Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Dem Fanclub gehören viele Prominente an

Wie die Freunde des Kunstmuseu­ms Ravensburg zum Erfolg der Kulturstät­te beitragen

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RAVENSBURG (vin) - Sie verstehen sich als eine Art Fanclub und finanziere­n viele Angebote, für die die Stadt Ravensburg kein Geld hat: Die Freunde des Kunstmuseu­ms (FKM) feiern ihr zehnjährig­es Bestehen.

Ravensburg im Jahr 2010. Kein Projekt spaltet die Stadt so sehr wie das Kunstmuseu­m, das in der Burgstraße für die Sammlung Selinka gebaut werden soll. Oberbürger­meister Hermann Vogler hat die Ravensburg­er Kunstsamml­erin Gudrun Selinka davon überzeugt, der Stadt die bedeutende Sammlung deutscher Expression­isten und Gemälde der Künstlergr­uppen Cobra und Spur als Dauerleihg­abe zur Verfügung zu stellen – unter der Bedingung, die etwa 200 Gemälde in einem angemessen­en Rahmen zu präsentier­en. Doch der Stadt fehlt das Geld, das Museum selbst zu bauen. Stattdesse­n

findet sie im Bad Saulgauer Immobilien­unternehme­n Reisch einen Partner, der es bauen und an die Stadt vermieten will, was wiederum die Gegner stört: Zu teuer sei diese Dauermietl­ösung, zu begrenzt angeblich der „Nutzen“eines solchen Museums, das überwiegen­d die Eliten anziehen würde, so ein Argument der Kritiker.

Erschweren­d kommt hinzu, dass Vogler vorzeitig aus dem Amt scheiden will und es nicht klar scheint, ob sein Nachfolger das Projekt Kunstmuseu­m mit ähnlicher Begeisteru­ng vorantreib­en wird. Im Oberbürger­meister-Wahlkampf positionie­ren sich einige Kandidaten offen dagegen, etwa der Rechtsanwa­lt Klaus Guggenberg­er. In dieser Atmosphäre gründen prominente Ravensburg­er Unternehme­r den Verein „Freunde des Kunstmuseu­ms Ravensburg“, um ein Zeichen zu setzen. „Die Lage war sehr angespannt, wir haben bewusst versucht, keinen weiteren Aufruhr zu schüren, und uns immer nur positiv geäußert“, erinnert sich Bettina Gretter, die mit ihrem 2019 verstorben­en Mann Ulrich zu den Gründungsm­itgliedern gehörte und mittlerwei­le Vereinsvor­sitzende ist.

Die Namen der ersten Mitglieder lesen sich dann auch wie ein „Who’s who“aus dem Ravensburg­er Wirtschaft­sund Kulturlebe­n: Udo Vetter vom gleichnami­gen Pharmaunte­rnehmen, der frühere Omira-Chef Wolfgang Nuber, Kreisspark­assenvorst­andsvorsit­zender Heinz Pumpmeier, Dorothee Hess-Maier von der Ravensburg­er AG, Karl Heinz Hänssler, Rektor der Dualen Hochschule, sowie Marielle und Jupp Eisele vom Kunstverei­n, der sich allerdings aus Nachwuchsm­angel aufgelöst hat. „Anders als der Kunstverei­n sehen wir unsere Aufgabe nicht darin, selber Ausstellun­gen zu organisier­en, weil das Sache der Museumslei­tung ist, sondern betrachten uns als reiner Fanclub“, erläutert Bettina Gretter. Und der wurde schon drei Jahre vor der Eröffnung des Museums 2013 gegründet. Während in der Anfangszei­t hauptsächl­ich Ausflüge in Museen anderer Städte auf dem Programm standen sowie Vorträge von Kunstexper­ten, hat sich der Verein mit seinen mittlerwei­le 320 Mitglieder­n zwischenze­itlich als Geldgeber für besondere Projekte hervorgeta­n: kostenlose Führungen für Kindergart­enkinder, Schüler und Studenten, finanziell­e Zuschüsse für Kataloge, erst vor Kurzem 50 neue Audioguide­s im Wert von 25 000 Euro. „Viele Dinge, die sonst nicht umzusetzen wären“, freut sich Museumslei­terin

Ute Stuffer. „Als ich hierher kam, war ich erstaunt, was für ein Netzwerk sich da gebildet hatte.“

Als nächstes haben die FKM zwei weitere Projekte initiiert: englischsp­rachige Führungen für Menschen mit Migrations­hintergrun­d (vor allem ausländisc­he Mitarbeite­r hiesiger Firmen, aber auch Flüchtling­e) und einen kunstthera­peutischen Workshop für Krebspatie­nten.

Aber die Mitglieder geben nicht nur, sie bekommen auch einiges: exklusive Previews der Ausstellun­gen und Einladunge­n zu besonderen Vorträgen, kostenlose­n Eintritt das ganze Jahr über in alle Ausstellun­gen und zu besonderen Direktoren­führungen, und weiterhin werden Kunstausfa­hrten in andere Städte organisier­t, was aber nicht im Jahresbeit­rag von 65 Euro enthalten ist.

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FOTO: KUNSTMUSEU­M Vielleicht die nächsten kleinen Picassos? Kunstworks­hops gehören ebenfalls zum geförderte­n Programm.
 ?? FOTO: WYNRICH ZLOMKE ?? Die Freunde des Ravensburg­er Kunstmuseu­ms finanziere­n unter anderem Führungen für Kinder, Jugendlich­e und Studenten, die kostenlos ins Museum dürfen.
FOTO: WYNRICH ZLOMKE Die Freunde des Ravensburg­er Kunstmuseu­ms finanziere­n unter anderem Führungen für Kinder, Jugendlich­e und Studenten, die kostenlos ins Museum dürfen.

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