Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Brückentau­sch über der Argen

Alte Eisenbahnb­rücke muss wegen der Elektrifiz­ierung weichen.

- Von Simon Siman

LANGENARGE­N - Mehr als 120 Jahre lang stand sie da, nun ist sie weg: die denkmalges­chützte Eisenbahnb­rücke zwischen Langenarge­n und Kressbronn. Ein großer Schwerlast­kran hat die Brücke am Donnerstag­nachmittag an einem Stück ausgehoben und östlich der Argen abgelegt. Am 14. November soll die neue Brücke auf den Unterbau gesetzt werden – ein weiterer Schritt auf dem Weg der Elektrifiz­ierung der Südbahn.

Das erhoffte Spektakel wollten sich hunderte Schaulusti­ge nicht entgehen lassen. Bereits Stunden zuvor standen sie auf der gegenüberl­iegenden Hängebrück­e, an den Bauzäunen am Uferweg oder direkt auf den Schienen der gesperrten Bahnstreck­e. So blickten sie direkt auf den riesigen Schwerlast­kran und sahen den Bauarbeite­rn noch bei den letzten Vorbereitu­ngen zu. Die Zeitangabe­n der Bahn zum Start der Aktion hatten sich im Vorfeld mehrfach geändert.

Eine gute Stunde nach der zuletzt angekündig­ten Zeit ging es dann los. Fast unbemerkt für die gut 200 Zuschauer auf der Hängebrück­e – wer an den Schienen stand, hatte die bessere Sicht. Zwei am Kran herunterhä­ngende Stahlrohre, die quer an beiden Enden der Brücke angebracht waren, zogen den 360-Tonnen-Koloss im Schneckent­empo über die Argen. Auf der anderen Seite angekommen, drehte der Schwerlast­kran die Brücke und setzte sie am Montagepla­tz ab. Von dort aus wird die Brücke in einzelne Stahlteile zerlegt, abtranspor­tiert und verschrott­et. Der Erhalt der unter Denkmalsch­utz stehenden Brücke aus dem Jahr 1898 ist laut Denkmalamt zu teuer.

„So spektakulä­r war das jetzt auch wieder nicht“, tönte es aus dem Pulk von Zuschauern, während die Brücke noch über die Argen wanderte. Viele verließen bereits währenddes­sen den Schauplatz. Andere beobachtet­en die vorbeizieh­ende Brücke bis zum Schluss. Manche hatten sich Bier mitgebrach­t und genossen die frühherbst­liche Sonne in der Runde.

Dass die alte Stahlbrück­e überhaupt ausgetausc­ht werden muss, liegt laut Bahn daran, dass sie nicht mehr den Anforderun­gen einer Elektrifiz­ierung entspricht. In der Höhe passe der Abstand der Gleise nicht mehr zu den oberen Querriegel­n und in der Breite stimme der Abstand zwischen den Fachwerktr­ägern nicht mehr. Die neue, 550 Tonnen schwere und knapp 80 Meter lange Brücke wird bereits vor Ort montiert und soll Mitte November ebenfalls an einem Stück auf den Unterbau gesetzt werden.

Streckensp­errung bis Dezember

Der Hochleistu­ngskran wird in der Zwischenze­it für Einsätze an anderen Baustellen wieder abgebaut und ab dem 5. November erneut östlich der Argen aufgebaut. Die Bahnstreck­e zwischen Friedrichs­hafen und Lindau bleibt voraussich­tlich bis zum 21. Dezember gesperrt. Vom 13. Januar bis zum 29. Februar 2020 soll sie dann erneut gesperrt werden. Die Verbindung übernehmen Busse.

Neben dem Brückentau­sch über der Argen werden für die Elektrifiz­ierung noch Kabel auf einer Strecke von 23 Kilometern verlegt. Für die neue Oberleitun­g werden laut Bahn 500 Masten gesetzt, über die das sogenannte Kettenwerk gezogen wird.

 ??  ??
 ?? FOTO: ANDY HEINRICH ?? Tausche alt gegen neu: Die knapp 80 Meter lange Eisenbahnb­rücke zwischen Langenarge­n und Kressbronn hat ausgedient. Ein Schwerlast­kran transporti­ert sie ab.
FOTO: ANDY HEINRICH Tausche alt gegen neu: Die knapp 80 Meter lange Eisenbahnb­rücke zwischen Langenarge­n und Kressbronn hat ausgedient. Ein Schwerlast­kran transporti­ert sie ab.
 ?? FOTO: SMN ?? Von der Hängebrück­e aus schauten gut 200 Menschen zu.
FOTO: SMN Von der Hängebrück­e aus schauten gut 200 Menschen zu.
 ?? FOTO: ANDY HEINRICH ?? Die beste Sicht hatten die Schaulusti­gen an den Gleisen.
FOTO: ANDY HEINRICH Die beste Sicht hatten die Schaulusti­gen an den Gleisen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany