihe abgeschlossen hat. „Das ist mega-komplex“, sagt Pressesprecher Nickolai. In jedem Einzellfall müsse der Übertragungsweg untersucht und strafrechtlich bewertet werden. Letztlich werde die Anklagebehörde sicherlich auch noch Sachverständigengutachten in Auftrag geben müssen.
Die Verteidiger des beschuldigten Arztes wollen sich derzeit nicht zu den Vorwürfen äußern. Derweil bemühen sich Juristen aus der Region bereits darum, Geschädigte als Mandanten zu gewinnen, um in ihrem Auftrag Schadenersatzansprüche geltend machen zu können.
Krankheit ist heilbar
Hepatitis C heilt in vielen Fällen zwar von selbst aus, kann bei Kranken im schlimmsten Fall nach einigen Jahrzehnten allerdings auch schwere Spätfolgen wie Zirrhose oder Leberkrebs verursachen. Dies kann nach Angaben der Deutsche Leberhilfe der Fall sein, wenn eine akute Infektion chronisch wird und nicht behandelt wird. In den vergangenen Jahren sind jedoch neue Präparate auf den Markt gekommen, die dies verhindern können. Durch diese Medikamente sei die Leberentzündung „heute fast immer heilbar“, betont die Leberhilfe.
Die Hepatitishilfe berät seit mehr als 20 Jahren überregional Patienten. „Dass sowas in der Dimension ans Licht gekommen ist, haben wir noch nicht erlebt“, sagt Susanne Nückles von dem Nürnberger Verein. Dabei geht sie davon aus, dass „selbstverständlich“auch in anderen Häusern immer wieder Patienten mit Hepatitis C infiziert werden. Doch im Regelfall werde das dann nicht bekannt.