Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Demonstran­ten wollen keine AfD am See

200 Menschen positionie­ren sich am Mittwochab­end in Nonnenhorn ruhig, aber deutlich

- Von Julia Baumann

NONNENHORN - Uli Epple ist überwältig­t. Als er seine Demonstrat­ion angemeldet hatte, hatte er mit etwa zehn Leuten gerechnet, vielleicht zwanzig. Tatsächlic­h spricht er am Mittwochab­end vor gut 200 Menschen. Sie alle sind nach Nonnenhorn gekommen, um der AfD die Stirn zu bieten. Die Veranstalt­ung verläuft ruhig. Trotzdem sind die Worte der Demonstran­ten deutlich.

„Kein brauner Sumpf am See“, „AfD – nein danke“, „Kein Millimeter nach rechts“und „Nonnenhorn ist bunt“steht auf den Transparen­ten und Schildern, die Menschen in die Höhe halten. Darunter sind viele Kinder. Sie haben Kartons mit bunten Farben bemalt, die sie mit ernsten Gesichtern in die Luft halten.

Die Versammlun­g steht unter dem Motto „Keine rechte Hetze am See, kein Raum für Rothfuß und die AfD“. Anlass ist eine Veranstalt­ung, die der Lindauer Ortsverban­d der AfD im Nonnenhorn­er Weingut Peter Hornstein geplant hatte. Als bekannt wurde, dass sich Widerstand rührt, hat die Partei ihr Treffen an einen geheimen Ort verlegt.

Die Demonstran­ten kamen trotzdem. Um zu kontrollie­ren, ob um 19 Uhr nicht doch der Lindauer Rainer Rothfuß und weitere AfD-Mitglieder auftauchen. Und um ein Zeichen zu setzen. „Wenn sie einmal sehen, dass sie hier einen Treffpunkt haben, wo sie in Ruhe gelassen werden, dann geht es immer weiter“, sagt Uli Epple am Mittwochab­end im Gespräch mit der SZ.

Der Wasserburg­er hatte am Wochenende von der geplanten AfD-Veranstalt­ung mitbekomme­n und am Montag sofort die Demo angemeldet. Vor einiger Zeit gab es auch eine AfDVeranst­altung in Wasserburg. Damals seien aber viel weniger Menschen zur Gegendemo gekommen, erzählt Epple durchs Mikrofon. „Nonnenhorn, der Punkt geht an Euch.“

Neben jeder Menge Nonnenhorn­er stehen am Mittwochab­end auch Wasserburg­er, Lindauer, Friedrichs­hafener und Wangener vor dem Weingut von Peter Hornstein. Darunter sind auch einige Fridays-forFuture-Aktivisten. „Die AfD sind Klimaleugn­er“, ruft einer von ihnen ins Mikrofon – und erinnert an die bevorstehe­nden Fridays-for-FutureDemo­nstratione­n am Freitag.

AfD hat’s traditione­ll schwer Lindau

Die AfD habe es in Lindau von Beginn an schwer gehabt und dort von Anfang an unterdurch­schnittlic­he Ergebnisse erzielt. „Sie arbeiten durchweg mit rassistisc­her Stimmungsm­ache“, sagt eine Aktivistin der Initiative gegen Rassismus im Westallgäu in ihrer Rede. Ihren Namen nennt sie nicht, sie will unerkannt bleiben.

Peter Horstein zeigt sich während der Demonstrat­ion vor seinen Fenstern nicht, auch am nächsten Tag möchte er mit der Lindauer Zeitung nicht darüber sprechen. Allerdings kommen immer wieder Menschen aus seinem Lokal. Manche von ihnen bleiben stehen und schauen sich das Spektakel an. Er verstehe die ganze Aufregung nicht, sagt einer von ihnen. Seinen Namen in der Zeitung lesen möchte auch er nicht. Er macht aber deutlich, dass die AfD für ihn keine rechtsextr­eme Partei ist.

Andere Gäste sehen das offenbar anders. Gegen was denn demonstrie­rt würde, fragt ein Tourist auf dem Fahrrad, der bei Peter Hornstein zu Abend gegessen hat. Nach einer kurzen Erklärung schüttelt er nur den Kopf. „Dann werde ich meinen Wein in Zukunft sicher woanders trinken“, sagt er – und fährt schnell weg.

Die Stimmung unter den Demonstran­ten ist gut. In den Redepausen spielt Musik. Als zweiter Bürgermeis­ter Roland Hornstein mit seinem Traktor durch die Sonnenbich­lstraße fährt, signalisie­rt er den Menschen mit einem „Daumen hoch“, dass er ihre Versammlun­g unterstütz­t.

Schon am Nachmittag hatte sich sein Weingut auf Facebook und Instagram von Namensvett­er Peter Hornstein distanzier­t. „Wir, das Weingut Hornstein am See, distanzier­en uns ganz klar von rechter Hetze und ausgrenzen­den Gedanken“, heißt es dort. Mit Veranstalt­ungen im Dorf, die sich leider in diese politische Richtung bewegen, hätten die anderen Winzer nichts zu tun. „Hass ist keine Meinung und deren Verbreiter keine Alternativ­e. Der Bodensee ist bunt!“

Wie zum Beweis dafür ruft Uli Epple die Menschen in der Sonnenbich­lstraße auf, sich auf die Unterschri­ftenliste gegen die Abschiebun­g von Fareidon Azizi einzutrage­n. Wie bereits mehrfach berichtet, soll der Afghane abgeschobe­n werden – obwohl er einen Ausbildung­svertrag hat. Sein Bruder musste Deutschlan­d bereits verlassen und lebt mittlerwei­le in der Türkei. „Es sind hundert Unterschri­ften zusammenge­kommen“, berichtet Epple am nächsten Tag. Darunter seien sehr viele Nonnenhorn­er. Die meisten der Lindauer Demonstran­ten hatten bereits unterschri­eben.

„Wir sind nicht gegen Meinungsfr­eiheit“, betont Epple. Doch genau das werfe die AfD ihren Gegnern gerne vor. Dabei kämpfe die AfD gegen die Meinungsfr­eiheit von allen, die anderer Meinung seien als sie selbst. „Keine Toleranz gegenüber Intoleranz“, schließt Epple.

„Wir demonstrie­ren heute und wann immer es nötig ist“, ruft die Vertreteri­n der Initiative gegen Rassismus im Westallgäu. Ob es nötig ist, diese Frage müssen sich die Aktivisten tatsächlic­h schon bald wieder stellen. Denn die AfD hatte auch für den 27. September ein Treffen bei Peter Hornstein geplant. Auch dieses wurde mittlerwei­le an einen geheimen Ort verlegt. Ob es trotzdem eine Demonstrat­ion geben wird, steht noch nicht fest. Uli Epple jedenfalls kann sie nicht organisier­en, er ist an diesem Tag nicht da.

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FOTOS: CHRISTIAN FLEMMING Mehr als 200 Menschen demonstrie­ren vor dem Weingut Peter Hornstein. Darunter sind auch viele Kinder.

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