Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Berlin liebäugelt mit den Sommerspielen ’36
BERLIN (SID) - Kaum hatte Sportsenator Andreas Geisel laut über Olympische Spiele nachgedacht, war die Aufregung in Berlin groß. Als der SPD-Politiker dann noch bei einem Treffen der Industrie- und Handelskammer von einem „nationalen Interesse“sprach und auch eine OlympiaAusrichtung 2036 nicht ausschließen wollte, schlug die Opposition Alarm.
„Olympische Spiele ’36, als nationale Sache, in Berlin – da war doch irgendwas, oder?“, twitterte Anja Schillhaneck von Bündnis 90/Die Grünen. Und Fraktionsvorsitzender Udo Wolf von den Linken erinnerte an die vielen gescheiterten Berliner Bewerbungen: „Als ob der letzte Versuch nicht schon peinlich genug gescheitert wäre. Jetzt wird’s auch noch ein wenig geschmacklos. Olympia ’36 für Verkehrsinfrastruktur?“
Geisel ging es aber in erster Linie darum, dass Berlin für seine Stadtentwicklung großen Nutzen aus Olympischen Spielen ziehen könnte, egal, wann die Hauptstadt Gastgeber wäre – ob 2036 oder 2040. Der Senator schielte dabei auch auf die Bundesmittel, die bei der Ausrichtung fließen würden. Die Tatsache, dass Berlin 2036 genau 100 Jahre nach den NaziSpielen wieder die Jugend der Welt empfangen würde, wird im Lager des Senators nicht als unglückliche Fügung, sondern eher als Chance gewertet. Man könne bei den Spielen mit einem Rückblick „ein Zeichen setzen, wohin sich Deutschland entwickelt hat – zu einem demokratischen, friedvollen und weltoffenen Land“, sagte auch Berlins Landessportbund-Präsident Thomas Härtel.
Geisel will nur antreten, wenn der Deutsche Olympische Sportbund sich auf die Hauptstadt festlegt. Dann könnte man auch Partner suchen und Olympia etwa „gemeinsam mit Warschau machen“, wie Geisel vorschlug. Eine solche Kooperation ist seit Einführung der Agenda 2020 von IOCPräsident Thomas Bach durchaus möglich, um Kosten zu sparen.