Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Demonstranten wollen AfD-Sympathisanten ärgern
Veranstaltung mit Jörg Meuthen am 5. März steht unter Beobachtung der Polizei
WEINGARTEN (oli) - Weingarten als Schauplatz der politischen Gegensätze – wieder einmal. Denn wenn am Donnerstag, 5. März, die Fraktion „Identität und Demokratie“(ID) aus dem Europaparlament ins Kulturund Kongresszentrum Oberschwaben (Kuko) lädt, sind Spannungen vorprogrammiert. Nicht nur, weil die Fraktion aus einem Verbund von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD, der italienischen Lega und dem französischen Rassemblement National besteht. Nicht nur, weil AfD-Parteivorsitzender Jörg Meuthen zum Thema „Europa nach dem Brexit – Was sind die Folgen?“spricht. Nicht nur, weil die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel bei der jüngsten AfD-Veranstaltung in Weingarten einen Mann aus dem Saal werfen ließ und damit bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Und doch richtet sich der Blick umso stärker auf die bevorstehende Versammlung. Denn da will ein breites Bündnis aus rund 30 Parteien, Vereinen und Initiativen mit einer Gegendemonstration vor dem Kuko ein Zeichen setzen – und dann möglichst alle Sitzplätze im Saal belegen.
„Wir würden denen am liebsten jeden Platz wegnehmen, damit kein AfD-Sympathisant zur Veranstaltung kommen kann“, sagt Bündnissprecher Sander Frank und verweist auf das Motto „Wir sind mehr“. Das wolle man nicht nur bei der Kundgebung, die um 18 Uhr in bunter Kleidung und einer geplanten Kunstaktion beginnt, sondern eben auch im Saal zeigen. Allerdings weiß auch Frank, dass es schwierig wird, den gesamten Welfensaal mit seinen bis zu 900 Plätzen zu füllen. Er rechnet mit 200 bis 500 Bündnis-Teilnehmern. „Ich glaube, dass die Ereignisse von Hanau dazu beitragen werden, dass mehr kommen“, vermutet Frank, der im Vorfeld Gespräche mit der Stadt und der Polizei geführt hat.
Da alles friedlich ablaufen soll, will das Bündnis, zu dem unter anderem die Weingartener Grünen, die Ravensburger Linke, die IG Metall Friedrichshafen, Fridays for Future Ravensburg oder aber das Kulturzentrum Linse gehören, auch auf Trillerpfeifen oder Plakate im Saal verzichten. Vielmehr wolle man – wie schon bei der jüngsten AfD-Veranstaltung – an den für das Bündnis richtigen Stellen klatschen und damit ein „Zeichen für Demokratie, Vielfalt, Solidarität, Toleranz und Pluralismus“setzen. Auch wolle man in den Dialog mit den AfD-Funktionären Jörg Meuthen und Joachim Kuhs, der ebenfalls spricht, treten.
Da das auch bei Weidels Auftritt, der letztlich auch wegen ihrer Reaktion auf eine vermeintliche „KopfAb-Geste“kurzzeitig aus dem Ruder lief, der Plan war, legt die Polizei ein besonderes Augenmerk auf die Veranstaltung. „Aufgrund der politischen Gesamtsituation und der Vorgeschichte widmen wir dem auf jeden Fall eine größere Aufmerksamkeit“, sagt Oliver Weißflog, Pressesprecher beim Ravensburger Polizeipräsidium. Denn von dort aus wird der Einsatz gesteuert. Das hänge nicht nur mit der Vorgeschichte sowie der aufgeheizten Atmosphäre rund um die AfD zusammen.
Es sei auch der Umstrukturierung mit dem neuen Polizeipräsidium in Ravensburg geschuldet. So wird der Einsatz auch als eine Art Testlauf gesehen. Künftig sollen ähnliche Einsätze aber wieder vom Weingartener Revier geleitet werden, das auch in diesem Fall personell mit eingebunden ist. Wie viele Polizisten im Einsatz sein werden, wollte Weißflog nicht sagen. Das hänge davon ab, wie die Situation sich bis kommenden Donnerstag entwickele. Klar sei aber, dass deutlich mehr Polizisten im Einsatz sind als bei vergangenen AfD-Veranstaltungen. Und dass es immer die Möglichkeit gibt, noch weitere Beamte hinzuzuziehen.
Derweil sieht der Ravensburger Kreisverband der AfD in der Gegendemo kein Problem. Sie habe keinerlei Auswirkungen auf die Veranstaltung selbst, erklärte Sprecherin Carmen Haug auf SZ-Nachfrage. „Es ist das gute, grundgesetzlich verbriefte Recht eines jeden Staatsbürgers, seine Meinung auf Demonstrationen kundzutun. So lange dies auf friedliche, legale und zivilisierte Weise geschieht, ist dagegen nichts einzuwenden“, schreibt sie auf die Anfrage. Auch die zurückliegende Veranstaltung mit Alice Weidel habe die nun anstehende nicht beeinflusst. „Die genannte Veranstaltung mit Frau Weidel war eine Veranstaltung von der Fraktion des Deutschen Bundestages, die kommende Veranstaltung hat die Fraktion „Identität und Demokratie“des Europäischen Parlaments als Veranstalter. Eine Beeinflussung ist allein dadurch bedingt nur schwer möglich.“