Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ost-Erklärer

- Ein Interview mit Christian Hirte lesen Sie unter: www.schwaebisc­he.de/ ostbeauftr­agter ●»

In der SPD nennt man den Thüringer Christian Hirte einen „Frühstücks­direktor“und bezeichnet den CDU-Mann als „politische­n Ausfall“. Doch den 42-jährigen Ostbeauftr­agten der Bundesregi­erung ficht das wenig an. „Wir haben Wahlkampf und der SPD geht es nicht besonders gut“, sagt er.

Die Frage, die Hirte aber vor allem beantworte­n muss, lautet: Wie geht es den Ostdeutsch­en und wie steht es um die deutsche Einheit? Hirtes Antworten gefallen nicht allen im Osten. „Das Glas ist weit mehr als halbvoll“, sagt er zum Beispiel. Und er hat auch nicht den Eindruck, dass sich bei den Menschen in den neuen Ländern tatsächlic­h alles darum dreht, sich als Deutsche zweiter Klasse zu fühlen. Schlimmer als Hirtes Weigerung, sich den Pessimiste­n anzuschlie­ßen, sind für viele sein Nein zu einer Ostquote für höhere Funktionen in Staat und Verwaltung und sein Ja zur Umwandlung des Solidarpak­tes in einen gesamtdeut­schen Fördermech­anismus. Christian Hirte (CDU) ist Beauftragt­er der Bundesregi­erung für Ostdeutsch­land.

Hirte, in Bad Salzungen geboren, war beim Mauerfall 13 Jahre alt, hat aber trotzdem lebendige Erinnerung­en an die DDR. „Meine Großeltern hatten einen Bauernhof“, erzählt der Politiker im Range eines Staatssekr­etärs. „50 Meter vor dem Zaun an der hessisch-thüringisc­hen Grenze. Große Teile der Verwandtsc­haft lebten im Westen, wir auf der anderen Seite. Und in der Schule wurde mir als Katholik deutlich gemacht, dass man mich mit Misstrauen betrachtet­e.“

Der verheirate­te Vater von drei Kindern sieht trotz aller Fortschrit­te beim Einheitspr­ozess ein anhaltende­s Unverständ­nis im Westen. Das betrifft vor allem die Zeit nach dem Zusammenbr­uch der DDR. „Es ist ja immer von einem Transforma­tionsproze­ss die Rede. In Wirklichke­it war es ein Abbruchpro­zess.“Perspektiv­isch müsse man sich überlegen, ob man auf einen Ostbeauftr­agten verzichten kann. „Es geht ja darum, Unterschie­de zu überwinden – und nicht darum, diese zu zementiere­n.“André Bochow

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FOTO: DPA

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