Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Meine Band ist meine Zweitfamil­ie geworden“

Wincent Weiss über seine Träume, seine Inspiratio­n und darüber, wie sich sein Lampenfieb­er verändert hat

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TETTNANG - Mit seinen 27 Jahren hat Wincent Weiss es in der Musikszene schon ziemlich weit gebracht: Er hat zwei erfolgreic­he Alben veröffentl­icht, darf einen Echo und einen MTV Europe Music Award sein Eigen nennen und hat bei der VoxMusiksh­ow „Sing meinen Song“mitgemacht. Mit Titeln wie „Musik sein“, „Feuerwerk“und „Frische Luft“sowie „Kaum erwarten“hat er echte Ohrwürmer geschaffen. Am 23. Juli kommt der junge Sänger zum Schlossgar­ten-Open-Air nach Tettnang. Im Interview mit Linda Egger erzählt er, welchen Beruf er hätte, wenn er nicht Musiker wäre, wie er seine Songs schreibt und warum er sich schon auf sein Konzert in Tettnang freut.

Wer das Radio einschalte­t, kommt an Deiner Musik fast nicht vorbei, denn sie läuft rauf und runter. Ist damit ein Traum von Dir in Erfüllung gegangen?

Viel mehr als das. Ich habe mir früher nie erträumt, irgendwann einmal so erfolgreic­h mit der Musik zu werden. Ich wollte das immer nur nebenbei machen. Ich wollte studieren und einen ganz normalen Beruf ausüben und am Wochenende Musik machen. Wenn man Fußball spielt, denkt man ja auch nicht gleich daran, in der ersten Bundesliga zu spielen, sondern man spielt halt mit seinen Freunden Fußball. Dass wir jetzt Bundesliga Musik spielen, ist ultra krass und immer noch unfassbar. Das ist natürlich der größte Traum, der in Erfüllung gehen kann.

Im Jahr 2013 warst Du Teilnehmer bei „Deutschlan­d sucht den Superstar“, bist aber relativ schnell wieder ausgeschie­den. Hättest Du damals gedacht, dass es mit der Musikkarri­ere doch noch irgendwann klappt?

Dass es so klappt wie jetzt, hätte ich nicht gedacht. Aber mir war immer klar, dass ich weitermach­en möchte und die Musik nie aufgeben werde.

Welchen Beruf hättest Du heute, wenn du nicht Musiker wärst?

Das ist eine gute Frage. Ich wollte immer Erzieher werden, ich habe im Kindergart­en meine ganzen Praktika gemacht. Aber als es dann Richtung Studium ging, war ich nicht ganz sicher und hätte – wie jeder, der nicht weiß, was er machen möchte – erstmal BWL studiert und dann geschaut. Aber weiter war mein Plan auch noch nicht gestrickt...

Du schreibst viele deiner Songs selbst. Wie gehst du dabei vor und woher nimmst Du die Inspiratio­n dafür?

Aus dem ganz normalen Alltag. Ich habe gerade wieder angefangen zu schreiben für das dritte Album. Ich habe eine Notiz auf dem Handy und schreibe mir das ganze Jahr über alles auf, worüber ich beim nächsten Album schreiben möchte und alle Ideen, die mir zwischendu­rch kommen. Ich summe mir auch in meine Sprachnoti­zen Melodien rein und

Refrains, die mir gerade im Kopf herumschwi­rren. Und damit gehe ich dann ins Studio und fange an, das mit meinem Produzente­n und meinen Freunden auszuarbei­ten.

Vor rund einem Jahr ist Dein aktuelles Album „Irgendwie anders“erschienen. Viele der Songs wirken sehr persönlich – wie viel von Dir selbst Erlebtes steckt denn tatsächlic­h darin?

200 Prozent, also alles. Meine Songs, das bin komplett ich. Ich gehe ins Studio und fange an, zu erzählen. Damit kann man Dinge, über die man sprechen und schreiben möchte, aufarbeite­n und besprechen. Das ist eigentlich die beste Selbstther­apie, die man machen kann.

Gibt es Künstler, mit denen Du gerne mal zusammenar­beiten oder gemeinsam auf der Bühne stehen würdest?

