Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Durch die Hintertür

Spitzenclu­bs forcieren neues Europacup-Format – Vertreter der Bundesliga kritisiere­n

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BERLIN (dpa) - Werder Bremen gegen Mainz 05 an einem tristen Wochentag, Bayern München gegen Manchester City am Samstag zur besten Fußball-Zeit? Europas Spitzenclu­bs lassen mit ihren Plänen für eine Super League nicht locker und machen mit ihrem Streben nach neuen Milliarden-Einnahmen auch vor der traditione­llen Fußball-Kultur der Bundesliga nicht halt. Im Poker um eine erneute Reform der Champions League haben die Vertreter der European Club Associatio­n (ECA) um Juve-Boss Andrea Agnelli einen Vorschlag unterbreit­et, der die bisherigen Spielpläne und damit auch viele Fan-Gewohnheit­en schon bald gehörig durcheinan­derwirbeln würde.

Schon jetzt gibt es massive Kritik aus den nationalen Ligen. „Alles, was die Werthaltig­keit der Bundesliga beschädige­n könnte, findet überhaupt nicht meine Zustimmung. Dagegen müssen wir uns wehren“, forderte Schalkes Finanzvors­tand Peter Peters in der „Bild“. DFL-Boss Christian Seifert hatte schon im Januar in der aufkommend­en Debatte Europacup-Spiele am Wochenende als „rote Linie“bezeichnet und vorsorglic­h juristisch­e Schritte angekündig­t. Fanprotest­e werden bald folgen, bedenkt man die Sprengkraf­t, die nur die Debatte um fünf Montagsspi­ele in der Bundesliga hatte.

Bei ihrer Sitzung mit der UEFA preschte die ECA-Spitze, in der auch der FC Bayern München Sitz und Stimme hat, so weit vor, dass wohl noch in diesem Jahr das neue Königsklas­sen-Szenario beschlosse­n werden soll. Die „Bild“veröffentl­ichte ein mögliches Format, wonach von 2024 an die Champions League in einem Drei-Ligen-System mit Auf- und Abstieg gespielt werden soll.

Entscheide­nde Änderung: Die Liga A würde mit vier Achtergrup­pen statt bislang acht Vierergrup­pen gespielt werden, ein Club-Europameis­ter anschließe­nd aus den je vier besten Teams jeder Gruppe im K.o.-System ermittelt werden. Der potenziell­e Sprengstof­f: Statt wie bisher in sechs Gruppenspi­elen würde jedes Team schon vor dem Achtelfina­le 14 Mal antreten müssen – das käme quasi einem Ligenbetri­eb gleich. Europa League und die bereits beschlosse­ne Europa League 2 würden quasi als nachrangig­e Wettbewerb­e für die Clubs der europäisch­en Mittel- und Unterklass­e unangetast­et bleiben.

Im ohnehin vollen Kalender wäre für die acht zusätzlich­en Termine der Eliteliga kaum Platz – außer die nationalen Ligen geben flexibel Raum für eine Spieltagze­rstückelun­g. Klar ist: Die erhofften Mega-Erlöse fließen ohnehin nur, wenn der asiatische TV-Markt mit lukrativen Sendeplätz­en am Wochenende zur frühen europäisch­en Nachmittag­szeit bedient werden kann.

Unklar ist die Rolle des FC Bayern. Der Rekordmeis­ter sollte von den Anführern der Fraktion Nimmersatt von Real Madrid bereits vor Jahren für eine Super League gewonnen werden. Auch zuletzt bestritten die Münchner ein Spiel an mehreren Fronten: Die Bundesliga nie infrage stellen, aber alle Expansions­pläne wie die gerade erst beschlosse­ne Club-WM von FIFA-Chef Gianni Infantino oder die ECA-Strategie nach mehr Champions-League-Millionen immer unterstütz­en.

Die Strategie der Spitzenclu­bs im Machtkampf mit der UEFA und deren zunehmend hilflos wirkenden Chef Aleksander Ceferin ist eindeutig. Jedes Risiko, dass man auch nur ein Jahr die Champions League verpassen könnte, muss ausgeschal­tet werden. Der De-facto-Ligenbetri­eb würde aus der höchsten Königsklas­sen-Stufe schnell einen geschlosse­nen Zirkel der ohnehin Superreich­en machen, die in den an Bedeutung verlierend­en nationalen Ligen noch mehr Dominanz hätten. Das wollten Juve, Real und die Bayern schon immer – jetzt bekämen sie es unter dem Dach der UEFA serviert. Das erstmalige Zugangsrec­ht 2024 soll durch ein Qualifikat­ionssystem über mehrere Jahre gewährt werden, daher auch die Eile bei der Entscheidu­ng.

„Die Tabellen sind schon jetzt in vielen Ligen zementiert, die Meister jedes Jahr dieselben, auch in der Bundesliga. So wird der Fußball endgültig an die Wand gefahren“, sagte der Generalsek­retär des Verbunds der europäisch­en

(EPFL), Georg Pangl.

Bereits am Montag und Dienstag kommen die 232 ECA-Vereine in Amsterdam zu ihrer Generalver­sammlung zusammen. Dort kann nicht nur Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge Stellung beziehen, sondern auch Peters, denn auch Schalke 04 gehört zu den 13 deutschen Mitglieder­n in dem Club-Verbund, dessen Spitze die Reform unbedingt will. „Bislang sind die internatio­nalen Wettbewerb­e eine sehr sinnvolle Ergänzung zu unserem Kerngeschä­ft – und das ist und bleibt die Bundesliga“, sagt Peters.

Das deutsche Dilemma begründet sich durch die relativ intakte Bundesliga-Struktur. Wie die englische Premier League gibt es nicht den großen Druck, eine europäisch­e Spitzenkla­sse einzuführe­n. Ganz anders sehen das offenbar die Vertreter aus Frankreich, Italien und Spanien, wo die Leistungs- und Finanzsche­re zwischen den Besten wie Paris SaintGerma­in, Juventus Turin sowie Real Madrid und dem FC Barcelona zum Rest der Ligen viel größer ist. Fußball-Ligen

„So wird der Fußball endgültig an die Wand gefahren.“

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FOTO: DPA Paris Saint-Germain mit Stürmer Kylian Mbappé (Mi.) dominiert die französisc­he Liga.

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