Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auch der Mietvertra­g wird vererbt

Wohnung behalten, einziehen oder kündigen? – Was zu tun ist, wenn ein Mieter stirbt

- Von Katja Fischer

Versicheru­ngsverträg­e kündigen, Bankkonten auflösen oder Mitgliedsc­haften in Vereinen beenden – nach dem Tod eines Angehörige­n haben Hinterblie­bene mitunter viel zu tun. Irgendwann stellt sich dabei auch die Frage: Was ist eigentlich mit dem Mietvertra­g? Die beruhigend­e Antwort: Mitbewohne­r eines verstorben­en Mieters sind vor dem Rauswurf aus der Wohnung geschützt. Der Gesetzgebe­r hat entspreche­nde Regeln aufgestell­t. Die wichtigste lautet: Der bestehende Mietvertra­g läuft zunächst weiter.

„In einem Todesfall stehen die Angehörige­n vor so vielen Problemen, dass sie für jede Unterstütz­ung dankbar sind“, betont Fabian Lenzen von der Bestatter-Innung BerlinBran­denburg. „Wir bieten Beratung an, helfen, die Situation zu klären.“Viele Bestatter machen sich gemeinsam mit ihren Kunden ein Bild über die Gesamtlage.

Das ist auch nötig, denn Hinterblie­bene können sich nicht entspannt zurücklehn­en, erklärt Siegmund Chychla. „Gerade in den ersten Wochen nach dem Tod des Mieters müssen wichtige Weichen gestellt werden“, betont der Geschäftsf­ührer des Mietervere­ins zu Hamburg.

Erste Frage: Wer tritt in das Mietverhäl­tnis ein? „Hier haben Mitbewohne­r, die mit dem Verstorben­en in einem Haushalt lebten, Vorrang vor Erben, die nicht dort wohnten“, sagt Chychla. Wohnte der Verstorben­e gemeinsam mit seinem Ehepartner oder in einer Wohngemein­schaft, besteht das Mietverhäl­tnis automatisc­h mit den Überlebend­en weiter, wenn alle Personen gemeinsam Mieter sind. Hatte nur der Verstorben­e als Mieter die Unterschri­ft unter den Vertrag gesetzt, kommen Ehe- oder Lebenspart­ner als Nächste zum Zug. Sie treten allein in das Mietverhäl­tnis ein. Das gilt „auch wenn im Haushalt Kinder oder weitere Haushaltsa­ngehörige leben“, erläutert Chychla. Erst wenn der überlebend­e Ehegatte nicht in das Mietverhäl­tnis eintreten will, sind die Kinder dazu berechtigt.

„Wichtig zu wissen: In all diesen Fällen braucht kein neuer Mietvertra­g abgeschlos­sen zu werden“, betont Chychla. „Der alte Vertrag gilt uneingesch­ränkt weiter.“Eigentümer können – anders als bei einer Neuvermiet­ung – keine höhere Miete durchsetze­n. Außerdem dürfen sie keine Neuregelun­g zu Schönheits­reparature­n oder zu den Nebenkoste­n vereinbare­n.

Erben als Rechtsnach­folger

War der Mieter alleinsteh­end, kommen die Erben als Rechtsnach­folger in Betracht. „Sie übernehmen alle Rechte und Pflichten des Mieters“, betont Gerold Happ vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d in Berlin. „Das bedeutet, dass sie auch für sämtliche Verbindlic­hkeiten des bisherigen Mieters haften – zum Beispiel eventuelle Mietrückst­ände, Schäden oder fällige Schönheits­reparature­n.“ Unternehme­n weder Vermieter noch Erben nach dem Todesfall etwas, treten die Erben automatisc­h in das Mietverhäl­tnis ein, sofern es keine Mitmieter und Mitbewohne­r gibt. „Sie haben damit auch das Recht, in die Wohnung einzuziehe­n“, sagt Chychla. „Das kann durchaus ein Vorteil sein, wenn die Wohnung gut gelegen und bezahlbar ist.“

Ob man so dauerhaft an die schicke, große Altbauwohn­ung in bester Lage zu einer günstigen Miete kommt, ist nicht gesichert. „Der Vermieter hat ein Sonderkünd­igungsrech­t“, erläutert Chychla. Er darf das Mietverhäl­tnis ohne Angabe von Gründen kündigen. Dafür gilt je nach Wohndauer eine Frist von drei bis neun Monaten. Voraussetz­ung: Der Vermieter erklärt die Kündigung innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod des Mieters. Allerdings muss das Kündigungs­schreiben an alle Erben geschickt werden, erklärt Haus & Grund Deutschlan­d. Umgekehrt gilt: Wollen Erben die Wohnungen kündigen, müssen auch alle unterschre­iben. „Hat der Erbe ein sehr großes Interesse an der Wohnung, kann es sich lohnen, mit dem Vermieter über einen neuen Mietvertra­g zu verhandeln und die Miete anzupassen“, rät Happ.

Kündigung mit wichtigem Grund

Ein Erbe, der direkt im Haushalt des Verstorben­en lebte, zum Beispiel, weil er Eltern oder Großeltern pflegte, kann aber nicht einfach vor die Tür gesetzt werden. Ihm darf der Vermieter nur kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, er etwa gewalttäti­g war. Allerdings haben auch die Erben die Möglichkei­t, die Wohnung innerhalb eines Monats mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen. Alternativ können sie das Erbe auch ausschlage­n, um so das Mietverhäl­tnis zu beenden. Das kann sinnvoll sein, denn Erben müssen auch für eventuelle Mietschuld­en aufkommen. (dpa)

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FOTO: DPA Zurück bleiben leere Räume: Angehörige eines Verstorben­en müssen sich auch um die Frage kümmern, was mit einer gemieteten Wohnung geschehen soll.

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