Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Persönliches Zeitdokument
Der Diktator, die Taliban und ich (arte, Di., 22.05
Uhr) - Leichte Fernsehunterhaltung kurz vor dem Zubettgehen sieht anders aus. Wer aber politisch interessiert ist und seine Allgemeinbildung um Hintergründe über Pakistan erweitern will, dem sei diese 77-minütige Reportage wärmstens ans Herz gelegt. Es ist eine Art Videotagebuch, das uns der Filmemacher Mohammed Ali Naqvi, genannt Mo, präsentiert. Er nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise durch die komplexe einheimische Politik der letzten Jahrzehnte – unaufgeregt und informativ. Mo ist 19, als sich der liberale General Pervez Muscharraf 1999 an die Macht putscht. Endlich fühlt sich Mo sicher, denn jahrelang wurden Schiiten wie er Opfer von Terroranschlägen sunnitischer Extremisten. Doch die Stabilität währt nur neun Jahre. 2008 wird Muscharraf vertrieben und muss nach Dubai ins Exil. Dank familiärer Kontakte kann ihn Mo besuchen, filmt ihn in privaten Situationen und interviewt ihn vor der Kamera. Das ist interessant, denn Muscharraf erklärt in wenigen Worten den wohlkalkulierten Balanceakt zwischen taktischer Unterstützung der Taliban und Engagement im „Krieg gegen den Terror“seitens der USA. Ein Comeback Muscharrafs bei den Wahlen 2013 scheitert – er wird nach der Rückkehr unter Hausarrest gestellt. Packendes Archivmaterial und persönliche Eindrücke ergeben zusammen ein sehenswertes Stück Zeitgeschichte.