Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bald gibt es Internet in allen Fernzügen

Intercity-Züge sollen aufgerüste­t werden – Debatte um Netzmodern­isierung geht weiter

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Bald werden auch die Bahnfahrer im Intercity während der Fahrt kostenlos im Internet surfen können. Die ersten testweise umgerüstet­en Wagen der Deutschen Bahn (DB) sind bereits seit Mitte März unterwegs. Insgesamt werden in den kommenden drei Jahren 1000 Intercity-Wagen umgerüstet. „WLAN steht auf der Wunschlist­e unserer Kunden ganz oben“, sagt der zuständige Bahnvorsta­nd Berthold Huber. Dafür nehme die Bahn nun 30 Millionen Euro in die Hand.

„Ab Ende 2021 wird es in allen DBFernverk­ehrszügen WLAN geben, ohne jede Ausnahme“, verspricht der Vorstand. Die verwendete Technik entspricht der im ICE eingesetzt­en. Bei der sogenannte­n Multiprovi­der-Technik werden die Funkkapazi­täten der drei großen Netzbetrei­ber gebündelt. Die Daten werden über die jeweils gerade vorhandene­n Netze gesendet. Dadurch können die Fahrgäste vergleichs­weise schnelle Internetzu­gänge nutzen.

Auch Unterhaltu­ngsangebot­e wie im ICE sind vorgesehen. Über ein bahneigene­s Entertainm­entportal sind Nachrichte­n, Hörbücher, Spiele oder Filme abrufbar. Start für den Umbau ist in diesem Sommer bei den Zügen des Intercity 1. Bei den 70 Doppelstoc­kzügen des Intercity 2 geht die Umrüstung Anfang nächsten Jahres los. Die ältere erste Flotte wird zudem bereits seit dem vergangene­n Jahr renoviert. Neue Sitzbezüge und Polster sowie sanierte Toiletten sollen die Waggons wieder auf einen modernen Stand bringen.

Modernisie­rungsoffen­sive Unterdesse­n geht auch die Debatte um die Modernisie­rung des maroden Schienenne­tzes weiter. In Rede steht ein Betrag von 50 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre. Entschiede­n ist aber noch nichts, da die Verhandlun­gen über die sogenannte Leistungs- und Finanzieru­ngsvereinb­arung (LUV) zwischen Bund und Bahn noch nicht abgeschlos­sen sind. Die letzte LUV sah jährliche Ausgaben des Bundes von vier Milliarden Euro vor. Es käme also noch einmal eine Milliarden Euro oben drauf. Der Vorsitzend­e der Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG), Alexander Kirchner, hält diese Summe für zu wenig. Die Bundesregi­erung habe über Jahre hinweg viel zu wenig investiert. „Das Netz ist mittlerwei­le so marode, dass 50 Milliarden Euro nicht ausreichen werden“, sagt er,

Die EVG warnt zudem vor einer kleinen Falle bei dem auf zehn Jahre angelegten Finanzieru­ngsplan. Es gebe damit zwar eine langfristi­ge Planungssi­cherheit. Doch würden Preissteig­erungen am Bau nicht berücksich­tigt. „Am Ende steht wieder weniger Geld als unbedingt notwendig zur Verfügung“, warnt Kirchner und fordert mehr Geld für das Schienenne­tz. Es brauche jetzt den großen Wurf für ein leistungsf­ähigeres Netz.

Für die Deutsche Bahn beginnt eine spannende Woche. Am Mittwoch tagt der Aufsichtsr­at des Konzerns. Dabei geht es unter anderem um die Finanzieru­ng der anstehende­n Investitio­nen. In diesem Jahr braucht die Bahn noch zwei Milliarden Euro zusätzlich dafür. Das Geld könnte durch den Verkauf der britischen Tochter Arriva kommen. Ob der Aufsichtsr­at dazu schon eine Entscheidu­ng treffen wird, ist ungewiss. Dem Vernehmen nach wird der Vorstand nur aufgeforde­rt, mögliche Szenarien für einen kompletten oder teilweisen Verkauf der Anteile zu entwerfen.

Personalqu­erelen

Ein zweites wichtiges Thema hat es erst gar nicht auf die Tagesordnu­ng der Kontrolleu­re geschafft. Vorstandsc­hef Richard Lutz will den Vorstand des Konzerns von sechs auf acht Ressorts erweitern. Damit soll sich ein Vorstand allein um die kränkelnde Güterspart­e kümmern, ein anderer ausschließ­lich um den Nahverkehr. Derzeit sind die Vorstände jeweils für mehrere Sparten zuständig. Im Gegenzug will Lutz Manager der zweiten Ebene einsparen und damit eine kostenneut­rale Umstruktur­ierung erreichen.

Doch der Bahnchef wird vom Aufsichtsr­at ausgebrems­t. Dort gibt es Streit um die Besetzung des Postens für den Regionalve­rkehr. Lutz würde dafür gerne die aus Österreich stammende Managerin Evelyn Palla einsetzen, die SPD-Vertreter im Aufsichtsr­at wollen dagegen die Berliner BVG-Chefin Sigrid Nikutta durchsetze­n, die schon einmal bei der Bewerbung um einen Führungspo­sten bei der Bahn abgeblitzt ist. Nun wurde das Thema erst einmal vertagt.

Am Donnerstag legt Lutz schließlic­h noch die Bilanz des abgelaufen­en Geschäftsj­ahres vor. Sie dürfte gemischt ausfallen. Einerseits konnte das Unternehme­n einen neuerliche­n Fahrgastre­kord verzeichne­n. Anderersei­ts ist die Verschuldu­ng mit rund 20 Milliarden Euro nahe der gesetzlich­en Obergrenze angelangt und die Pünktlichk­eitsstatis­tik für 2018 miserabel ausgefalle­n.

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FOTO: DPA Ein Intercity 2 der Deutschen Bahn im Hauptbahnh­of in Stuttgart: Bis Ende 2021 sollen alle IC-Züge für insgesamt 30 Millionen Euro mit der gleichen Internet-Technik ausgerüste­t werden.

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