Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Bahn-Tochter Arriva soll verkauft werden
Verkauf könnte die Finanznöte des Konzerns erheblich vermindern
BERLIN (wom/sz) - Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn peilt einen Verkauf oder Teilverkauf des Auslandsgeschäftes im Personenverkehr an. Dies teilte das Unternehmen im Anschluss an eine Sitzung des Kontrollgremiums mit. Es geht um das britische Tochterunternehmen Arriva, dem zweitgrößten Verkehrsunternehmen auf der Insel. Der Vorstand solle verschiedene Optionen für einen Verkauf vorantreiben. Die Einnahmen würden den Anstieg der Verschuldung der Bahn begrenzen und Arriva die Möglichkeit zu weiterem Wachstum ermöglichen.
Experten schätzen den Wert von Arriva auf vier Milliarden Euro. Allerdings würde der Erlös auch von der Entwicklung nach dem Brexit abhängen. Ein Verfall des britischen Pfundes könnte den Ertragswert von Arriva beispielsweise schmälern. Der Vorstand wird nun prüfen, ob er Investoren für die Veräußerung eines Teils oder der gesamten Beteiligung findet. Dann muss der Aufsichtsrat erneut eine Entscheidung treffen.
Arriva ist eine recht erfolgreiche Beteiligung der Bahn. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das Unternehmen mit rund 53 000 Beschäftigten fast 5,5 Milliarden Euro und einen vermutlich dreistelligen Millionengewinn. Rund 300 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern brachte die Beteiligung 2017 ein. Das Ergebnis des vergangenen Jahres wird Bahnchef Rüdiger Lutz auf der Bilanzpressekonferenz an diesem Donnerstag verkünden. Doch der Verkauf des Gewinnbringers ist eine der wenigen Möglichkeiten, zusätzliches Geld aufzubringen. Die Deutsche Bahn braucht dringend Kapital für die anstehenden Investitionen. Allein in diesem Jahr gibt es ein Loch von rund zwei Milliarden Euro in der Finanzplanung. Da die Obergrenze der Verschuldung des Konzerns mit 20 Milliarden Euro wohl schon erreicht ist, müssen die Investitionen ohne zusätzliche Kredite geschultert werden. Details dazu werden auch am Donnerstag veröffentlicht.
Unterdessen berichtete die „Stuttgarter Zeitung“, dass das Projekt Stuttgart 21 wohl erneut teurer wird als veranschlagt. Ínternen Unterlagen der Bahn-Spitze zufolge drohten weitere Kosten- und Terminrisiken beim Bau des Tiefbahnhofs in der Stadtmitte sowie den insgesamt 59 Kilometer langen Tunneln im geologisch heiklen und wasserreichen Untergrund. Experten würden befürchten, dass die Kosten für das Gesamtprojekt von zwölf auf 15 Milliarden Euro steigen werden, hieß es.