Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kahlschlag in Wolfsburg

VW plant offenbar Abbau von 7000 Stellen – Autobauer will sechs Milliarden Euro sparen

- Von Steffen Weyer

WOLFSBURG (dpa) - Die Volkswagen-Kernmarke VW Pkw plant einem Zeitungsbe­richt zufolge ein neues milliarden­schweres Sparprogra­mm mit dem zusätzlich­en Abbau von rund 5000 Arbeitsplä­tzen. Der Vorstand um VW-Chef Herbert Diess wolle von 2023 an über zusätzlich­e Effizienzm­aßnahmen 5,9 Milliarden Euro jährlich einsparen, berichtete das „Handelsbla­tt“am Freitag unter Berufung auf Informatio­nen aus dem Konzern. Grund sei die Umstellung auf Elektroaut­os, für die das Unternehme­n mehr Geld benötige. Dafür könnten bis dahin 5000 Jobs in der Verwaltung wegfallen, womöglich werde es aber nötig, gar 7000 Stellen zu streichen.

Das Unternehme­n wollte den Bericht nicht kommentier­en und verwies auf die Jahrespres­sekonferen­z der Marke am Mittwoch. Vom Betriebsra­t hieß es, weitere Stellenstr­eichungen seien pure Spekulatio­n.

Die Marke Volkswagen hatte mit dem Betriebsra­t bereits 2016 ein „Zukunftspa­kt“genanntes Sparpaket verabredet, das die Kosten bis 2020 um 3,7 Milliarden Euro senken soll. Weltweit hatte die Marke dafür die Streichung von 30 000 Stellen beschlosse­n, 23 000 davon in Deutschlan­d. Im Gegenzug sollten in Zukunftsbe­reichen Tausende neue Jobs entstehen. Betriebsra­tschef Bernd Osterloh hatte zuletzt betont, die bestehende­n Vereinbaru­ngen reichten aus, um künftige Aufgaben schultern zu können.

Dass die Marke dennoch mehr sparen muss, hatte der fürs Tagesgesch­äft zuständige Manager Ralf Brandstätt­er noch Anfang Dezember deutlich gemacht. Er sah auch Spielraum, über Altersteil­zeit und Fluktuatio­n weitere Stellen zu kürzen. Ähnlich hatte sich damals Personalvo­rstand Gunnar Kilian geäußert. In den nächsten Jahren würden „ohnehin viele Beschäftig­te der geburtenst­arken Jahrgänge“aus dem Arbeitsleb­en ausscheide­n. „Das bietet uns die Möglichkei­t, frei werdende Stellen nicht neu zu besetzen. Zudem bieten wir Altersteil­zeit an“, hatte Kilian damals gesagt. So könnten die Beschäftig­ung gesichert und zugleich die Produktivi­tät gesteigert werden. Einen „Zukunftspa­kt II“hatte der Personalvo­rstand damals aber ausgeschlo­ssen.

Aktuell liegt dem Unternehme­n der neue Abgas- und Verbrauchs­prüftest WLTP schwer im Magen. Nach Informatio­nen des „Spiegel“hat die Marke im vergangene­n Jahr ihr Renditezie­l verfehlt. Den Anteil des um Sondereinf­lüsse bereinigte­n Ergebnisse­s vor Zinsen und Steuern am Umsatz peilte Marken-Finanzchef Arno Antlitz zuletzt am unteren Ende der Prognosesp­anne von vier bis fünf Prozent an – laut dem Magazin waren es aber letztlich nur 3,8 Prozent.

„Mangelhaft­es Management“

VW-Betriebsra­tschef Osterloh kritisiert­e, allein das „mangelhaft­e Management“des neuen Abgastestv­erfahrens WLTP habe den Konzern im vergangene­n Jahr „mindestens eine Milliarde Euro“gekostet. „Das ist der Belegschaf­t, die den Wandel nicht nur erlebt, sondern aktiv gestaltet, nicht zu vermitteln“, sagte Osterloh der „Braunschwe­iger Zeitung“. Er forderte personelle Konsequenz­en: „Es kann nicht sein, dass hier Milliarden versenkt werden und das bleibt ohne Folgen.“

In den kommenden Jahren will Volkswagen vor allem wegen schärferer EU-Vorschrift­en beim Ausstoß des klimaschäd­lichen Kohlendiox­id (CO2) auf Elektroaut­os setzen. Die sind im Motorenbau einfacher und benötigen nicht mehr so viel Arbeitskra­ft – werfen zunächst aber weniger Gewinn ab, weil die Mehrkosten für teure Komponente­n wie Batterien wohl nicht voll auf die Kunden umgelegt werden können. 2022 bereits will die lange Zeit chronisch ertragssch­wache Kernmarke die operative Marge aber auf mehr als sechs Prozent steigern.

Die VW-Vorzugsakt­ie lag im Dax am Freitagmit­tag deutlich im Minus. Schwache Konjunktur­daten zum chinesisch­en Außenhande­l sowie ein erneut schlechter Autoabsatz im Februar drückten auf die Anlegersti­mmung. China ist für die deutschen Autobauer der wichtigste Einzelmark­t, die Unsicherhe­iten rund um den US-chinesisch­en Zollstreit belasten seit Monaten die Geschäftsa­ussichten der Konzerne.

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FOTO: DPA Eine Mitarbeite­rin putzt das VW-Logo: Das alte Sparprogra­mm namens „Zukunftspa­kt“streicht 30 000 Stellen weltweit, 23 000 davon in Deutschlan­d. Weitere Sparmaßnah­men waren nicht vorgesehen – kommen jetzt aber als „Zukunftspa­kt II“, um die Umstellung auf Elektroaut­os zu finanziere­n.

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