Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Lehrermang­el: Fahrschule schließt Filiale

Verband hat Zugang zur Ausbildung vereinfach­t – Umschulung wird teils gefördert

- Von Carolin Hitzigrath

REGION - Fahrlehrer werden knapp. Das bekommt auch Werner’s Fahrschule aus Meckenbeur­en zu spüren. „Wir müssen schweren Herzens die Filiale in Neukirch schließen“, schreibt das Unternehme­n in einer Anzeige. Der Grund: Personalma­ngel. Nachdem ein Fahrlehrer ausgefalle­n ist, fanden die Inhaber von Werner’s Fahrschule, Nicole und Stephan Fischer, keinen Ersatz. So fiel schließlic­h die Entscheidu­ng sich auf die Filialen in Tettnang und Meckenbeur­en zu konzentrie­ren. „Wir setzen lieber auf Qualität, statt unsere Fahrschüle­r nicht mehr ordentlich bedienen zu können“, sagt Nicole Fischer.

Mit dem Problem steht die Fahrschule Werner’s nicht allein da. „Insgesamt sind in Baden-Württember­g Fahrschull­ehrer rar“, bestätigt Jochen Klima. Der Vorsitzend­e des Fahrlehrer­verbands Baden-Württember­g stellt auch für die nahe Zukunft keine gute Prognose: „In den kommenden zehn Jahren wird die Hälfte der Fahrschull­ehrer in Rente gegangen sein.“Der Altersschn­itt in Deutschlan­d liege derzeit bei 55 Jahren.

„Der Fachkräfte­mangel ist auch bei uns angekommen“, sagt Klima. Die Gründe dafür sieht der ehemalige Fahrlehrer in verschiede­nen Bereichen. Zum einen sei die Umstruktur­ierung der Bundeswehr in den 1990er-Jahren ein großer Faktor für die sinkenden Zahlen gewesen. Damals wurden Wehrpflich­tige teils auch zum Fahrlehrer ausgebilde­t. „Jährlich wurden ungefähr 500 neue Fahrlehrer in den freien Markt entlassen“, sagt Klima. Damals habe der Verband noch gegen die Konkurrenz angekämpft. Mit Ende der Wehrpflich­t sanken auch die Fahrlehrer­zahlen. Klima: „Wir haben uns gesundgesc­hrumpft.“

In den vergangene­n fünf bis sechs Jahren hat sich die Situation aber grundlegen­d geändert. „Wir suchen händeringe­nd Nachwuchs“, sagt Klima. Die Nachfrage sei weiterhin da, aber die Fahrlehrer nicht. Die Konkurrenz um Fachkräfte ist auch in anderen Branchen groß.

Darum bemüht sich der Verband Anreize für die Ausbildung zu schaffen. Zwar benötigen angehende Fahrlehrer immer noch eine abgeschlos­sene Ausbildung oder Abitur und müssen mindestens 21 Jahre alt sein. Ein kostspieli­ger Lastwagenf­ührerschei­n ist aber nicht mehr verpflicht­end. Außerdem muss ein angehender Fahrlehrer keinen technische­n Beruf mehr erlernt haben.

Auch in der Ausbildung ist die Technik nicht mehr der einzige Schwerpunk­t, sagt Klima. Stattdesse­n sind Pädagogik und Didaktik wichtig geworden. Was den Beruf auch für Frauen zunehmend attraktiv mache. „Ein Fahrlehrer muss erklären können“, sagt Klima. Das sieht Nicole Fischer ebenso, die in ihrer Fahrschule die praktische Ausbildung zum Fahrlehrer anbietet: „Wir suchen Leute, die gerne mit jungen Menschen arbeiten“, sagt sie. Eine Garantie, dass die Fahrlehrer im Ausbildung­sunternehm­en bleiben, gibt es dennoch nicht.

Die Agentur für Arbeit hat zudem erkannt, dass der klassische Umschulung­sberuf für ihre Klienten Chancen birgt. So wird die Ausbildung, die vorher in weiten Teilen selbst finanziert werden musste, mittlerwei­le unter bestimmten Voraussetz­ungen gefördert. Severin Baur, der bei Werner’s Fahrschule angestellt ist, hat zuerst Koch gelernt. Aus gesundheit­lichen Gründen schulte er zum Fahrlehrer um, die Arbeitsage­ntur unterstütz­te ihn dabei. Er sei mit seiner Berufswahl bislang sehr zufrieden, sagt Baur.

Probleme Personal zu finden hat Uwe Waldmann nicht. Der Fahrlehrer ist seit 25 Jahren im Geschäft, betreibt mit der Fahrschule Wiener Filialen in Tettnang, Friedrichs­hafen und Lindau. „Dass es für mich gut läuft, liegt an der Größe der Fahrschule“, sagt Waldmann. Eine größere Firma als Arbeitgebe­r sei attraktive­r und biete aus seiner Sicht mehr Sicherheit und Entfaltung­smöglichke­iten für die Angestellt­en. „Einen allgemeine­n Mangel an Fahrlehrer­n haben wir aber definitiv“, sagt auch der Vorsitzend­e des Fahrlehrer­verbands Bodenseekr­eis.

 ?? FOTO: CAROLIN HITZIGRATH ?? Severin Baur ist Fahrlehrer bei Werner’s Fahrschule in Tettnang und Meckenbeur­en.
FOTO: CAROLIN HITZIGRATH Severin Baur ist Fahrlehrer bei Werner’s Fahrschule in Tettnang und Meckenbeur­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany