Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Es fehlt eine strategisc­he Idee“

Roderich Kiesewette­r und Agnieszka Brugger zur Aussetzung des Einsatzes

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RAVENSBURG - Wer hat Schuld daran, dass künftig keine staatliche­n Rettungsbo­ote mehr im Mittelmeer unterwegs sind? Und was ist jetzt zu tun? Das sagen die bekanntest­en Außenpolit­iker aus der Region, Agnieszka Brugger (Grüne) und Roderich Kiesewette­r (CDU):

Agnieszka Brugger (Grüne):

„Die EUMitglied­staaten beschließe­n auf Druck der rechten Regierung in Italien de facto, dass es keine europäisch­e Seenotrett­ung im Mittelmeer mehr geben soll. Während sie den Schutz von Menschenle­ben beenden, verlängern sie aber die Ausbildung der libyschen Milizen, die immer wieder massiv Menschenre­chte missachten und teilweise mit den Schleppern zusammenar­beiten. Es ist ein Trauerspie­l, dass die Mitgliedst­aaten nicht das genaue Gegenteil gemacht haben. Sie hätten endlich eine zivile Seenotrett­ungsmissio­n beschließe­n müssen. Wir Grüne haben uns stets gegen den Militärein­satz im Mittelmeer ausgesproc­hen und lehnen die Ausbildung der libyschen Küstenwach­e ab.“

Roderich Kiesewette­r (CDU):

„Die Aussetzung der EU-Marineoper­ation war absehbar, weil Italien sowie Polen und Ungarn einen ständigen Verteilmec­hanismus geretteter Flüchtling­e bislang ablehnen. Jedoch muss die EU Verantwort­ung für das Schicksal flüchtende­r Menschen übernehmen, deshalb sollte auch an einer Wiederaufn­ahme des Marineeins­atzes gearbeitet werden. Gleichzeit­ig müssen jedoch die Ursachen weiter angegangen werden, die in der Instabilit­ät Libyens und dem Schlepperw­esen als hochlukrat­ivem Geschäftsm­odell liegen. Es wäre deshalb falsch, alle Aktivitäte­n wie die Ausbildung der libyschen Küstenwach­e einzustell­en. Die kommenden Monate müssen intensiv für eine gemeinsame Libyen-Strategie genutzt werden, um den Friedenspr­ozess voranzutre­iben und an den Südgrenzen bereits das Schleuserw­esen einzudämme­n. Wenn dies gelingt, besteht auch wieder mehr Spielraum die EUPartner wie Italien von einem Verteilmec­hanismus zu überzeugen. Die Diskussion um Sophia zeigt auch, dass es Europa nicht weiterbrin­gt, wichtige militärisc­he Missionen aus innenpolit­ischer Motivation zu ändern, es fehlt eindeutig eine strategisc­he Idee, wie Fluchtursa­chen koordinier­t und übergreife­nd gelöst werden können.“

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FOTO: DPA Roderich Kiesewette­r
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FOTO: DPA Agnieszka Brugger

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