Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Erst mehr Qualität schaffen, dann Ein-Euro-Ticket prüfen
Kreistag führt in letzter Sitzung vor Wahlen Debatte über Nahverkehr - Landrat warnt: Pferd nicht von hinten aufzäumen
FRIEDRICHSHAFEN - Der Kreistag will zunächst „Quantität und Qualität“im öffentlichen Personennahverkehr stabil verbessert wissen und erst dann an günstigere Tarife ran. Hintergrund der Diskussion am Montag war ein Antrag der SPD (wir berichteten), die Einführung eines Ein-Euro-Tickets sowie eines 365Euro-Jahrestickets zu prüfen. Zuvor soll die Kreisverwaltung ausarbeiten, welche Verbesserungen im ÖPNV des Landkreises auf Basis des geltenden Nahverkehrsplanes realisierbar wären, wenn der Kreistag den jährlichen Zuschuss um eine Million Euro erhöhen würde.
„Was bei uns fehlt, ist Qualität und Quantität“, appellierte Landrat Lothar Wölfle an die Kreistagsmitglieder, das Pferd nicht von hinten aufzuzäumen und nicht zunächst in monetäre Themen einzusteigen. Untersuchungen des bodo haben ergeben, dass sich die direkten Erlösauswirkungen für das Ein-Euro-Ticket verbundweit auf grob zwei Millionen Euro belaufen würden, für das 365-Euro-Ticket auf fünf Millionen. Die indirekten Erlösauswirkungen werden danach beim Ein-Euro-Ticket - vor allem aus der Abwanderung aus Zeitkartenangeboten - mit zwei Millionen Euro veranschlagt. Die Einbußen beliefen sich bei gleichbleibenden Fahrgastzahlen beim 365-Euro-Jahresticket durch das Unterlaufen des Schülerverkehrs und dem Verlust von Ausgleichsmitteln des Landes sogar auf zehn Millionen Euro für den Bodenseekreis.
Die Kreisverwaltung kam bei ihrer Prüfung zu dem Schluss, dass die Förderung eines Ein-Euro-Tickets beziehungsweise eines 365-EuroJahrestickets zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn mache. Das Ziel, den Anteil der ÖPNV-Nutzung zu steigern, werde durch diese Maßnahme nicht oder nur unzulänglich erreicht. Die damit verbundenen Kosten stünden in keinem Verhältnis zum erreichten Nutzen. Der richtige Ansatz, so die Verwaltung, sei der Antrag der CDUKreistagsfraktion, den Ausbau des ÖPNV als vordringliches Ziel zu sehen. Ziel sollte es danach sein, eine flächendeckende und eng vertaktete Anbindung sämtlicher Kreisgemeinden mit ihren Ortsteilen innerhalb des ÖPNV-Netzes des Bodenseekreises auch jenseits der an die Schiene angebundenen Gemeinden und Ortsteile zu erreichen.
In einem ersten Schritt, so die Verwaltung, solle zunächst das ÖPNV-Bedienungsangebot verbessert werden. Dies erfolge durch bereits angestoßene Projekte wie der Einrichtung einer RegioBus-Linie Ravensburg-Markdorf-Konstanz, der Fortsetzung des Kreis-Förderprogramms „emma“und der Verdichtung im Raum Markdorf im Zuge der B 31/Kluftern. Weitere Maßnahmen könnten die Einrichtung eines 15-Minuten-Takts auf der SeeLinie zwischen Friedrichshafen und Überlingen während der Tourismussaison, der Ausbau des Städteschnellbusses Friedrichshafen – Konstanz zur RegioBus-Linie, Berufsbusse direkt zu den Großbetrieben ZF, MTU und Airbus, eine weitere Verdichtung des neuen Konzepts der Firma Strauss im östlichen Kreisgebiet, die Überplanung des Kreisgebiets mit bedarfsgesteuerten Verkehren zu Tagesrandlagen oder der Ausbau des Nachtbusangebots Richtung Ravensburg sein.
In seiner letzten Erklärung nach 30 Jahren im Kreistag erinnerte Kreisrat Roland Weiß für die Freien Wähler an das Geschaffene in Sachen ÖPNV und betonte, „unter der schrittweisen Verbesserung der Fahrpreise begrüßen wir die im Aufsichtsrat des bodo-Verbundes beschlossene Weiterentwicklung des Verbundtarifs mit dem Ziel, noch mehr Fahrgäste für die Nutzung des ÖPNV-Angebots zu gewinnen“.