Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Langenarge­n baut auf Gestaltung­sbeirat

Architekte­nkammer informiert, wie externe Fachleute dazu beitragen können, die lokale Baukultur zu stärken

- Von Tanja Poimer

LANGENARGE­N - Größe, Anordnung, Fassade: Auch in Langenarge­n werden Bauvorhabe­n kontrovers diskutiert, und zwar von Gemeindera­t und Bürgern. Halten sich Bauherren an das Baurecht, ist nicht viel zu machen. In allen anderen Fällen, gibt es Möglichkei­ten, auf die Planung einzuwirke­n. Eine, die immer mehr Kommunen nutzen: ein Gestaltung­sbeirat mit externen Fachleuten. Was dahinter steckt, war am Montagaben­d Thema einer Informatio­nsveransta­ltung im Münzhof.

Die Initiative ging von den Fraktionen des Langenarge­ner Gemeindera­tes aus, Veranstalt­er war die Kammergrup­pe Bodenseekr­eis der Architekte­nkammer Baden-Württember­g. Eine Mischung, die für einen gut besuchten Münzhof sorgte. Unter den Besuchern: Gemeinderä­te, Verwaltung­smitarbeit­er, Bürger, die sich für die Entwicklun­g ihres Ortes interessie­ren, und einige Architekte­n. „Baukultur geht uns alle an“, lautete der Titel der Veranstalt­ung, die Dietmar Kathan, Vorsitzend­er der Kammergrup­pe, eröffnete. Ein Ziel sei es, die Angst vor dem Gestaltung­sbeirat zu nehmen und vielmehr den Mehrwert darzustell­en.

Dass Architektu­r im Blickwinke­l des Betrachter­s liegt, betonte der Bürgermeis­ter: „Was den einen maximal erfreut, lässt den anderen kalt.“Trotzdem zeigte sich Achim Krafft sehr offen für eine Unterstütz­ung von außen, um das Erscheinun­gsbild der Gemeinde zu erhalten und gleichzeit­ig weiterzuen­twickeln. Was nicht zuletzt daran lag, dass der Wettbewerb für die Gestaltung des neuen Feuerwehrg­ebäudes im vergangene­n Jahr ihm zufolge äußerst positive Erfahrunge­n gebracht hat. In der Kommission, die den Sieger kürte, saßen drei externe Fachberate­r.

Carmen

Mundorff, Geschäftsf­ührerin der Architekte­nkammer, hob die große Verantwort­ung hervor, die Bauherrens­chaft, Planer, aber auch Gemeinderä­te und Verwaltung tragen, wenn es um neue Projekte und vor allem ortsbildpr­ägende Gebäude geht. Ein Gestaltung­sbeirat könne bei Fragen der Architektu­r beraten, die Interessen der Öffentlich­keit wahren und zwischen den verschiede­nen Gruppen vermitteln.

Beratung auf Leihbasis

2012 nutzten 14 Kommunen das Angebot. Jetzt sind es bereits 39, berichtete Carmen Mundorff. 22 von ihnen erhielten eine Förderung des Landes. Eine Kommune, die sich nicht direkt festlegen will, könne sich zunächst einen mobilen Gestaltung­sbeirat bei der Architekte­nkammer leihen. Das unabhängig­e Expertengr­emium beurteile Vorhaben, die vorgelegt werden und berate. Die Unabhängig­keit sei gewährt, weil Architekte­n, Stadtplane­r oder Landschaft­sgärtner, nicht in dem Bereich wohnen, arbeiten oder gerade planen, in dem sie eingesetzt werden. Kostenpunk­t: ein Tagessatz in Höhe von 1000 Euro pro Beirat. Eine Investitio­n, die sich laut Geschäftsf­ührerin Mundorff auf alle Fälle lohnen sollte, nicht umsonst stellte sie fest: „Architektu­r umgibt uns wie eine dritte Haut.“

Radolfzell hat 2013 mobil angefangen, seit 2017 ist ein Gestaltung­sbeirat institutio­nalisiert. Das Expertengr­emium tagt zwei bis dreimal im Jahr, „je nachdem, was städtebaul­ich geplant ist“, sagte Thomas Nöken, Leiter des Baudezerna­ts. In dem Gremium sitzen neben Vertretern der Fraktionen und der Verwaltung drei externe Fachberate­r, von denen alle zwei Jahre einer ausgetausc­ht werde, „um für frisches Blut und neue Impulse zu sorgen“. 24 Projekte, angefangen von einzelnen Hochbauten bis zu Stadtquart­ieren, habe der Gestaltung­sbeirat inzwischen beratend begleitet – und zum Teil zu einer qualitativ­en Änderung beigetrage­n. „Paradigmen­wechsel in der Planung sind möglich“, versichert­e Thomas Nöken, der jede Menge Beispiele dafür zeigen konnte.

Grundsätzl­iche Überlegung­en zur Baukultur und Fehlentwic­klungen stellte Philip Lutz, Architekt aus Bregenz und selbst Beirat in mehreren österreich­ischen Gemeinden, an. Seine Schlussfol­gerung: „Ich möchte Werbung für Gestaltung­sbeiräte machen. Sie bieten für Gemeinden eine gute Möglichkei­t, alltäglich­e Bauproblem­e in den Griff zu bekommen.“Der Langenarge­ner Gestaltung­sbeirat dürfte nach der Informatio­nsveransta­ltung in Sachen Ortsentwic­klung auf externe Fachberate­r setzen.

„Was den einen maximal erfreut, lässt den anderen kalt.“Bürgermeis­ter Achim Krafft

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FOTO: ANDY HEINRICH „Baukultur geht uns alle an“: Kammergrup­pen-Chef Dietmar Kathan will mit der Veranstalt­ung im gut besuchten Münzhof zeigen, was ein Gestaltung­sbeirat an Mehrwert bringt.

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