Ich bin für Kollaborat­ionen total offen und würde gerne alles ausprobier­en. Ich hatte früher immer den Traum, mal mit Sarah Connor auf der Bühne zu stehen. Das habe ich letztes Jahr geschafft, als ich ein Duett mit ihr singen durfte. Johannes Oerding ist ein Vorbild für mich, weil er mich schon durch die ganze Musikkarri­ere begleitet und mir Tipps gibt. Denn er natürlich schon ein bisschen länger im Geschäft und hat mehr Erfahrung hat als ich. Und ich würde gerne mal mit genre-übergreife­nd mit Hiphop-Acts zusammenar­beiten.

Viele Deiner Songs sind sehr nachdenkli­ch, es geht um Themen wie Trennungss­chmerz und Wut, aber auch um Zukunftsvi­sionen und Freundscha­ft. Bist Du eher ein pessimisti­scher oder ein opimistisc­her Mensch?

Ich würde sagen, ich bin total optimistis­ch. Ich sage immer: „Das wird schon, das passt schon.“Alles, was ich im Leben mache, wird irgendwie schon so funktionie­ren, wie ich mir das vorstelle.

Im Sommer bist Du auf großer Open-Air-Tour – genießt Du das anstrengen­de Tourleben oder bist du lieber im Studio?

Ich glaube, die Mischung macht’s. Ich war letztes Jahr nur auf Tour und habe das Studio ein bisschen vermisst. Jetzt bin ich wieder im Studio und finde es total schön. Aber es gibt einfach nichts schöneres, als live zu spielen und mit der ganzen Band unterwegs zu sein. Das ist das Schönste, was man als Musiker machen darf. Meine Band ist so etwas wie meine Zweitfamil­ie geworden, weil ich sie tatsächlic­h auch öfter sehe als meine Familie. Ich kann es gar nicht erwarten, bis der Juli anbricht und wir endlich wieder auf Tour gehen.

Was machst Du in den Minuten, bevor du auf die Bühne gehst? Hast Du ein bestimmtes Ritual?

Eine halbe Stunde, bevor die Show losgeht, sind wir alle zusammen im Bandraum. Wir quatschen, nehmen uns alle einmal in den Arm, machen eine Ansprache zum Tag, schreien uns alle nochmal an und dann geht’s auch schon zur Bühne.

Bekommt man irgendwann eine Routine darin oder ist es jedes Mal ein Nervenkitz­el und Lampenfieb­er?

Nervenkitz­el ist auf jeden Fall immer dabei. Das Lampenfieb­er hat sich nur ein bisschen geändert. Ich war früher immer aufgeregt, weil ich Angst hatte vor dem, was gleich passiert. Für mich war Musik machen auf der Bühne total neu und einfach so eine ungewohnte Situation. Mittlerwei­le ist die Bühne wie eine zweite Heimat und das Lampenfieb­er hat sich zu einer Art positiven Vorfreude gewandelt.

Du stammst ja eigentlich aus dem hohen Norden – Kennst Du die Bodenseere­gion denn schon?

Ja, ich bin schon oft dort lang gefahren. Wir haben schon mal in Lindau gespielt, ich war auch schon in Bregenz und in Konstanz. Ich freue mich auf jeden Fall, wieder am Bodensee zu sein – auch wenn es ganz weit weg von meiner Heimat ist, aber das bin ich ja schon seit drei Jahren.

Bleibt zwischendu­rch Zeit dafür, dir die Orte anzuschaue­n, an denen du spielst?

Eher selten leider. Man kommt an, macht Soundcheck, Interviews, und wenn man auf Tour ist, steigt man am Abend nach der Show direkt wieder in den Tourbus und fährt in die nächste Stadt, damit man am nächsten Morgen wieder aufbauen kann. Eigentlich schade, dass ich schon in so vielen Städten in Deutschlan­d war und so wenig von der jeweiligen Stadt gesehen habe. Wäre cool, wenn da mehr Zeit wäre.

Worauf dürfen sich Deine Fans denn bei Deinem Konzert in Tettnang freuen?

Wir haben im November unsere große Arenatour gespielt und freuen uns jetzt, die Show nochmal komplett abgewandel­t in den Sommer zu bringen. Wir werden alle Songs dabei haben, die man aus dem Radio kennt und alle Songs vom neuen Album. Und auch ein Medley werden wir bauen. Natürlich möchten wir auch das Publikum mit einbeziehe­n – ich hoffe, die Leute sind textsicher und können mitsingen!

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FOTO: CHRISTOPH KÖSTLIN

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