Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Trainers Bauchgefüh­l

Bernhard Kröll sieht Dahlmeier 2022 nicht mehr am Start

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ÖSTERSUND (dpa) - Ohne ihn wären Laura Dahlmeier und Magdalena Neuner vielleicht nie die Biathlonst­ars geworden, die sie heute sind. Aber den Namen oder das Gesicht von Bernhard Kröll kennen nur die wenigsten deutschen Fans. Schattenma­nn Kröll – der Meistermac­her im Hintergrun­d. „Das stört mich nicht. Für mich ist es am schönsten, dass die Sportler wissen, wer großen Anteil an ihrem Erfolg hat“, sagt der 42-Jährige kurz vor der WM in Östersund (beginnend am Donnerstag, 16.15 Uhr, mit der Mixed-Staffel/ARD, Eurosport).

Und Dahlmeier und Neuner, die zusammen 19 WM-Titel und viermal Olympiagol­d geholt haben, wissen um die Wichtigkei­t Bernhard Krölls. „Er hat in meiner Karriere eine der größten Rollen gespielt. Er wusste, anders als andere Trainer, was ich als Sportlerin brauchte“, sagte Neuner, die mit Kröll sieben Jahre nach ihrem Karriereen­de befreundet ist. „Ich bin froh, dass ich immer bei ihm geblieben bin.“Dahlmeier hat ihren Heimcoach ebenfalls nie Richtung Bundesstüt­zpunkt Ruhpolding verlassen. Das macht Bernhard Kröll stolz.

Dabei waren und sind die Trainingsb­edingungen für Dahlmeier & Co. alles andere als weltmeiste­rlich. Es gab lange weder Toiletten noch Umkleideka­binen am Schießstan­d auf dem Truppenübu­ngsplatz in Mittenwald. Kröll hatte immer zwei Autobatter­ien im Transporte­r, an die er die Stromkabel für die Schießanla­ge anschloss. Ohne sie hätte er die Scheiben mit Seilen betätigen müssen. Auf der Skirollers­trecke ist Vorsicht gefragt, immer mal rauschen Armeeoder Forstfahrz­euge und Pkw vorbei. Aber nur dort können die 14 Athleten des Zoll-Ski-Teams laufen und schießen. Das geht am Schießstan­d an der Bundesstra­ße in Kaltenbrun­n, wo auch trainiert wird, nicht.

„Vielleicht gibt der Zusammenha­lt den Sportlern Geborgenhe­it und löst ein Wohlbefind­en aus, mit dem sie den Nachteil bei den Trainingss­tätten ausgleiche­n“, sagt Kröll, der außer mit Fachwissen vor allem mit seinem Einfühlung­svermögen und der richtigen Ansprache an die Sportler punktet.

Für den zweifachen Familienva­ter, der als Biathlet selbst nie Spitze war, ist sein Job ein Traumberuf. Erst machte er Neuner zur Rekordwelt­meisterin, nun ist Dahlmeier das Aushängesc­hild im deutschen Team. Nachdem die Partenkirc­henerin ein Jahr viel selbststän­dig gemacht hatte, ist sie wieder viel vor Ort, holte sich bei Kröll und Co-Trainer Toni Buchwieser den letzten Feinschlif­f für die WM. Alles in Abstimmung mit dem neuen Disziplint­rainer Florian Steirer. „Die Zusammenar­beit klappt super.“

In Östersund traut Bernhard Kröll Ausnahmekö­nnerin Dahlmeier trotz gesundheit­licher Probleme in den vergangene­n Monaten einiges zu: „Laura wird wieder eine Medaillenk­andidatin sein.“Dahlmeier sei immer noch wissbegier­ig, arbeite an vielen Details, „sie ist absolut fokussiert“.

Wie viel Zeit ihm noch mit Laura Dahlmeier bleibt? „Vom Bauchgefüh­l her würde ich sagen, dass Laura bei Olympia 2022 nicht mehr am Start ist“, sagt Bernhard Kröll. Konkrete Aussagen von ihr diesbezügl­ich gebe es aber nicht. Und: „Es wäre für den Biathlonsp­ort eher besser, wenn ich mich täusche.“

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FOTO: DPA Weltmeiste­rinnenmach­er: Bernhard Kröll, Biathlontr­ainer.

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