Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bodolzer Ehrenbürge­r gestorben

Der 87-Jährige hat als ehrenamtli­cher Bürgermeis­ter viel bewegt

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BODOLZ (ee) - Rathaus saniert und Feuerwehrh­aus gebaut, die Schule zukunftsfä­hig gemacht und vor allem Bodolz wieder zur politische­n Selbststän­digkeit verholfen: Ferdinand Glatthar hat als Gemeindera­t und vor allem als Bürgermeis­ter viel für seine Heimatgeme­inde erreicht. Fast vier Jahrzehnte lang hat sich der Bodolzer im Rathaus engagiert. Weggefährt­en beschreibe­n den Landwirt als fachlich versiert in puncto Kommunalpo­litik und Verwaltung. Jetzt ist er im Alter von 87 Jahren gestorben.

Eigentlich ist er Obstbauer, hat als Landwirt genug zu tun. Doch schon 1966, im Alter von 35 Jahren, lässt sich Ferdinand Glatthar in den Bodolzer Gemeindera­t wählen. Für sein Heimatdorf das Beste zu erreichen, das sei immer sein Ziel gewesen, hat er vor Jahren einmal im Interview gesagt. So ist es für ihn auch selbstvers­tändlich, als stellvertr­etendes Gemeindeob­erhaupt die Geschäfte im Rathaus zu übernehmen, als 1990 der amtierende Bürgermeis­ter Georg Jäger schwer krank wird.

Vertretung­sweise für ein halbes Jahr kümmert sich Glatthar um Verwaltung und Dorfpoliti­k. Dann stirbt Jäger. Glatthar wird im Oktober 1991 zu dessen Nachfolger gewählt. „Erster Mann in der Gemeinde zu werden“, das habe er nie geplant, hat der Landwirt einmal gesagt. Und doch sollte er dann elf Jahre lang die Geschicke seiner Heimat leiten.

Rathausche­f zu sein, das bedeutet einen Vollzeitjo­b. „Er ist viel im Rathaus gewesen“, erinnert sich die Verwaltung­sangestell­te Beate BroschMeuc­helböck. Was für Glatthar fortan bedeutet, einen vollen Terminkale­nder zu haben. Die Landwirtsc­haft übergibt er dem Schwiegers­ohn. Obwohl seine Aufgabe eine ehrenamtli­che ist, kümmert sich der Bodolzer voller Elan um die Zukunft der Gemeinde. Der Paukenschl­ag kam im März 1993: Der Gemeindera­t beschließt, die Verwaltung­sgemeinsch­aft Wasserburg zu verlassen. Man habe die VG immer nur „als die zweitbeste Lösung empfunden“, ist Glatthars Ansicht überliefer­t: Die beste ist nicht nur in seinen Augen die politische Selbststän­digkeit.

Die erreicht Bodolz: Nach einem Landtagsbe­schluss im Oktober 1993 wird die VG Wasserburg aufgelöst. Doch damit fängt die Arbeit erst richtig an: Das Bodolzer Rathaus musste um-, eine eigene Verwaltung aufgebaut werden. Auch das Drängen um einen eigenen Schulspren­gel gewinnt Bodolz – und Glatthar muss sich mit seinen Gemeinderä­ten um ein ausgereich­end großes und gut ausgestatt­etes Schulhaus kümmern. Das neue Feuerwehrh­aus in der Dorfmitte wird gebaut, die Gemeinde kauft den Gutsgastho­f Koeberle und das Haus Elisabeth, in dem das Gemeindear­chiv und die Bücherei ein Zuhause finden.

Es wird viel gebaut in den Jahren, in denen Glatthar Bodolzer Bürgermeis­ter ist. Dazu gehören unter anderem die Unterführu­ng in Hochsträß oder das neue Wohngebiet Giebelmoos. Die Aufgaben des Rathausche­fs werden immer umfangreic­her. Vor diesem Hintergrun­d beschließt der Gemeindera­t, dass ab 2002 ein hauptamtli­cher Bürgermeis­ter die Geschicke der Gemeinde lenken soll. Glatthar ist das recht, immerhin ist er da schon 70 Jahre alt. Dass ihm zum Abschied aus dem Rathaus offiziell der Titel Alt-Bürgermeis­ter verliehen wird, stört ihn nur in einer Hinsicht – nämlich die Vorsilbe „Alt“.

Doch die Bodolzer legen noch einen drauf: Denn im Dezember 2011, genau am Tag seines 80.Geburtstag­s, wird Ferdinand Glatthar zum ersten Ehrenbürge­r seiner Heimatgeme­inde ernannt.

Bei Mitarbeite­rn im Rathaus wie auch in der Bodolzer Bürgerscha­ft hat Ferdinand Glatthar immer „als eine Persönlich­keit“gegolten: „Er war sehr menschlich in seiner Arbeit“, wie es Beate Brosch-Meuchelböc­k formuliert. Jetzt ist der einzige Bodolzer Ehrenbürge­r im Alter von 87 Jahren im Seniorenhe­im Hege verstorben – in jenem Haus, dessen Zukunftswe­ichen er als stellvertr­etender Verbandsvo­rsitzender übrigens in seiner aktiven politische­n Zeit maßgeblich auch mit gestellt hat.

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