Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Langenargen baut auf Gestaltungsbeirat
Architektenkammer informiert, wie externe Fachleute dazu beitragen können, die lokale Baukultur zu stärken
LANGENARGEN - Größe, Anordnung, Fassade: Auch in Langenargen werden Bauvorhaben kontrovers diskutiert, und zwar von Gemeinderat und Bürgern. Halten sich Bauherren an das Baurecht, ist nicht viel zu machen. In allen anderen Fällen, gibt es Möglichkeiten, auf die Planung einzuwirken. Eine, die immer mehr Kommunen nutzen: ein Gestaltungsbeirat mit externen Fachleuten. Was dahinter steckt, war am Montagabend Thema einer Informationsveranstaltung im Münzhof.
Die Initiative ging von den Fraktionen des Langenargener Gemeinderates aus, Veranstalter war die Kammergruppe Bodenseekreis der Architektenkammer Baden-Württemberg. Eine Mischung, die für einen gut besuchten Münzhof sorgte. Unter den Besuchern: Gemeinderäte, Verwaltungsmitarbeiter, Bürger, die sich für die Entwicklung ihres Ortes interessieren, und einige Architekten. „Baukultur geht uns alle an“, lautete der Titel der Veranstaltung, die Dietmar Kathan, Vorsitzender der Kammergruppe, eröffnete. Ein Ziel sei es, die Angst vor dem Gestaltungsbeirat zu nehmen und vielmehr den Mehrwert darzustellen.
Dass Architektur im Blickwinkel des Betrachters liegt, betonte der Bürgermeister: „Was den einen maximal erfreut, lässt den anderen kalt.“Trotzdem zeigte sich Achim Krafft sehr offen für eine Unterstützung von außen, um das Erscheinungsbild der Gemeinde zu erhalten und gleichzeitig weiterzuentwickeln. Was nicht zuletzt daran lag, dass der Wettbewerb für die Gestaltung des neuen Feuerwehrgebäudes im vergangenen Jahr ihm zufolge äußerst positive Erfahrungen gebracht hat. In der Kommission, die den Sieger kürte, saßen drei externe Fachberater.
Carmen
Mundorff, Geschäftsführerin der Architektenkammer, hob die große Verantwortung hervor, die Bauherrenschaft, Planer, aber auch Gemeinderäte und Verwaltung tragen, wenn es um neue Projekte und vor allem ortsbildprägende Gebäude geht. Ein Gestaltungsbeirat könne bei Fragen der Architektur beraten, die Interessen der Öffentlichkeit wahren und zwischen den verschiedenen Gruppen vermitteln.
Beratung auf Leihbasis
2012 nutzten 14 Kommunen das Angebot. Jetzt sind es bereits 39, berichtete Carmen Mundorff. 22 von ihnen erhielten eine Förderung des Landes. Eine Kommune, die sich nicht direkt festlegen will, könne sich zunächst einen mobilen Gestaltungsbeirat bei der Architektenkammer leihen. Das unabhängige Expertengremium beurteile Vorhaben, die vorgelegt werden und berate. Die Unabhängigkeit sei gewährt, weil Architekten, Stadtplaner oder Landschaftsgärtner, nicht in dem Bereich wohnen, arbeiten oder gerade planen, in dem sie eingesetzt werden. Kostenpunkt: ein Tagessatz in Höhe von 1000 Euro pro Beirat. Eine Investition, die sich laut Geschäftsführerin Mundorff auf alle Fälle lohnen sollte, nicht umsonst stellte sie fest: „Architektur umgibt uns wie eine dritte Haut.“
Radolfzell hat 2013 mobil angefangen, seit 2017 ist ein Gestaltungsbeirat institutionalisiert. Das Expertengremium tagt zwei bis dreimal im Jahr, „je nachdem, was städtebaulich geplant ist“, sagte Thomas Nöken, Leiter des Baudezernats. In dem Gremium sitzen neben Vertretern der Fraktionen und der Verwaltung drei externe Fachberater, von denen alle zwei Jahre einer ausgetauscht werde, „um für frisches Blut und neue Impulse zu sorgen“. 24 Projekte, angefangen von einzelnen Hochbauten bis zu Stadtquartieren, habe der Gestaltungsbeirat inzwischen beratend begleitet – und zum Teil zu einer qualitativen Änderung beigetragen. „Paradigmenwechsel in der Planung sind möglich“, versicherte Thomas Nöken, der jede Menge Beispiele dafür zeigen konnte.
Grundsätzliche Überlegungen zur Baukultur und Fehlentwicklungen stellte Philip Lutz, Architekt aus Bregenz und selbst Beirat in mehreren österreichischen Gemeinden, an. Seine Schlussfolgerung: „Ich möchte Werbung für Gestaltungsbeiräte machen. Sie bieten für Gemeinden eine gute Möglichkeit, alltägliche Bauprobleme in den Griff zu bekommen.“Der Langenargener Gestaltungsbeirat dürfte nach der Informationsveranstaltung in Sachen Ortsentwicklung auf externe Fachberater setzen.
„Was den einen maximal erfreut, lässt den anderen kalt.“Bürgermeister Achim Krafft