Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mehr als nur Cholesteri­n

Eier sind gesünder als viele denken – gerade auch für Ältere

- Von Sabine Meuter

MÜNCHEN/BONN (dpa) - Gekocht, gebraten, gebacken: In allen Varianten werden Eier tagtäglich mit Genuss verspeist. Und gerade zu Ostern haben sie Hochkonjun­ktur. Dabei eilt ihnen alles andere als ein guter Ruf voraus – für viele ist das Ei eine gefährlich­e Cholesteri­nbombe und damit verantwort­lich für HerzKreisl­auf-Erkrankung­en aller Art. Doch das stimmt nur teilweise.

Denn ein Hühnerei enthält tatsächlic­h viel Cholesteri­n – 400 Milligramm im Schnitt. Aber längst nicht alles davon bleibt im Körper. „Lediglich ein Drittel des Cholesteri­ns, das sich in Blutgefäße­n ablagert, kommt aus der Nahrung“, sagt Professor Berthold Koletzko

(Foto: LMU/dpa).

Er ist Leiter der Abteilung Stoffwechs­elund Ernährungs­medizin im Kinderspit­al der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München.

Die restlichen zwei Drittel des Cholesteri­ns in Blutgefäße­n produziert der Körper selbst. „Klar ist, dass das Hühnerei für den Cholesteri­nstoffwech­sel eine weitaus geringere Rolle spielt als die meisten denken.“

Die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung (DGE) in Bonn empfiehlt dennoch, den Eierverzeh­r bewusst zu planen. „Der Orientieru­ngswert liegt bei bis zu drei Eiern pro Woche“, sagt DGE-Sprecherin Antje Gahl. Dies umfasst auch verarbeite­tes Ei in Lebensmitt­eln wie Brot, Kuchen, Nudeln, Soßen oder Mayonnaise. „Allerdings ist hier das Eierzählen extrem schwierig“, räumt Gahl ein. Der Orientieru­ngswert von drei Eiern pro Woche lasse aber im Einzelfall Spielraum nach oben. „Wer einen zu hohen Cholesteri­nSpiegel oder Herz-Kreislauf-Probleme hat, sollte sich daran halten, maximal drei Eier pro Woche zu essen“, rät die Freiburger Ernährungs­expertin und Ratgeberau­torin Dagmar von Cramm (Foto: Dagmar von Cramm/dpa). In einzelnen Fällen kann es auch sinnvoll sein, ganz auf Eier zu verzichten. Umgekehrt können Gesunde und Fitte theoretisc­h jeden Tag ein bis zwei Eier essen, sagt Koletzko. Und an Ostern auch mal drei. „Das setzt voraus, dass man sich viel bewegt und sich ausgewogen mit viel Obst und Gemüse ernährt.“

Eier haben nicht nur gefährlich­es Cholesteri­n an Bord, sondern zum Beispiel auch viele wichtige Vitamine. Zum Beispiel Vitamin A: Das ist gut für die Augen, aber auch fürs Immunsyste­m und für die Haut. Andere Vitamine im Ei unterstütz­en den Kohlenhydr­at- und Fettstoffw­echsel. Dazu kommt ein Viertel des Tagesbedar­fs an Phosphor. „Auch Eisen, Zink und Jod finden sich im Ei“, erklärt Gahl.

Gut für Sportler

Dazu kommt natürlich Eiweiß, hochwertig­es Protein, von dem vor allem Sportler profitiere­n. Zudem punkten Eier mit Lecithin, das etwa für die Nerven gut ist. Deshalb können Eier für Senioren sogar genau das Richtige sein, sagt Koletzko. „Hinzu kommt, dass ältere Menschen oft einen geringeren Appetit haben und keine großen Portionen essen, da hat eine Speise mit Ei oft den richtigen Umfang.“Oft lassen sich weiche Eierspeise­n auch besser kauen als beispielsw­eise Fleisch.

Ob alt oder jung: Ob das Ei gut für den Körper ist, hängt auch von der Art der Zubereitun­g ab. Rühr- und Spiegelei etwa werden in Fett und oft mit Schinken oder Speck gebraten – das kann das Cholesteri­n im Blut weiter steigen lassen. „Wichtig ist, Rühr- oder Spiegeleie­r mit ungesättig­ten Fetten aus Pflanzenöl zuzubereit­en“, rät Koletzko.

Ansonsten gilt: Eier gut durchkoche­n oder -braten. So tötet man möglicherw­eise vorhandene Salmonelle­n und andere Krankheits­erreger ab. Werden Eier im rohen Zustand verarbeite­t, sollten sie sehr frisch sein. Wie frisch ein Ei ist, lässt sich feststelle­n, indem man es in ein Glas mit Wasser legt. Bleibt es am Boden, ist es frisch. Steigt es langsam nach oben, sollte es vor dem Essen gut erhitzt werden. Und wenn es ganz oben schwimmt, landet das Ei besser gleich im Müll.

Es müssen auch nicht immer Hühnereier sein – gerade zu Ostern. Enten- oder Gänseeier etwa haben nicht weniger gesunde Inhaltssto­ffe als Hühnereier. Sie sind dabei aber größer und schmecken oft intensiver. „Bei Enteneiern ist das Gelb im Vergleich zu hartgekoch­ten Hühnereier­n cremiger und sahniger“, erklärt von Cramm. Zudem haben die Eier von Wasservöge­ln einen höheren Fettgehalt als Hühnereier.

Weil besonders Enten- und Gänseeier von Salmonelle­n und anderen Krankheits­erregern befallen sein können, sollten sie vor dem Verzehr aber besonders gut gekocht werden – mindestens zehn Minuten. „Sie sollten nie roh, etwa für Mayonnaise oder Tiramisu, verwendet werden“, so von Cramm. Gänseeier sollte man ohnehin nur ganz frisch verwenden – oder gar nicht zum Essen. Denn durch ihre harte Schale haben sie noch einen weiteren Vorteil, sagt von Cramm. „Sie eignen sich wunderbar zum Bemalen und zur Dekoration, vor allem in der Osterzeit.“

Literatur: Dagmar von Cramm: Gut essen bei erhöhtem Cholesteri­n. Stiftung Warentest 2016, 2. Auflage, 192 Seiten, 19,90 Euro. ISBN: 978-3868514445

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FOTO: DPA Die volle Ladung: Gerade zu Ostern haben Eier Hochkonjun­ktur. Und das ist nicht unbedingt schlecht – schließlic­h enthalten sie neben Cholesteri­n auch viele Vitamine und Mineralsto­ffe.
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FOTO: DPA Experten empfehlen, in der Regel nicht mehr als drei Eier pro Woche zu essen. Wer gesund und fit ist, hat dabei aber Luft nach oben.
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Professor Berthold Koletzko.
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Dagmar von Cramm

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