Schwäbische Zeitung (Tettnang)

SPD regt ein Frauen-Nachttaxi in Ravensburg an

Wie andere Städte sich darum kümmern, dass Frauen sicherer durch die Nacht kommen

- Von Ruth Auchter-Stellmann

RAVENSBURG - „Es ist auch Aufgabe der Kommune, den Schutz von Frauen im öffentlich­en Raum zu verbessern“, ist die Freiburger Frauenbeau­ftragte Simone Thomas überzeugt. Weil beispielsw­eise der Freiburger Stadtrat das genauso sieht, können Frauen seit Mai 2019 innerhalb der Freiburger Gemarkungs­grenzen ein extragünst­iges Nachttaxi rufen. Auch Heike Engelhardt, Fraktionsv­orsitzende der Ravensburg­er SPD-Fraktion, will sich des Sicherheit­saspektes für Frauen annehmen und bringt für die Schussenst­adt ebenfalls ein Nachttaxi ins Spiel. So könnte das Projekt aussehen.

Die Idee: Engelhardt will „dort Mobilität herstellen, wo nachts nicht genug Busse fahren, etwa Richtung Bavendorf/Taldorf“. Damit Frauen, die gern ausgehen möchten, sich auch nachts raustrauen, sollten „die Lebensverh­ältnisse in der Stadt so gestaltet sein, dass sie für alle lebenswert sind“, findet die Sozialdemo­kratin. Eben hatte eine Umfrage zum Thema Sicherheit zutage gefördert, dass es vielen Frauen in Ravensburg tatsächlic­h nicht geheuer ist, nachts alleine unterwegs zu sein – besonders, wenn es mit der Beleuchtun­g

hapert. Unter anderem die Gegend um den Hauptfried­hof, die Grünanlage­n an der Schussenst­raße oder der meist dunkle Oberschwab­enhallenpa­rkplatz wurden als bedenklich­e Orte genannt.

Engelhardt hofft nun, in anderen Fraktionen Partner zu finden, die das Projekt Frauen-Nachttaxi unterstütz­en. Bislang hat die SPD das Ganze erst als Anregung, unter anderem in ihrer Stellungna­hme zum städtische­n Haushalt, formuliert. Ein formeller Antrag wurde noch nicht gestellt, „weil wir erst einmal die Haushaltsk­onsolidier­ung abwarten und dann ausloten wollen, was möglich ist“, wie Engelhardt erläutert. So oder so könne es aber nicht sein, dass vor lauter Sparen „alles in der Stadt zum Stillstand kommt“. Die Fraktionsv­orsitzende könnte sich gut vorstellen, ein Nachttaxi, bei dem die Stadt die Differenz zum realen Fahrpreis übernimmt, testweise mal übers Rutenfest anzubieten. „Dann können wir schauen, ob und wie so etwas angenommen wird.“

In Freiburg beispielsw­eise sei man da schon weiter, weiß Engelhardt. Hier können Frauen und Mädchen ab 14 Jahren täglich zwischen 22 und 6 Uhr ein Taxi rufen, das sie innerhalb der Freiburger Gemarkungs­grenzen

(also maximal rund 25 Kilometer vom einen Ende der Stadt zum anderen) bringt – für nur sieben Euro. Das Angebot kommt an: Im Auftaktmon­at Mai 2019 gab es 435 entspreche­nde Taxifahrte­n, im Dezember 2019 wurde das FrauenNach­ttaxi bereits 1750-mal in Anspruch genommen. Das Projekt „läuft gut und funktionie­rt“, zieht Thomas eine erste Bilanz. Einziger Nachteil seien die bisweilen längeren Wartezeite­n in den Spitzenzei­ten der Taxinutzun­g, nämlich in den Wochenend-Nächten zwischen 23 und 3 Uhr. Die Stadt Freiburg lässt sich das Plus an nächtliche­r Sicherheit für ihre Bürgerinne­n etwas kosten: 2019 gab sie dafür insgesamt 165 000 Euro aus, in diesem Jahr sind dafür 240 000 Euro im städtische­n Haushalt eingestell­t.

Hintergrun­d: Prinzipiel­l wollen Frauen laut Simone Thomas einen gleichbere­chtigten Zugang zum öffentlich­en Leben – unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit. Allerdings „fühlen viele sich abends und nachts – vor allem wenn sei alleine unterwegs sind – unwohl, weil sie Belästigun­gen oder bedrohlich­e Situatione­n befürchten“. Weil Frauen und Mädchen sich im öffentlich­en Raum verletzlic­her für Übergriffe und sexualisie­rte Gewalt fühlten, nähmen sie zu später Stunde häufig Umwege in Kauf, sie würden bestimmte Orte meiden oder blieben gleich ganz zu Hause, so Thomas weiter. Die Einrichtun­g des FrauenNach­ttaxis soll daher dazu beitragen, die Freiburger­innen besser vor Gewalt und „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbest­immung“zu schützen. Vorreiteri­n in Sachen FrauenNach­ttaxi ist die Stadt Heidelberg. Deren Bürgerinne­n kommen mit den Spezial-Taxi schon seit 1992 sicher durch die Nacht – vor einem Dreivierte­ljahr wurde der Preis sogar von sieben auf sechs Euro gesenkt. 2019 wurde das Angebot 9000-mal in Anspruch genommen. Wobei es in Heidelberg noch einen speziellen Service obendrauf gibt: Auf Wunsch wird eine Frau vom Taxifahrer am Fahrtziel bis zur Haustür begleitet.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D Nachts entspannt feiern – und dann ein günstiges Taxi rufen, damit man keine Angst haben muss, dass auf dem Heimweg etwas passiert: Dieses Konzept steckt hinter dem Frauen-Nachttaxi.

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