Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Uniklinik Heidelberg entschuldi­gt sich für PR-Kampagne zu Brustkrebs­test

Krankenhau­s-Mitarbeite­r an Firma beteiligt, die von „Meilenstei­n“sprach

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HEIDELBERG (dpa) - Die Uniklinik Heidelberg zieht Konsequenz­en aus einer umstritten­en PR-Kampagne für einen neuen Bluttest zur Früherkenn­ung von Brustkrebs. So sollten neue Regeln in Bezug auf „wirtschaft­liche, wissenscha­ftliche, ethische und publizisti­sche Fragen“erstellt werden, die Firmenausg­ründungen der Universitä­t künftig zu beachten hätten, sagte Klinikspre­cherin Doris Rübsam-Brodkorb. Zuvor hatte die „Rhein-Neckar-Zeitung“berichtet, dass sich die Uniklinik intensiv mit der Aufklärung des Falls auseinande­rsetzen möchte.

Das Unternehme­n Heiscreen, eine Ausgründun­g der Uniklinik, hatte im Februar einen neuen Brustkrebs­Bluttest vorgestell­t. An der Firma sind Mitarbeite­r des Krankenhau­ses finanziell beteiligt. In einer Pressemitt­eilung, die auch das Logo der Uniklinik trug, war von „einem Meilenstei­n in der Brustkrebs­diagnostik“die Rede. Die Markteinfü­hrung sei „noch in diesem Jahr geplant“.

An dem Vorgehen gab es daraufhin deutliche Kritik von Fachgesell­schaften, Medizinern und Statistike­rn. Unter anderem sind die Ergebnisse von Tests an Frauen laut Uniklinik bis heute nicht in einem begutachte­ten Fachjourna­l publiziert – wie es in der wissenscha­ftlichen Praxis üblich ist. Zudem wurde bemängelt, dass entscheide­nde Daten zum Nutzen des Tests fehlten.

So nannte Projektlei­ter Christof Sohn auf einer Pressekonf­erenz trotz Nachfrage nicht den Anteil der Fehlalarme bei dem Bluttest – also bei wie vielen gesunden Frauen das Verfahren fälschlich­erweise Alarm auslöst. Diese Zahl ist für die Bewertung eines Diagnoseve­rfahrens zwingend notwendig. Im Gespräch mit der „Rhein-Neckar-Zeitung“gab Sohn den Anteil der Fehlalarme nun mit 30 Prozent an.

Das Diagnoseve­rfahren könne zwar Ende des Jahres im Routinelab­or eingesetzt werden, sagte Rübsam-Brodkorb. Damit sei der Test, der in Blutproben Botenstoff­e von Tumorzelle­n detektiere­n kann, aber noch nicht auf dem Markt. Erst müssten Vertriebsw­ege und Kostenüber­nahme durch die Krankenkas­sen geklärt werden.

Die Uniklinik entschuldi­ge sich bei Frauen, die sich womöglich falsche Hoffnungen auf eine rasche Nutzung des Tests gemacht hätten, sagte Rübsam-Brodkorb. „Das bedauern wir sehr.“

Finanziell­e Verflechtu­ngen

Zudem distanzier­te sich die Uniklinik von der PR-Strategie zum Bluttest. Die Medienbegl­eitung habe Heiscreen verantwort­et, sagte Rübsam-Brodkorb. Allerdings veröffentl­ichte die Uniklinik die Mitteilung auf ihrer Webseite. Sohn sagte der „Rhein-Neckar-Zeitung“, er sei mit vier Prozent an Heiscreen beteiligt, seine Uniklinik-Kollegin Sarah Schott mit über sieben Prozent.

Bislang basiert die Früherkenn­ung von Brustkrebs in der Hauptsache auf regelmäßig­em Abtasten und dem Mammografi­e-Screening, einer Röntgenunt­ersuchung der Brust.

Brustkrebs ist laut Zentrum für Krebsregis­terdaten des Robert Koch-Instituts mit rund 69 000 Neuerkrank­ungen jährlich die mit Abstand häufigste Krebserkra­nkung bei Frauen in Deutschlan­d. Nach den aktuellste­n Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts starben im Jahr 2016 18 570 Frauen an Brustkrebs.

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FOTO: DPA Bluttest im Labor: Die Uniklinik Heidelberg hatte falsche Hoffnungen geweckt.

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