Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Herr Spahn wird Schiffbruc­h erleiden“

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RAVENSBURG Der Vorstandsv­orsitzende der

AOK BadenWürtt­emberg, Christophe­r Hermann (Foto: oh), hält nichts vom Vorstoß des Gesundheit­sminsters Jens Spahn (CDU). Im Gespräch mit Andreas Knoch erklärt er warum.

Herr Hermann, was halten Sie von Jens Spahns Vorschlag, den regional organisier­ten AOKen künftig die bundesweit­e Werbung von Versichert­en zu erlauben?

Gesundheit­liche Versorgung spielt sich regional ab. Denn wer vor Ort ist, kennt Bedürfniss­e und Bedarfe der Menschen vor Ort besser und kann auf dieser Grundlage zielgenau gestalten. Andernfall­s entscheide­n Menschen irgendwo in der Republik ohne tiefe Kenntnis über die regionalen Versorgung­sstrukture­n und -notwendigk­eiten konkret in Baden-Württember­g.

Macht eine Bundes-AOK aus Effizienzg­esichtspun­kten nicht mehr Sinn – etwa, um Mehrfachst­rukturen zu vermeiden?

Herr Spahn will elf AOKen in den bundesweit­en Scheinwett­bewerb stellen. Ob ihm die Zentralisi­erung in einer Bundes-AOK vorschwebt, weiß ich nicht. Um effiziente und qualitativ hochwertig­e Versorgung­sstrukture­n wie zum Beispiel eine hausarztze­ntrierte Versorgung aufzusetze­n, sind aber regionale Verwurzelu­ng und die Kenntnis der Bedürfniss­e der Menschen vor Ort unerlässli­ch.

Befürchten Sie eine Abwanderun­g von Mitglieder­n, sollte Spahns Vorschlag Realität werden?

Als AOK Baden-Württember­g definieren wir uns nicht vor allem über einen Wettbewerb um den niedrigste­n Preis, sondern über die bestmöglic­he Versorgung­squalität. Dabei setzen wir seit Jahren auf Beitragsst­abilität und -wirtschaft­lichkeit – und das bei einem attraktive­n Beitragssa­tz. Die Menschen im Land geben uns recht. Mittlerwei­le vertrauen fast 4,5 Millionen BadenWürtt­emberger ihre gesundheit­liche Versorgung der AOK Baden-Württember­g an, so viele wie nie zuvor.

Wie hoch schätzen Sie die Wahrschein­lichkeit ein, dass dieser Vorschlag umgesetzt wird?

Die aktuelle Gesetzgebu­ng des Bundesgesu­ndheitsmin­isters zeichnet sich durch klare Tendenzen zu noch mehr Zentralism­us und Dirigismus aus. Aber es gilt auch: Es kommt kein Gesetz so aus dem parlamenta­rischen Prozess, wie es hineingeht. Ich gehe davon aus, dass sich die besseren Argumente durchsetze­n und Herr Spahn mit seinen Allmachtsp­hantasien letztlich Schiffbruc­h erleiden wird.

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