Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Von der Residenz bis zum Hospiz
Senioren informieren sich über Wohnformen im Alter – Infos auch für junge Leute wichtig
TETTNANG - Im Alter im Eigentum wohnen bleiben, in eine Wohngemeinschaft oder doch lieber ins Seniorenwohnheim umziehen. Wohnformen fürs Alter gibt es viele verschiedene. Doch welche die beste ist, müsse jeder selbst entscheiden, sagt Angelika Drießen, sie betreut für die Bruderhaus Diakonie mehrere Seniorenunterkünfte. Gemeinsam mit dem pensionierten Architekten Paul Fundel informierte sie in St. Johann über verschiedene Optionen im Alter.
„Wir wollen, dass Sie so lange wie möglich selbstständig bleiben“, sagt Drießen. Vor ihr sitzen knapp 20 Personen mit erwartungsvollen Gesichtern. Die meisten sind schon ergraut, an der Wand lehnt eine Krücke, junge Menschen sind keine dabei. „Die Informationen, die wir Ihnen heute geben, betreffen nicht nur Sie. Auch für junge Leute, die gerade ein Haus bauen sind sie interessant“, sagt Fundel mit einem Blick in die Runde. Schließlich solle ein Eigenheim auch so lange wie möglich bewohnbar bleiben. Denn Stolperfallen drohen überall. „Bei der Planung nicht ans Alter zu denken, ist kurzsichtig“, sagt er.
Um seine Aussage zu bekräftigen, hat der Architekt jede Menge Tipps und Beispiele mitgebracht. Anhand von Bildern zeigt er, welche Fehler bei der Planung unbedingt vermieden werden sollten. Darunter findet sich immer wieder die Badgestaltung. Badewannen oder eine Mischung aus Dusch- und Badewanne, wie sie in der 60er-Jahren üblich war, sollten vermieden werden. „Klar, jeder badet gerne. aber was bringt das, wenn man danach nicht mehr aus der Wanne kommt“, sagt Fundel. Wer auch als Senior noch unbeschadet die Morgenhygiene überstehen möchte, sollte also darauf achten, dass die Dusche möglichst ebenerdig ist. Wenn möglich, ist sogar die fünf Zentimeter hohe Kante der heute üblichen niedrigen Duschtassen zu vermeiden.
Doch nicht nur die Höhe der Duscheinstiege ist von Belang. „Gibt es eine Glaswand, sollten die Türen nach außen aufgehen“, sagt Fundel. Denn liege ein Gestürzter hilflos in der Duschkabine, lasse sie sich nach innen nicht mehr öffnen. Auch sollte der Eingang in die Dusche groß genug sein, wenn möglich, können auch Haltegriffe und -stangen nachträglich installiert werden. Insgesamt gilt für das Bad: „Die Norm für Pflegebedürftige einzuhalten ist nahezu unmöglich“, sagt der Architekt, der 30 Jahre im sozialen Wohnungsbau tätig war. Ein luftig geplantes Bad ist aber von Vorteil.
Auch Handläufe tauchen im Vortrag Fundels immer wieder auf. Offenbar sind da die Geschmäcker verschieden, wie auch das Raunen der Zuhörer bei den Bildbeispielen immer wieder bestätigt. Eindeutig ist aber, dass gerade für alte Leute ein durchgehender Handlauf im Treppenhaus wichtig ist. „Der leitet die Person ums Eck“, sagt Fundel. Auch beim Hauseingang sollte an Stufen immer eine lückenlose Möglichkeit zum Festhalten sein. In besonderen Fällen habe er auch schon Zugänge über den Balkon geplant, sagt der Architekt.
Sind alle Hilfsmittel und Angebote wie ambulante Pflegedienste und Nachbarschaftshilfe ausgereizt, sind die Möglichkeiten vielfältig. „Sehen sie sich die Angebote vorher genau an“, rät Drießen den Zuhörern. Dann gebe es auch keine bösen Überraschungen nach dem Einzug. So müsse einem klar sein, dass in einer Alters-Wohngemeinschaft möglicherweise Bad und Küche mit anderen Bewohnern geteilt werden. Dafür habe man aber auch Anschluss. Den kann man auch in Mehrgenerationenhäusern haben. Dort leben Jung und Alt miteinander und helfen sich gegenseitig, zum Beispiel im Tausch Kinderbetreuung gegen Einkaufshilfen. Der „Familienanschluss“sei da inklusive, so Drießen.
Doch auch im Altersheim sei man selten alleine, sagt Drießen. Denn dort gebe es neben der pflegerischen Betreuung meist Angebote wie Singtreffs, Spieleabende oder Sportprogramme. Für den größeren Geldbeutel gibt es Residenzen, in denen es sich lebe wie im Hotel. Wer sich das nicht vorstellen könne, kann sich rechtzeitig um eine Wohnung in einer Anlage für Betreutes Wohnen kümmern. Dort und auch bei Menschen, die noch zu Hause leben, empfiehlt die Expertin, sich bei einem Seniorennotruf anzumelden. Dieser kommt, wenn Alarm ausgelöst wird. Wichtig ist laut Drießen auch die Infrastruktur. Egal in welcher Wohnform man lebe, wenn man eigenständig bleiben möchte sollten gewisse Dinge gegeben sein. Kriterien sind hier zum Beispiel: Sind Fußpflege, Friseur, Hausarzt und Nahverkehr zu Fuß erreichbar. Gibt es Bringdienste, wohnen Freunde und Familie in der Nähe, kann man auf einen Balkon oder in einen Garten? Wer dann noch zusätzlich Vollmachten und Beerdigung geregelt hat, der könne in Ruhe alt werden und dank ambulanter Hospizdienste möglicherweise bis zum Schluss in den eigenen vier Wänden bleiben.
Beratung gibt es bei verschiedenen Sozialdiensten wie der Bruderhausdiakonie unter www.altenhilfe.bruderhausdia konie.de/wohnen-und-pflege/