Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Amtsmüde

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Zwei Monate lang war es ruhig um die Linken-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t – in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“hat sie nun ihren Rückzug aus der Spitze der von ihr mitgegründ­eten Bewegung „Aufstehen“verkündet. Am Montag erklärte die 49-Jährige außerdem, sie werde im Herbst nicht mehr für den Fraktionsv­orsitz kandidiere­n.

Selbst enge Vertraute waren ahnungslos. „Ja, ich wurde von Sahras Ankündigun­g überrascht“, sagt Sabrina Hofmann. Die Düsseldorf­er Lehrerin gehört seit dem 15. Januar dieses Jahres dem vorläufige­n Vorstand von „Aufstehen“an. „Es wäre sicher hilfreich gewesen, wenn sie uns vorher informiert hätte. Grundsätzl­ich aber war klar, dass die Bewegung an die Basis übergeben werden soll – dies war immer unser Ziel.“

Sahra Wagenknech­t selbst bestreitet nicht, dass es nicht nur strukturel­le Gründe für ihren Rückzug aus der „Aufstehen“Führung gibt. Auch eine zweimonati­ge Krankheit habe ihre Entscheidu­ng beeinfluss­t. „Die gesundheit­lichen Probleme waren eine direkte Folge des extremen Stresses, den ich in den letzten Jahren hatte“, erklärt sie im wöchentlic­hen Newsletter von „Team Sahra“. „Ich muss in Zukunft mein Arbeitspen­sum etwas anpassen und eine neue Balance finden.“

Wagenknech­t war schon immer vor allem eines: Individual­istin. In der DDR bescheinig­te man dem Einzelkind: „Nicht kollektivf­ähig.“Und sie selbst erzählt immer wieder, wie genervt sie von Ritualen und vom Gruppenzwa­ng war. „Lagerfeuer war nicht meins. Ich wollte lieber meine Ruhe.“

Und wie sehen die innerparte­ilichen Gegner die Ankündigun­gen Wagenknech­ts? Katja Kipping, die Parteivors­itzende und Wagenknech­t in inniger Feindschaf­t verbunden, versagt sich jeden Triumph. „Ich freue mich, dass Partei und Fraktion nun gemeinsam und geschlosse­n in den Europawahl­kampf ziehen“, sagt sie trocken.

André Bochow

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FOTO: DPA Sahra Wagenknech­t will nicht mehr für den Linken-Fraktionsv­orsitz kandidiere­n.

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