Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Lehrermangel: Fahrschule schließt Filiale
Verband hat Zugang zur Ausbildung vereinfacht – Umschulung wird teils gefördert
REGION - Fahrlehrer werden knapp. Das bekommt auch Werner’s Fahrschule aus Meckenbeuren zu spüren. „Wir müssen schweren Herzens die Filiale in Neukirch schließen“, schreibt das Unternehmen in einer Anzeige. Der Grund: Personalmangel. Nachdem ein Fahrlehrer ausgefallen ist, fanden die Inhaber von Werner’s Fahrschule, Nicole und Stephan Fischer, keinen Ersatz. So fiel schließlich die Entscheidung sich auf die Filialen in Tettnang und Meckenbeuren zu konzentrieren. „Wir setzen lieber auf Qualität, statt unsere Fahrschüler nicht mehr ordentlich bedienen zu können“, sagt Nicole Fischer.
Mit dem Problem steht die Fahrschule Werner’s nicht allein da. „Insgesamt sind in Baden-Württemberg Fahrschullehrer rar“, bestätigt Jochen Klima. Der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg stellt auch für die nahe Zukunft keine gute Prognose: „In den kommenden zehn Jahren wird die Hälfte der Fahrschullehrer in Rente gegangen sein.“Der Altersschnitt in Deutschland liege derzeit bei 55 Jahren.
„Der Fachkräftemangel ist auch bei uns angekommen“, sagt Klima. Die Gründe dafür sieht der ehemalige Fahrlehrer in verschiedenen Bereichen. Zum einen sei die Umstrukturierung der Bundeswehr in den 1990er-Jahren ein großer Faktor für die sinkenden Zahlen gewesen. Damals wurden Wehrpflichtige teils auch zum Fahrlehrer ausgebildet. „Jährlich wurden ungefähr 500 neue Fahrlehrer in den freien Markt entlassen“, sagt Klima. Damals habe der Verband noch gegen die Konkurrenz angekämpft. Mit Ende der Wehrpflicht sanken auch die Fahrlehrerzahlen. Klima: „Wir haben uns gesundgeschrumpft.“
In den vergangenen fünf bis sechs Jahren hat sich die Situation aber grundlegend geändert. „Wir suchen händeringend Nachwuchs“, sagt Klima. Die Nachfrage sei weiterhin da, aber die Fahrlehrer nicht. Die Konkurrenz um Fachkräfte ist auch in anderen Branchen groß.
Darum bemüht sich der Verband Anreize für die Ausbildung zu schaffen. Zwar benötigen angehende Fahrlehrer immer noch eine abgeschlossene Ausbildung oder Abitur und müssen mindestens 21 Jahre alt sein. Ein kostspieliger Lastwagenführerschein ist aber nicht mehr verpflichtend. Außerdem muss ein angehender Fahrlehrer keinen technischen Beruf mehr erlernt haben.
Auch in der Ausbildung ist die Technik nicht mehr der einzige Schwerpunkt, sagt Klima. Stattdessen sind Pädagogik und Didaktik wichtig geworden. Was den Beruf auch für Frauen zunehmend attraktiv mache. „Ein Fahrlehrer muss erklären können“, sagt Klima. Das sieht Nicole Fischer ebenso, die in ihrer Fahrschule die praktische Ausbildung zum Fahrlehrer anbietet: „Wir suchen Leute, die gerne mit jungen Menschen arbeiten“, sagt sie. Eine Garantie, dass die Fahrlehrer im Ausbildungsunternehmen bleiben, gibt es dennoch nicht.
Die Agentur für Arbeit hat zudem erkannt, dass der klassische Umschulungsberuf für ihre Klienten Chancen birgt. So wird die Ausbildung, die vorher in weiten Teilen selbst finanziert werden musste, mittlerweile unter bestimmten Voraussetzungen gefördert. Severin Baur, der bei Werner’s Fahrschule angestellt ist, hat zuerst Koch gelernt. Aus gesundheitlichen Gründen schulte er zum Fahrlehrer um, die Arbeitsagentur unterstützte ihn dabei. Er sei mit seiner Berufswahl bislang sehr zufrieden, sagt Baur.
Probleme Personal zu finden hat Uwe Waldmann nicht. Der Fahrlehrer ist seit 25 Jahren im Geschäft, betreibt mit der Fahrschule Wiener Filialen in Tettnang, Friedrichshafen und Lindau. „Dass es für mich gut läuft, liegt an der Größe der Fahrschule“, sagt Waldmann. Eine größere Firma als Arbeitgeber sei attraktiver und biete aus seiner Sicht mehr Sicherheit und Entfaltungsmöglichkeiten für die Angestellten. „Einen allgemeinen Mangel an Fahrlehrern haben wir aber definitiv“, sagt auch der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Bodenseekreis.