Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Damit Bauschäden die Finanzieru­ng nicht belasten

Ein finanziell­es Polster und eine unabhängig­e Baubegleit­ung können Probleme verhindern

- Von Monika Hillemache­r

Das eigene Haus ist für die meisten Menschen die größte Investitio­n ihres Lebens. Pannen bei diesem Projekt rauben nicht nur den letzten Nerv, sondern kommen angehende Wohneigent­ümer auch teuer zu stehen. Bauschäden verursache­n im Schnitt rund 84 000 Euro Kosten, das sind rund 55 000 Euro mehr als vor gut zehn Jahren, wie aus dem im Auftrag des Bauherren-Schutzbund­s (BSB) erstellten Bauschaden­bericht hervorgeht. Bauherren und Käufer können vorbeugen.

Zeitverzug und Ausgaben für die Schadensbe­seitigung gehören nach Auskunft von BSB-Geschäftsf­ührer Florian Becker zu den größten Belastunge­n des Baubudgets. Beides schlägt direkt auf die Finanzieru­ng durch. „Verzögerte­r Umzug, weiterlauf­ende Miete, zahlen von Bereitstel­lungszinse­n an die Bank, weil sich Abnahme und Schlussrec­hnung nach hinten schieben“, listet Becker Posten auf, die die ursprüngli­che Kalkulatio­n über den Haufen werfen.

Ausgaben summieren sich

Hinzu kommt, dass zukünftige Eigentümer Schäden oftmals zunächst auf eigene Kosten beheben lassen wollen, um einen teuren Baustillst­and zu vermeiden. Die Ausgaben für zusätzlich­e Handwerker und Material können sie sich im besten Fall zwar hinterher von der ursprüngli­chen Baufirma zurückhole­n. Aber das Geld, um einen anderen Handwerker zu beauftrage­n, muss man erst einmal haben.

Abgesehen davon müssten rechtliche Voraussetz­ungen beachtet werden. Auch das Honorar für einen Anwalt streckt der angehende Eigenheimb­esitzer erst einmal vor. Rechtsschu­tzversiche­rungen greifen oft nicht. „Nahezu alle schließen Baustreiti­gkeiten aus oder decken einen extrem niedrigen Streitwert ab“, erklärt Becker. „Am Bau geht es aber schnell um 50 000 Euro.“Der Bauschaden­bericht preist in diese Summen über die eigentlich­en Fehler hinaus unter anderem Aufwendung­en zu deren Behebung sowie Anwaltsund Gerichtsko­sten und steigende Baupreise ein.

Der Analyse zufolge ist ein Teil der Bauherren gleich mit verschiede­nen Schäden konfrontie­rt: Probleme mit Dächern, Decken, Fußböden und Wänden gehören zu den anfälligen Gewerken, Feuchtigke­it belegt ebenfalls einen vorderen Platz.

Schlecht für Bauherren: Das Beheben gerade solcher Schäden ist meistens richtig teuer. Holzbrette­r auf dem feuchten Dachboden zu ersetzen, schlägt schnell mit 20 000 Euro zu Buche.

Finanziell­er Spielraum

Damit die Finanzieru­ng trotzdem standhält, empfiehlt Stephan Scharfenor­th vom Online-Portal Baufi24.de, von Anfang an einen Puffer für unvorherge­sehene Ausgaben einzuplane­n. In Verhandlun­gen mit dem Kreditgebe­r könnten außerdem Konditione­n besprochen werden, die die Hausbank für eine eventuelle Nachfinanz­ierung aufrufen würde.

Der BSB konkretisi­ert Puffer in Zahlen: Zwei bis drei Monate Zeit über den festgeklop­ften Fertigstel­lungstermi­n hinaus einkalkuli­eren und fürs Erste mindestens 5000 Euro in der Hinterhand haben, um im Fall des Falles ohne weitere Kreditspri­tze von der Bank handlungsf­ähig zu bleiben. Finanziell­er Spielraum verbessert im Schadensfa­ll die Verhandlun­gsposition gegenüber dem Bauunterne­hmen. Ansonsten müssten Häuslebaue­r womöglich Zugeständn­isse machen, „die man ohne Druck nicht machen würde“, meint BSBGeschäf­tsführer Becker.

Baubegleit­er unterstütz­en

Zu den Tipps von Scharfenor­th gehört außerdem, sich einen unabhängig­en Baubetreue­r an die Seite zu holen. Dieser vertritt die Interessen des Bauherrn gegenüber den ausführend­en Firmen und klopft ihnen bei Bedarf auf die Finger. Die Fachleute sollten bereits in der Planungsph­ase mit von der Partie sein, um Fehler vermeiden, erkennen und ausbügeln zu können, bevor diese sich zur großen Projektbel­astung auswachsen.

Gerade bei Bauträger-Vorhaben sei frühzeitig­e Begleitung sinnvoll, meint Andrea Blömer, Bausachver­ständige aus Iserlohn in NordrheinW­estfalen. „Die Ausführung­splanung wird selten vorgelegt“, berichtet sie aus ihrer Erfahrung als Baubegleit­erin für den Verband Privater Bauherren (VPB). Doch genau da kann der Teufel im Detail stecken, etwa bei Wand-, Tür- und Fensterans­chlüssen. Ein Bauleiter, der draußen direkt korrigiere­nd eingreifen könnte, ist selten ständig präsent. „Er betreut viele Projekte“, sagt Blömer. Außerdem arbeitet der Fachmann im Auftrag der Firma oder des Bauträgers.

Baubegleit­er gucken sich auf Wunsch nicht nur Vertrag und Planung an, sondern gehen auch auf die Baustelle. Die Zahl der Kontrollbe­suche wird mit dem Bauherren abgesproch­en. Mängel werden protokolli­ert sowie Empfehlung­en zur Fehlerbese­itigung gemacht und Fristen vorgeschla­gen, bis wann die Korrekture­n zu erledigen sind. Mit den Unterlagen in der Hand kann der Bauherr die ausführend­e Firma auffordern, Abhilfe zu schaffen. Im Streitfall diene das Protokoll als Beweis, „dass der Bauherr sich gemeldet hat“, ergänzt Blömer.

Grundsätzl­ich kann jeder Architekt als Baubegleit­er arbeiten. Zu finden sind die Experten unter anderem über die Kammern, über Verbände und das Internet. Sie arbeiten auf Honorarbas­is. Den Aufwand für ein Einfamilie­nhaus ohne Keller schätzt der BSB auf etwa 3000 Euro. Das ist deutlich weniger, als das Traumhaus ganz oder teilweise in den Sand zu setzen. (dpa)

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FOTO: MARKO PRISKE Schäden am Bau sind für Laien oft nicht leicht zu finden. Private Bauherren sollten sich daher Unterstütz­ung holen, zum Beispiel von einem Baubegleit­er.
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FOTO: VPB Schlecht verputzt? Experten können die Tragweite von Mängeln schnell einschätze­n.

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