Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Einfach ist es nie“

Singer-Songwriter Axel Bosse gibt Details aus seinem Künstlerle­ben preis

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Songwriter Axel Bosse ist derzeit mit seinem aktuellen Album „Alles ist jetzt“auf Tour und tritt am 22. Juni beim Southside in Neuhausen ob Eck auf. Den Titel seines siebten Albums nimmt Bosse ziemlich wörtlich. Jetzt ist für ihn die richtige Zeit Haltung zu zeigen. Jetzt ist es Zeit, dass möglichst viele Menschen aufstehen und für Gerechtigk­eit einstehen. Im Interview mit EvaMaria Peter spricht der 39-Jährige über sein aktuelles Album und sein Leben als Musiker.

Dein aktuelles Album „Alles ist jetzt“schildert deine Sicht auf die Gegenwart. Wie definierst du dich heute als Künstler und Musiker?

Es hat sich eigentlich nicht so richtig viel verändert in den 15 Jahren. Ich habe angefangen, Musik zu machen, weil ich mich dabei immer besonders frei gefühlt habe und besonders gut und energetisc­h. Das ist heute noch so. Es gibt einfach keine Grenzen in der Musik. Es wird sich auch nie ändern, dass ich nicht so richtig weiß, wie es nach einem Album weitergehe­n soll und so fange ich immer wieder bei null an.

Lernt ein Musiker nicht aus Erfahrung?

Ich weiß jetzt mittlerwei­le schon, wie meine Sprache ist und wie ich am authentisc­hsten bin. Aber das alles zu Papier zu bringen, ist eine Herausford­erung. Das sehen erfahrene Musiker wie Sting ähnlich.

Du hast mittlerwei­le dein siebtes Studioalbu­m veröffentl­icht. Gibt es da Parallelen zum verflixten siebten Jahr in der Ehe?

Das siebte Album fiel mir total leicht. Ich hatte Probleme beim Album davor. Bei „Engtanz“ist mir alles schwergefa­llen. Ich hatte eine kleine Krise. Aber durch echt harte Arbeit, habe ich es dann auch geschafft.

Ursprüngli­ch hattest du ein Album zum Thema Familie geplant…

Das stimmt. Ich habe anfangs nur Familien-Lieder geschriebe­n. Dann hareichen. be ich mich gefreut, weil ich fand, über das Thema Familie wurde eigentlich noch gar nicht so oft gesungen. Da steckt aber total viel Potenzial drin. Krisen, Gefühle, das Früher und das Heute und das vielleicht Übermorgen und das Älterwerde­n und das Mal-jung-gewesen-Sein. Dann habe ich aber schon beim vierten Song gemerkt, dass es doch zu eindimensi­onal wäre.

Und dann kam dein Bedürfnis, Haltung zu zeigen …

Der Rechtsruck in den letzten zwei, drei Jahren ist erschrecke­nd. Es ist mir einfach ein Bedürfnis, Haltung zu zeigen. Ich bin nicht Musiker geworden, weil ich immer groß über Politik singen wollte. Aber der Hauptgrund, warum ich überhaupt als Musiker arbeiten kann ist, dass ich in einem tollen demokratis­chen System und in Freiheit lebe.

Was sind Themen, die dich grundsätzl­ich als Musiker beschäftig­en?

Ich will über Gesellscha­ft singen, über Liebe und über das Verlorense­in, über Freude und Glück und so. Mir ist aber dann irgendwann klargeword­en, dass es jetzt höchste Zeit ist, meine Haltung irgendwie in Songs zu packen.

2014 hast du bei der Echo-Verleihung Nazis den Stinkefing­er gezeigt. Welche Gefühlslag­e passt zur aktuellen politische­n Lage?

Die politische Lage ist ziemlich verworren und es ist alles sehr extrem geworden. Gut finde ich, dass die Entscheide­r von morgen ganz schön politisch aktiv sind. Ich habe das Gefühl, dass die Jugend schon vom Sofa aufsteht. Die Aktion „Fridays for Future“ist da sicherlich auch ein gutes Beispiel. Ich hoffe einfach auf eine Generation, die offener ist.

Inwiefern verpflicht­en sich Personen im Rampenlich­t dazu, sich sozial oder politisch zu engagieren?

Für mich war das überhaupt nie eine Frage. Ich glaube, wenn sich Musiker äußern, kann man so viele Leute er- Denn Musik ist ja eine empathisch­e, bunte Sache. Wenn ich mich politisch äußere, wie auf diesem Album, dann ist das auch für gute Leute ein Ansatz, endlich mal politisch zu werden.

Du wirkst immer fröhlich. Was macht das Leben gefühlt so einfach für dich?

Einfach ist es nie, aber ich habe auf jeden Fall genug Energie, dass ich da auch aus härteren Tagen gute Sachen ziehen kann. Und ansonsten ist meine Geheimwaff­e schon immer der Humor. Ganz viele Sachen, über die sich andere aufregen, kann ich mit Humor nehmen.

Hilft dir manchmal auch Musik, bestimmte Gefühlslag­en zu verarbeite­n?

Musik ist ein totaler Verstärker und gibt immer Energie. Ich höre total viel Musik und ich sitze ganz viel an der Gitarre. Das Gute am Musikhören ist einfach, dass man sich innerhalb von ganz kurzer Zeit irgendwo anders hinbeamen kann. Mit Musik kann ich im Moment sein, ohne etwas verdrängen zu müssen.

Welche Musik hörst du privat?

Ich höre im Moment ganz viel Billie Eilish mit meiner Tochter. Billie Eilish könnte so ein bisschen der neue Kurt Cobain werden. Weil es tief ist und total toll und geschmackv­oll. Endlich mal wieder jemand Junges, der tolle Musik macht.

Hast du selber ein Vorbild?

Für mich war es damals auf jeden Fall Kurt Cobain. Sonst hatte ich nie so wirkliche Vorbilder. Ich fand immer entweder Trommler oder Frontmänne­r und Frontfraue­n toll.

Welchen Satz würdest du denn gerne über dich in der Zeitung lesen?

„Bosse ist ein guter Typ“.

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FOTO: TIM BRÜNING „Ich hoffe auf eine Generation, die offener ist“, sagt Bosse zur aktuellen politische­n Lage.

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