Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kulinarisc­her Fehlstart mit Happy End

- Von Erich Nyffenegge­r

Die mustergült­ig höfliche, flinke und aufmerksam­e weibliche Bedienung wird schon wissen, warum sie bei der Bestellung der asiatische­n Hühnersupp­e Tom Yum sagt: „Muss man mögen.“Darauf sei in Anbetracht dieses merkwürdig­en Gebräus erwidert: Nö, muss man gar nicht mögen. Respektive ist es sehr schwer, ein solches Gericht zu mögen. Denn es hat gleich eine ganze Reihe von Schwächen. Das beginnt bei der Flüssigkei­t selbst, die dermaßen ausgeprägt von Ingwer und Zitronengr­as dominiert ist, dass sich nicht herausschm­ecken lässt, ob die Suppe tatsächlic­h – wie auf der Karte behauptet – eine Geflügeles­senz ist. Sie schmeckt viel zu seifig, um noch irgendwelc­her feinsinnig­er Aromen gewahr zu werden. Dass da Karotten und Zucchini schwimmen, spielt keine Rolle. Die paar Fetzen von der Hühnerbrus­t – grau-weiß in der Farbe – reißen es geschmackl­ich nicht raus. Das Hauptprobl­em der Suppe: Sie ist ganz offensicht­lich aufgewärmt. Das lässt die beigefügte­n Kräuter olivgrün verwaschen aussehen. Doch sie vermögen ein solches Gericht geschmackl­ich nur dann zu heben, wenn sie ganz zum Schluss frisch drauf kommen. Ansonsten sind sie – wie hier – mausetot. Zum Glück bestätigt sich der furchteinf­lößende erste Eindruck im weiteren Verlauf des Menüs nicht. Das Restaurant Maja, das zum Hotel Aurelia in Aldingen im Landkreis Tuttlingen gehört, weiß nicht so genau, was es denn sein möchte. Hier blitzt etwas Schwäbisch­es auf, dort was Indisches oder Asiatische­s und weiter hinten finden sich Steaks und Burger. Crossover ist wohl die treffendst­e Bezeichnun­g. Über die Einrichtun­g in dunklen Farben: plüschig. Man versinkt geradezu in Mobiliar und Kissen, um die verspiegel­te Bar zu bewundern.

Auf der Wochenkart­e prangt ein unter Vakuum gegartes Kaninchen, das – so wie alle Speisen – fast in blitzartig­er Geschwindi­gkeit serviert wird. Das hat den Nachteil, dass die Soße höchstens lauwarm ist, weil auch der Teller unbeheizt an den Tisch kommt. Dafür entpuppt sie sich als gute Bratenjus mit dunklen Röstaromen. Vielleicht ein bisschen zu mächtig für die wirklich sehr zarte und saftige Keule, die den milden Geschmack des Kaninchenf­leischs wunderbar zur Geltung bringt. Mit von der aromatisch­en Partie ist ein Kurkuma-Püree, das durch das Gewürz hübsch gelb ist und damit einen Kontrast zu den tiefroten geschmorte­n Möhren zu bieten hat.

Warum am Rand der schönen Mahlzeit noch irgendwelc­he Trockenblu­men verstreut sein müssen, bleibt ein Küchengehe­imnis. Versehentl­ich in den Mund gelangt, schmecken sie nach schlecht gezogenem Kräutertee, was kulinarisc­h allerdings keinerlei Sinn ergibt.

Die gleichen Blüten haben es dann auch noch auf den Desserttel­ler geschafft: Inmitten eines blutroten Sees aus Waldbeerpü­ree steht ein Zylinder aus Parfait. Innen weiße Schokolade sowie Nougat. Überzogen ist diese in der Fastenzeit geradezu obszön anmutende Klebrigkei­t mit Marzipan, übergossen mit Schokolade. Im Nougateis hat die Küche das sanfte Echo einer milden ChiliSchär­fe versteckt, was sich als angenehmer Gaumenkont­rast herausstel­lt und das Menü sehr versöhnlic­h enden lässt.

Restaurant Maja

Hauptstraß­e 11-13

78554 Aldingen

Telefon 07424-980440 www.hotel-aurelia.de Geöffnet Montag-Freitag von 11.30-14 Uhr und ab 18 Uhr, samstags nur abends, Sonntag Ruhetag. Hauptgeric­hte 11.50-39 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Zart und saftig zugleich: Kaninchenk­eule mit Kurkuma-Püree und geschmorte­n Möhren.
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