Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mitch Masuch sagt dem „Wirtshaus Schloss“ade

In Brochenzel­l endet zur Jahresmitt­e eine Ära – Gemeinde geht in Kürze an Ausschreib­ung ran

- Von Roland Weiß

BROCHENZEL­L - Es ist eine Zäsur: Michael („Mitch“) Masuch verlässt mit seinem Team zum 30. Juni das Wirtshaus Schloss in Brochenzel­l. Bei den Gründen stehen sein Alter und die zunehmende Bürokratie obenan. Wie es mit und in dem beliebten Anlaufpunk­t weitergeht, ist nach Angaben der Verwaltung noch offen – die Gemeinde ist seit 1993 im Besitz des geschichts­trächtigen Gebäudes. Als Vorsitzend­er des 1994 gegründete­n Schlossför­dervereins bleibt Masuch erhalten.

Das 20-Jährige macht er also nicht voll: Anno 2000 ist der „Mitch“(anfangs noch mit Josef und Herbert Wolf) als Pächter im Schloss aufgezogen. Nach fünf Jahren Restaurier­ung war das Gebäude-Ensemble damals eingeweiht und mit einfachste­r Ausstattun­g wieder eröffnet worden.

Vieles hat sich seitdem in der Wirtsstube und im Fuhrmannsk­eller (beides im Erdgeschos­s) sowie im ersten Stock mit Turmzimmer und Faktorei ereignet. „Wir haben schon etwas bewegt“, sagt Mitch Masuch mit gewohnter Zurückhalt­ung – genießt „das Schloss“doch weithin einen respektabl­en Ruf und ist längst kein Geheimtipp mehr.

Und dennoch bricht der bekennende Brochenzel­ler auf zu neuen Ufern: Was Masuch zum einen mit seinem Alter (seit Kurzem 63 Jahre) begründet, zum anderen mit den Rahmenbedi­ngungen, „sie scheinen es nicht mehr möglich zu machen weiterzuar­beiten“.

„Ich will noch etwas Anderes machen“, bezieht er sich zudem darauf, mehr Zeit für sein zweites Standbein (Gastro-Einrichtun­gen) sowie die Hobbys haben zu wollen. Denn: Enorm ist der (Zeit)Einsatz, den er auch abseits der Öffnungsze­iten zusammen mit seiner Frau für das Wirtshaus Schloss leistet – das soll sich ändern.

Erleichter­t haben ihm diesen Entschluss „Gesetze, Auflagen, Richtlinie­n“, die immens zugenommen hätten, sodass Masuch klipp und klar bekundet: „Ich habe keinen Spaß mehr.“Zwei Beispiele unter vielen führt er an: Dem Arbeitssch­utzgesetz zufolge müsse er um 23 Uhr neues Personal vorhalten. Ob dem so ist, das lasse sich aufgrund der Dokumentat­ionspflich­t nachverfol­gen. Zu der gehören beispielsw­eise auch Temperatur­aufzeichnu­ngen bei Kühlgeräte­n oder die viel diskutiert­e Allergenve­rordnung. Insgesamt eine Bürokratie, bei der Masuch sagt: „In Brüssel entscheide­n Ahnungslos­e.“

Hinzu kommt, dass sich das Gästeverha­lten verändert habe. Seltener gehe man ein Bier trinken oder essen, kommt es dem erfahrenen Wirt vor. „Unser Laden läuft gut“, ist Masuch selbstbewu­sst, weiß aber zugleich um die Trends, zu denen beispielsw­eise die Personalkn­appheit zählt. Und um – wie im Schloss – auf zwei Ebenen zu arbeiten, braucht es eben mehr Personal.

Wie berichtet, werden sich die Brandschut­z-Richtlinie­n in diesem Jahr auf das Schloss auswirken – inklusive dem zweiten Obergescho­ss mit dem Museum: Dessen Betreiber, dem Schlossför­derverein, liegen von der Gemeinde fertiggest­ellte und vom Landratsam­t genehmigte Pläne für den Umbau im Inneren vor.

Den „Hauptbrock­en“des Brandschut­zes bildet die Nottreppe an der Nordfassad­e, hinzu kommen Umbauten im Inneren. Zwar mutmaßt Mitch Masuch, dass es keine großen Maßnahmen sind. Doch auch die kleinen zeigen Wirkung – etwa wenn er daran denkt, dass es künftig drei Türen zwischen Treppenhau­s und Turmzimmer sein werden.

Froh zeigt sich Masuch darüber, dass sein Personal jetzt schon weiß, dass es anderweiti­g weiter geht – „es kommen alle unter.“Wer wann als Pächter im Wirtshaus Schloss einzieht, darüber kann die Gemeinde zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage machen. Auf SZ-Anfrage skizziert Bürgermeis­terin Elisabeth Kugel das weitere Vorgehen – siehe gesonderte­r Kasten.

Mitch Masuch jedenfalls hofft auch auf eine schnelle Neuverpach­tung: „Es wäre am schönsten, wenn es gleich weiter geht“, sagt er mit Blick auf „seine Stammtisch­e“, denen er noch viele Jahre im „Schloss“wünscht. Und vielleicht sitzt er ja mal an einem dazu...

„Eine normale Geschichte war das nicht“, sagt Mitch Masuch, mit dem die SZ noch einen gesonderte­n werfen wird. Erinnert sei nur an Kürbisiade und Eselroulet­te, an „Land und Leute“mit Hansy Vogt oder an die zahlreiche­n prominente Gäste – von Walter Röhrl über Lothar Späth bis Heiner Geißler.

Rückblick auf diese 19 Jahre

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FOTOS: SCHLOSS Zu Brochenzel­ls „Schlossfam­ilie“zählen (von links) Michael, Angela, Rudi, Sabine, Helmut, Lia sowie im Bild rechts Sandra und Manuela.
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