Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ministerin Giffey will Unterhalts­recht reformiere­n

Väter von Trennungsk­indern sollen rechtlich und finanziell bessergest­ellt werden

-

BERLIN (dpa/AFP) - Familienmi­nisterin Franziska Giffey will engagierte Väter von Trennungsk­indern bei den Unterhalts­zahlungen entlasten. Es gehe nicht an, „dass der Vater weiterhin den vollen Unterhalt zahlen muss, auch wenn das Kind viel Zeit bei ihm verbringt und sogar ein eigenes Zimmer bei ihm hat“, sagte die SPD-Politikeri­n. „Wir müssen das Recht hier der gesellscha­ftlichen Realität anpassen.“Der FDP geht Giffeys Vorschlag nicht weit genug. Aus der Unionsfrak­tion kamen zurückhalt­ende Reaktionen zu dem Vorhaben der Ministerin; die CDU appelliert­e an die Ministerin, das Kindeswohl im Blick zu behalten.

Aus Giffeys Sicht ist es eine gute Sache, dass nach Trennungen immer mehr Väter weiter die Erziehungs­verantwort­ung tragen wollten. „Wir brauchen deshalb sowohl eine Reform des Sorge- und Umgangsrec­hts als auch Änderungen im Unterhalts­recht, die möglichst viel Flexibilit­ät für verschiede­ne Betreuungs­modelle lassen.“Der Staat könne dafür aber keine allgemeinv­erbindlich­e Lösung vorschreib­en, sagte Giffey. Sie sprach sich insbesonde­re gegen Forderunge­n der FDP nach einem sogenannte­n Wechselmod­ell für Trennungsk­inder aus, bei dem diese zum Beispiel eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Vater wohnen.

Die rechtspoli­tische Sprecherin der Unionsfrak­tion, Elisabeth Winkelmeie­r-Becker, sagte, wer die Unterhalt zahlenden Väter entlasten wolle, „muss aber immer auch sagen, auf wessen Kosten das gehen soll“. Es müsse klar sein, dass Veränderun­gen nicht zulasten der Mütter gehen dürfen, wenn deren Unterhalts­ansprüche und der Bedarf des Kindes in ihrem Haushalt dann unterm Strich gefährdet seien.

„Nur wo der Bedarf insgesamt gedeckt ist und Geld gespart wird, weil der Vater Ausgaben übernimmt, kann das auf den Unterhalts­anspruch angerechne­t werden“, sagte Winkelmeie­r-Becker. Es wundere sie, „dass diese Perspektiv­e der betroffene­n Mütter bei der Frauenmini­sterin nicht vorkommt“.

Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Unionsfrak­tion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), forderte in den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe, das Kindeswohl dürfe bei einer Reform des Unterhalts­rechts nicht vernachläs­sigt werden. Lösungen, bei denen Konflikte der Eltern auf dem Rücken der Kinder ausgetrage­n würden, müssten vermieden werden, sagte Frei. Er verwies auf den Koalitions­vertrag: Nach diesem wollten Union und SPD stärker berücksich­tigen, dass zumeist „beide Elternteil­e nach einer Trennung oder Scheidung intensiv die Erziehung ihrer Kinder weiterhin mitgestalt­en wollen“.

Die stellvertr­etende FDP-Fraktionsv­orsitzende Katja Suding findet das Modell, wonach einer zahlt und der andere betreut, ebenfalls für viele „nicht mehr zeitgemäß“, wie sie sagte. Sie forderte aber, es müssten neben dem Unterhalts­recht auch das Sozialrech­t, das Steuerrech­t, das Rentenrech­t sowie die Regelungen zur rechtliche­n Vertretung des Kindes überprüft werden. Anpassunge­n seien da nötig, „wo individuel­le Lösungen von elterliche­r Betreuung und Kindesaufe­nthalt es notwendig machen“. Der FDP-Familienpo­litiker und Vorsitzend­e der FDP Bayern, Daniel Föst, der Vorstoß Giffeys sei „lange überfällig“. „Es wird Zeit, dass das Familienre­cht die Lebenswirk­lichkeiten widerspieg­elt und den Eltern die Möglichkei­ten bietet, sich ohne teure und langwierig­e Gerichtsve­rhandlunge­n zu einigen.“

Die bayerische Grünen-Fraktionsv­orsitzende

Katharina Schulze twitterte unterdesse­n, Giffey solle sich „eher mal darum kümmern, dass

der Unterhalt auch eingetrieb­en wird“. Armut bei Alleinerzi­ehenden, zum Großteil Frauen, und ihren Kindern sei weiterhin hoch.

Die AfD äußerte sich verhalten positiv. AfD-Familienpo­litikerin Nicole Höchst erklärte: „Die AfD tritt dafür ein, Väter zu stärken und die vielfach bestehende­n Benachteil­igungen abzubauen.“Ihre Fraktion werde sich daher genau ansehen, was die Ministerin konkret vorlege. „Wenn ihr Vorschlag gut ist und auch tauglich und praktikabe­l, werden wir ihn selbstvers­tändlich unterstütz­en.“

Die Familienmi­nisterin kündigte auch eine Reform des Elterngeld­s an, damit Väter mehr Zeit mit ihren Babys verbringen können. Zwar sei der Anteil der Männer, die sich zu Hause um ihre Neugeboren­en kümmerten, seit Einführung des Elterngeld­es vor zwölf Jahren von drei auf heute über 35 Prozent gestiegen. Aber „das Rad dreht sich weiter, und mit ihm die Wünsche und Erwartunge­n von Eltern“, sagte Franziska Giffey. Ihr Vorschlag komme noch in diesem Jahr auf den Tisch.

 ?? FOTO: DPA ?? Familienmi­nisterin Franziska Giffey kündigte neben der Änderung des Unterhalts­rechts auch eine Reform des Elterngeld­es an, damit Väter mehr Zeit mit ihren Babys verbringen können.
FOTO: DPA Familienmi­nisterin Franziska Giffey kündigte neben der Änderung des Unterhalts­rechts auch eine Reform des Elterngeld­es an, damit Väter mehr Zeit mit ihren Babys verbringen können.
 ?? FOTO: DPA ?? Katharina Schulze (Grüne).
FOTO: DPA Katharina Schulze (Grüne).
 ?? FOTO: DPA ?? Nicole Höchst (AfD).
FOTO: DPA Nicole Höchst (AfD).
 ?? FOTO: DANIEL DRESCHER ?? Katja Suding (FDP).
FOTO: DANIEL DRESCHER Katja Suding (FDP).
 ?? FOTO: DPA ?? Franziska Giffey (SPD).
FOTO: DPA Franziska Giffey (SPD).
 ?? FOTO: DPA ?? Thorsten Frei (CDU).
FOTO: DPA Thorsten Frei (CDU).

Newspapers in German

Newspapers from Germany