Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kulinarischer Fehlstart mit Happy End
Die mustergültig höfliche, flinke und aufmerksame weibliche Bedienung wird schon wissen, warum sie bei der Bestellung der asiatischen Hühnersuppe Tom Yum sagt: „Muss man mögen.“Darauf sei in Anbetracht dieses merkwürdigen Gebräus erwidert: Nö, muss man gar nicht mögen. Respektive ist es sehr schwer, ein solches Gericht zu mögen. Denn es hat gleich eine ganze Reihe von Schwächen. Das beginnt bei der Flüssigkeit selbst, die dermaßen ausgeprägt von Ingwer und Zitronengras dominiert ist, dass sich nicht herausschmecken lässt, ob die Suppe tatsächlich – wie auf der Karte behauptet – eine Geflügelessenz ist. Sie schmeckt viel zu seifig, um noch irgendwelcher feinsinniger Aromen gewahr zu werden. Dass da Karotten und Zucchini schwimmen, spielt keine Rolle. Die paar Fetzen von der Hühnerbrust – grau-weiß in der Farbe – reißen es geschmacklich nicht raus. Das Hauptproblem der Suppe: Sie ist ganz offensichtlich aufgewärmt. Das lässt die beigefügten Kräuter olivgrün verwaschen aussehen. Doch sie vermögen ein solches Gericht geschmacklich nur dann zu heben, wenn sie ganz zum Schluss frisch drauf kommen. Ansonsten sind sie – wie hier – mausetot. Zum Glück bestätigt sich der furchteinflößende erste Eindruck im weiteren Verlauf des Menüs nicht. Das Restaurant Maja, das zum Hotel Aurelia in Aldingen im Landkreis Tuttlingen gehört, weiß nicht so genau, was es denn sein möchte. Hier blitzt etwas Schwäbisches auf, dort was Indisches oder Asiatisches und weiter hinten finden sich Steaks und Burger. Crossover ist wohl die treffendste Bezeichnung. Über die Einrichtung in dunklen Farben: plüschig. Man versinkt geradezu in Mobiliar und Kissen, um die verspiegelte Bar zu bewundern.
Auf der Wochenkarte prangt ein unter Vakuum gegartes Kaninchen, das – so wie alle Speisen – fast in blitzartiger Geschwindigkeit serviert wird. Das hat den Nachteil, dass die Soße höchstens lauwarm ist, weil auch der Teller unbeheizt an den Tisch kommt. Dafür entpuppt sie sich als gute Bratenjus mit dunklen Röstaromen. Vielleicht ein bisschen zu mächtig für die wirklich sehr zarte und saftige Keule, die den milden Geschmack des Kaninchenfleischs wunderbar zur Geltung bringt. Mit von der aromatischen Partie ist ein Kurkuma-Püree, das durch das Gewürz hübsch gelb ist und damit einen Kontrast zu den tiefroten geschmorten Möhren zu bieten hat.
Warum am Rand der schönen Mahlzeit noch irgendwelche Trockenblumen verstreut sein müssen, bleibt ein Küchengeheimnis. Versehentlich in den Mund gelangt, schmecken sie nach schlecht gezogenem Kräutertee, was kulinarisch allerdings keinerlei Sinn ergibt.
Die gleichen Blüten haben es dann auch noch auf den Dessertteller geschafft: Inmitten eines blutroten Sees aus Waldbeerpüree steht ein Zylinder aus Parfait. Innen weiße Schokolade sowie Nougat. Überzogen ist diese in der Fastenzeit geradezu obszön anmutende Klebrigkeit mit Marzipan, übergossen mit Schokolade. Im Nougateis hat die Küche das sanfte Echo einer milden ChiliSchärfe versteckt, was sich als angenehmer Gaumenkontrast herausstellt und das Menü sehr versöhnlich enden lässt.
Restaurant Maja
Hauptstraße 11-13
78554 Aldingen
Telefon 07424-980440 www.hotel-aurelia.de Geöffnet Montag-Freitag von 11.30-14 Uhr und ab 18 Uhr, samstags nur abends, Sonntag Ruhetag. Hauptgerichte 11.50-39 Euro.
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