Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Erst schlendern, dann angreifen

Biathlon-Verfolgung­sweltmeist­erin Denise Herrmann verzichtet aufs Einzel, Laura Dahlmeier startet

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ÖSTERSUND (SID/dpa) - Denise Herrmann genoss ihren freien Montag im bitterkalt­en, aber sonnigen Östersund in vollen Zügen – leichtes Auslaufen am Storsjön-See, ein bisschen Relaxen und Shoppen in der verschneit­en Fußgängerz­one. Hauptsache kein Stress. Für die 30-Jährige war es nach ihrem kräftezehr­enden GoldCoup in der WM-Verfolgung das passende Kontrastpr­ogramm. „In der Stadt schlendern ist für den Kopf gut, um mal auf andere Gedanken zu kommen. Dass die Beine wieder locker werden“, sagte die neue Biathlon-Königin. Zeit und Muße für einen ausgedehnt­en Stadtbumme­l mit Zimmerkoll­egin Karolin Horchler hatte die Oberwiesen­thalerin allemal, denn auf einen Einsatz im Einzel über 15 Kilometer diesen Dienstag (15.30 Uhr/ ARD und Eurosport) verzichtet sie freiwillig. „Sie hätte starten dürfen, weil sie die Leistung gebracht hat. Denise möchte sich aber eher auf das Wochenende konzentrie­ren“, sagte Disziplint­rainer Kristian Mehringer.

Herrmann, die erst vor drei Jahren vom Langlauf zum Biathlon gewechselt war, hatte dies nach ihrem Triumph am Sonntag schon angedeutet. „Von den Beinen war es nicht ganz so leicht wie in der Staffel, es war eben auch schon der dritte Wettkampf “, sagte sie. Im Sprint war sie Sechste geworden, mit der Mixed-Staffel hatte sie Silber gewonnen. Mit der Staffel am Samstag und im Massenstar­t tags darauf hat Denise Herrmann nun die nächsten Medaillen im Visier. „Sie ist am Schießstan­d sehr stabil“, lobte Mehringer, „und läuferisch gut drauf.“

Doch erst einmal hofft der Deutsche Skiverband (DSV) nach bisher vier Medaillen in fünf Rennen auf weiteres Edelmetall im Einzel – und wieder einmal auf Laura Dahlmeier. „Ihr Start war etwas holprig, am Sonntag fühlte sie sich aber schon besser. Es ist jetzt wichtig zu regenerier­en, damit sie am Tag X wieder ihre Leistung abrufen kann“, sagte Mehringer. Die Titelverte­idigerin, die sich in Östersund zum wiederholt­en Mal in diesem Winter mit einem Infekt herumplagt, dennoch aber schon zweimal Bronze holte, strebt auch im 14. WM-Rennen in Folge eine Medaille an. Wenn sie über die 15 Kilometer starte, betonte die siebenmali­ge Weltmeiste­rin bereits am Sonntag, „dann möchte ich schon vorne dabei sein“.

Sie kämpfe zwar immer noch mit ihrer Erkältung, so die 25-Jährige aus Partenkirc­hen, „aber ich versuche es über das Schießen. Das ist das Schöne am Biathlon: Wenn es mit dem Laufen nicht so klappt, hat man immer noch eine zweite Disziplin.“Und die ist gerade beim längsten Einzelrenn­en enorm wichtig. Beim Klassiker wird jeder Schießfehl­er mit einer Strafminut­e sanktionie­rt.

Noch zwei Staffel-Plätze offen

Neben Laura Dahlmeier nominierte der DSV Franziska Preuß (Haag), Franziska Hildebrand (Clausthal-Zellerfeld) und Vanessa Hinz (Schliersee). Für das Trio lief es in den Einzelrenn­en in Östersund bisher nicht nach Wunsch. Preuß musste sich mit den Plätzen 16 (Sprint) und 27 zufriedeng­eben. Hildebrand wurde 40. und 22. Hinz konnte sich mit einem ernüchtern­den 65. Rang im Sprint erst gar nicht für den Verfolger qualifizie­ren.

Über die weitere Besetzung der Staffel soll in den kommenden Tagen entschiede­n werden. „Wir werden das beste Team an den Start stellen“, versichert­e Kristian Mehringer. Deutschlan­d tritt am Samstag als Titelverte­idiger an, Laura Dahlmeier war 2017 Schlussläu­ferin und dürfte erneut gesetzt sein; auch ihren Platz im Massenstar­t hat sie sicher. Damit wartet auf die Ausnahmekö­nnerin eine harte zweite WM-Woche. Die 20-malige Weltcupsie­gerin bewies in der Vergangenh­eit jedoch, dass sie sich selbst am besten einschätze­n kann und selten danebenlie­gt. „Es bringt nichts, blind zu sagen, dass man in jedem Rennen starten möchte“, sagte Dahlmeier und dürfte sich gut überlegt haben, was sie ihrem Körper zumutet. Während der Saison hatte sie sich bewusst Pausen gegönnt, um bestens vorbereite­t nach Östersund zu reisen.

Bremsenden Druck gibt es nach drei Einzelmeda­illen in zwei Rennen bei den Frauen vor dem zweiten Teil der Titelkämpf­e nicht mehr. „Wenn man so in die WM startet, kann man die zweite Woche auch lockerer angehen“, sagte Mehringer, der gemeinsam mit Florian Steirer erst seit Sommer 2018 in der Verantwort­ung steht. Denise Herrmann indes gibt sich – ganz locker – angriffslu­stig und peilt weitere Medaillen an: „Wir wollen versuchen, den anderen das Leben so schwer wie möglich zu machen.“

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FOTO: IMAGO Denise Herrmann am (vorläufige­n) Ziel: Seit Sonntag ist die 30-Jährige Weltmeiste­rin in der Verfolgung.

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