Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kleine Shuttle-Busse für das Land?
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen) fordert in Wangen schnelles Handeln beim Klimaschutz
WANGEN - Die Landtagsfraktion der Grünen bekräftigt ihr Ziel, dass im Land binnen der kommenden zehn Jahre 40 Prozent weniger an Treibhausgasen ausgestoßen werden sollen. Die Voraussetzungen dazu seien vorhanden, erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann bei einem Besuch in Wangen: „Jetzt müssen wir es aber machen.“Und dazu skizzierte er konkrete Vorstellungen.
Die Mitglieder der Grünen-Landtagsfraktion waren am Dienstagabend in großer Zahl nach Wangen gekommen. Zahlreiche ihrer Sprecher für die einzelnen Politikbereiche wollten mit Bürgern in den Dialog kommen. Runde Stehtische waren für den direkten Kontakt aufgebaut worden, von Angesicht zu Angesicht und ohne Mikro. Und das Interesse daran war groß, das zeigte der Blick in die gut gefüllte Stadthalle. Vor allem Verkehrsminister Winfried Hermann wurde zeitweise regelrecht belagert.
Zuvor hatte Hermann die Grundzüge aktueller grüner Verkehrspolitik
dargestellt. Und die besagen: Die Energiewende müsse in einer Verkehrsund letztlich eine Mobilitätswende münden: „Wenn wir das nicht schaffen, haben wir vor der Geschichte versagt.“Dabei seien die Bedingungen an sich gut: „Wir haben inzwischen die Technologien in allen Bereichen.“Gleiches gelte für entsprechende Konzepte zu deren Einsatz – aber auch für das mittlerweile veränderte Bewusstsein unter den Bürgern.
Die von der Bundesregierung im Pariser Klimaschutzabkommen zugesagte Reduzierung von Treibhausgasen um 40 Prozent bis zum Jahr 2030 bringe allerdings erhebliche Umwälzungen mit sich. So müsse sich bis in zehn Jahren der Anteil des öffentlichen am gesamten Verkehrsaufkommen verdoppelt haben. Denn gerade in Baden-Württemberg seien Autos der „mit Abstand schlimmste“Emittent schädlicher Stoffe. Entsprechend verärgert zeigte sich Hermann über aktuelle Probleme beim Schienenverkehr, weil etwa bestellte neue Züge nicht einsatzfähig seien: Dabei, aber auch wegen Verspätungen und
Ausfällen „werden wir die Unternehmen nicht aus der Pflicht lassen“.
In die Pflicht nahm der Minister auch die Kommunen und hier speziell die Landkreise. Das gelte insbesondere beim Ausbau der Regiobuslinien, für die er auch im württembergischen Allgäu Potenzial sieht.
Dort – wie im gesamten Ländlichen Raum Baden-Württembergs – sieht er die derzeit fahrenden großen Busse allerdings nicht als Modell für die
Zukunft an. „Dort ist der öffentliche Nahverkehr herkömmlicher Art nicht mehr das Richtige.“Stattdessen brauche es kleinere Fahrzeuge in Form von Shuttles, die zum Beispiel per Handy bestellbar sein. Aber nicht nur Menschen müssten künftig anders unterwegs sein, Gleiches gelte auch für den Warentransport, weil derzeit drei Viertel aller Güter auf Straßen unterwegs seien. Wenngleich dafür vor allem „auf Berliner Ebene“massive Investitionen in den Schienenverkehr nötig seien, werde die Bahn allein den Wandel nicht schaffen können, so der Minister. Deshalb hob er alternative Transportmodell hervor, wie in Stuttgart bereits eingesetzte „Cargo-Bikes“.
Letztlich sei aber auch jeder Einzelne gefragt: „Denken und Gehen ist die eigentliche Identität des Menschen“, konstatierte der Minister – und schlussfolgerte: Ersteres dürfe er nicht allein künstlicher Intelligenz überlassen, Zweiteres nicht bloß fremd betriebenen Fahrzeugen: „Jeder zweite Weg pro Tag muss zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden. Das ist gar nicht so schrecklich.“