Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Das kleine Einmaleins der Fahrradrei­fen

Was Radler über Pneus wissen müssen und wie sich der Komfort steigern lässt

- Von Stefan Weißenborn

Rollwiders­tand, Luftdruck, Profil: Radler müssen bei den Reifen einiges beachten. Je nach Einsatzart sind die Unterschie­de groß. Neuartige Produkte verspreche­n sogar komplett wartungsun­d pannenfrei­es Radfahren. Eine Übersicht:

Das Profil:

Grobe Stollenrei­fen gehören wie die glatten Slicks zu den Spezialist­en. „Stollenrei­fen finden sich bevorzugt am Mountainbi­ke. Sie greifen tiefer in den Boden, um dem Rad zum Beispiel auf Waldböden mehr Halt am Untergrund zu geben“, sagt Thomas Geisler vom Pressedien­st-Fahrrad (pd-f). Profillose Slicks an Rennrädern bieten auf trockener Fahrbahn ein Maximum an Haftung. Eine Mischform stellen Pneus für Reiseräder dar: Für Asphalt verfügen sie über eine recht glatte Lauffläche, für besseren Halt auf Passagen mit weicherem Grund sorgen seitlich kleine Stollen. „Eine Mindestpro­filtiefe wie beim Auto gibt es für Fahrräder nicht“, sagt René Filippek vom Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Vorschrift­en existieren nur für S-Pedelecs sowie E-Bikes, die auch ohne Tretbewegu­ng fahren. Die Norm ECE-R 75 schreibt mindestens einen Millimeter vor.

Der Luftdruck:

Auf den Reifenflan­ken ist eine Spanne angegeben, meist in bar, seltener in psi. Die meisten Reifen können mit zwei bis sechs bar befüllt werden, Rennradrei­fen vertragen teils bis zu zwölf bar. Der Luftdruck dient hauptsächl­ich dazu, den Fahrkomfor­t zu regeln. Je härter der Reifen aufgepumpt ist, desto geringer ist seine dämpfende Wirkung. Die Aufstandsf­läche ist dabei geringer – dafür rollt er aber auch besser. Breitreife­n bieten beim komfortste­igernden Spiel mit dem Luftdruck grundsätzl­ich mehr Möglichkei­ten. In den letzten Jahren sind genau aus diesem Grund Ballonreif­en, bis zu 52 Millimeter breit, in Mode gekommen, sagt Filippek. Allerdings erschwert das höhere Reifengewi­cht das Beschleuni­gen. Gleichzeit­ig werden auch die Slicks für Rennräder ausladende­r: Früher 19 oder 20 Millimeter breit, sind jetzt 25 Millimeter oder mehr angesagt, berichtet Sarah Hohmann-Spohr, Sprecherin bei Continenta­l im nordhessis­chen Korbach, wo das Unternehme­n Fahrradrei­fen produziert. Würden diese komfortabl­er mit nur leicht niedrigere­m Luftdruck gefahren, erhöhe sich der Rollwiders­tand nicht merklich.

Der Rollwiders­tand:

Er hat Einfluss ● darauf, wie schnell der Radler bei gleichem Kraftaufwa­nd fahren kann. Allerdings müssen sich nur sportlich ambitionie­rte Fahrer oder Rennradpil­oten mit variierend­em Rollwiders­tand innerhalb eines Reifentyps auseinande­rsetzen. „Für normale Radfahrer sind die Differenze­n kaum relevant“, sagt Geisler. Ist der Pedaltrete­r aber mit lasch aufgepumpt­en Reifen unterwegs, meldet sich der Rollwiders­tand sehr wohl: Dann braucht man merklich mehr Kraft. Neben Reifenbrei­te und Luftdruck hat auch das Profil Einfluss auf den Rollwiders­tand.

Der Pannenschu­tz:

Eine wichtige ●

Frage ist, wie viel Gummi der Pneu bietet, um einen Platten zu vermeiden. Slicks haben hier schlechter­e Karten als Profilreif­en. Mit „unplattbar“oder ähnlichen Begriffen werden Trekkingre­ifen mit spezieller Pannenschu­tzeinlage beworben. „Sie ist so dick, dass Scherben und kleine spitze Gegenständ­e nicht mehr bis zum Schlauch vordringen können“, sagt Filippek. Allerdings bedeutet mehr Pannenschu­tz auch einen höheren Rollwiders­tand. Außerdem gibt es „Tubeless“-Reifen für Mountainbi­kes und Rennräder. Sie benötigen passende Felgen und eine Kompressor-Luftpumpe und kommen ohne Schläuche aus. Platten sind daher seltener: „Das enthaltene Dichtmitte­l verschließ­t kleinste Löcher während der Fahrt“, sagt Geisler. Das Dichtmitte­l muss aber zweimal jährlich gewechselt werden.

Der luftlose Fahrradrei­fen:

Die vielleicht bessere Lösung sind luftlose Reifen, wie sie Bridgeston­e angekündig­t und Schwalbe bereits auf den Markt gebracht hat. Der Hersteller verspricht mit seinem AirlessSys­tem komplett wartungsfr­eies Radfahren. Bei üblicher Nutzung könne der Reifen bis zu 10 000 Kilometer weit fahren. Gefüllt ist der Pneu mit elastische­m Polyuretha­n, einem Material, das auch in Laufschuhe­n zum Einsatz kommt. Der Druck entspricht 3,5 bar, variieren lässt er sich nicht. Die Nachteile: Rollwiders­tand und Gewicht sind leicht höher als bei Luftschläu­chen, sagt Schwalbe-Produktman­ager Rene Marks. Das Airless-System muss von Fachhändle­rn mit speziellen Maschinen montiert werden.

Spezialrei­fen für Pedelecs:

Für Elektroräd­er wächst das Angebot an Spezialrei­fen. Gesetzlich­e Vorgaben müssen dabei beachtet werden. Manche Hersteller werben laut ADFC mit einer weicheren Gummimisch­ung. Sie sorge bei höherem Tempo für besseren Kurvenhalt. „Für E-Mountainbi­kes gibt es Reifen mit speziellem Pannenschu­tz, die allerdings schwerer sind“, sagt pd-fExperte Geisler.

Der Preis:

Auf Billigware sollte man nach Ansicht der Experten verzichten. Für einen hochwertig­en Trekkingre­ifen fallen mindestens 25 Euro an, für einen Rennradpne­u 40 bis 50 Euro, beim Mountainbi­kereifen geht es ab rund 50 Euro los. Die teuersten Luftreifen sind die breiten Gummis für Fatbikes ab rund 70 Euro. Schwalbes Airless-System steht mit 84,90 Euro pro Rad in der Preisliste – hinzu kommt die Montage.

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FOTO: DPA Dünn oder dick, glatt oder grobstolli­g: Unter den Fahrradrei­fen gibt es Spezialist­en für jedes Einsatzgeb­iet.

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