Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Es gab schon immer Wandel“
Theologin Jacqueline Straub ist überzeugt, dass Frauen in der katholischen Kirche auch ins Priesteramt gehören
TETTNANG - In der Stadtbücherei wird Theologin Jacqueline Straub am Internationalen Frauentag über ihren Wunsch sprechen, Priesterin zu werden. Im Interview mit Mark Hildebrandt erklärt sie, warum sie die Zeit für Veränderungen gekommen sieht.
Bis ins Teenager-Alter ist Glaube für Sie nicht von zentraler Bedeutung gewesen. Später sind Sie sogar Theologin geworden. Was war der Auslöser für die Veränderung?
Ich habe in meiner Jugend Gleichaltrige kennengelernt, die einen sehr fröhlichen und offenen Glauben lebten. Ebenso faszinierte mich der Stadtpfarrer, der so predigte, dass ich als Jugendliche alles verstanden habe. Als etwa 15-Jährige spürte ich dann, dass ich Priesterin werden möchte. Da war dann für mich klar, dass ich Theologie studieren werde.
Für manche passen Frauen und die katholische Kirche nicht so recht zusammen. Wieso sagen Sie, dass es Priesterinnen in der römisch-katholischen Kirche geben sollte?
Weil es eine Frage der Gleichberechtigung ist. Wer in die Bibel schaut, sieht, dass Jesus einen emanzipierten Umgang mit Frauen pflegte – und das in einer Zeit, in der Frauen kaum Rechte hatten. Jesus hob sie auf die gleiche Stufe wie die Männer. Er hatte in seiner Nachfolge Männer und Frauen. Maria Magdalena, die für ihn sehr wichtig war, ernannte er sogar zur Auferstehungszeugin. Sie erhielt von Kirchenvätern daher auch den Titel „Apostelin der Apostel“. Dieses gleichberechtigte Miteinander war unter den ersten Christinnen und Christen selbstverständlich. Und auch das Zweite Vatikanische Konzil betonte vor über 50 Jahren, dass Männer und Frauen die gleiche Würde haben und jede Form der Diskriminierung dem Plan Gottes widerspricht.
Was antworten Sie Kritikern, die Angst vor einem solchen Wandel haben und auch weiterhin nur Männer im Priesteramt sehen möchten?
Es gab schon immer Wandel in der Kirche. So, wie wir Kirche heute kennen, war sie nicht immer und ist sie auch heute nicht überall. Vor 70 Jahren sah sie noch ganz anders aus, etwa wurde der Gottesdienst in lateinischer Sprache gefeiert und nicht in der jeweiligen Landessprache. Die ersten Christen feierten anders Gottesdienst als wir heute und im Laufe der Zeit haben sich gewisse „Regeln“auch verändert, da sie nicht mehr zur Zeit passten. Bischöfe und Priester in den ersten Jahrhunderten der Kirche waren etwa verheiratet – so steht in der Bibel, dass ein Bischof ein guter Vater sein soll. Den Zölibat etwa gibt es in der heutigen Form erst seit 800 Jahren. Das Zweite Vatikanische Konzil sprach von den „Zeichen der Zeit“, die immer wieder neu bewertet werden müssen. Keiner muss Angst vor Frauen als Priesterinnen haben – denn in der frühen Kirche gab es diese bereits. Die Tradition der Kirche ist nichts Starres, sondern motiviert uns, innovativ zu handeln und neue Wege aufzubrechen.