Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Klinikum ist mittlerweile in zwei Teile getrennt
Airbus stellt mobiles Klinikmodul zur Verfügung – Infektiöse und nicht infektiöse Patienten werden separiert
FRIEDRICHSHAFEN - Wie viele Menschen im Bodenseekreis inzwischen mit dem Coronavirus infiziert sind – inklusive der nicht offiziell bestätigten und nicht getesteten – weiß niemand so genau. Die Zahl der Covid-19-Patienten, die stationär behandelt werden, ist aktuell aber noch überschaubar. Sechs waren es laut Gesundheitsamt am Dienstag. Die Vorbereitungen für eine möglicherweise schnell steigende Patientenzahl laufen an den Kliniken im Bodenseekreis aber weiter.
Wie Pressesprecherin Susann Ganzert berichtet, ist das Klinikum Friedrichshafen mittlerweile in zwei Teile getrennt – mit zwei gesonderten Zugängen für infektiöse und nicht infektiöse Patienten. Um bei einem deutlichen Anstieg der Patientenzahl die beiden Gruppen schon frühzeitig zu trennen, ist auf dem Schotterplatz hinter dem Ärztehaus ein so genannter „Sichtungsplatz“eingerichtet worden, wo Ärzte im Fall der Fälle eine zweistufige Separierung vornehmen werden – in Patienten, die infektiös sind oder nicht, und in Patienten, die stationär aufgenommen werden müssen oder nicht. Die Airbus Defence and Space GmbH hat dem Klinikum dafür ein mobiles Klinikmodul zur Verfügung gestellt, bestehend aus Container und Zelt. In Betrieb ist diese Art Schleuse aber noch nicht.
Medizinisch und pflegerisch zu betreuen sind sowohl in Friedrichshafen als auch in der Klinik Tettnang aktuell noch überwiegend Patienten mit anderen Krankheiten und Verletzungen. Oder auch Mamas mit ihren Neugeborenen. Neu aufgenommen werden abgesehen von Covid-19-Patienten „nur“Notfälle, manche Patienten bleiben laut Ganzert derzeit aber auch länger stationär im Krankenhaus, weil man für sie keine Plätze
in Pflegeheimen findet. „Das ist ein Problem, das wir mit vielen Krankenhäuser teilen“, so die Sprecherin des Medizin-Campus Bodensee.
Eine Prognose, wie sich die Covid-19-Fallzahlen in den kommenden Tagen und Wochen entwickeln werden, wagt derzeit keiner. In der Häfler Klinik stehen 35 Beatmungsplätze auf der Intensivstation und im zur Intensivstation umfunktionierten Ambulanten Operationszentrum bereit. Darüber hinaus gibt es 39 Überwachungsplätze für Patienten, die keine intensivmedizinische Betreuung mehr benötigen, aber noch überwacht werden müssen. Diese Kapazitäten zu erhöhen, wäre theoretisch zwar möglich, Stand heute wäre mit dieser Zahl allerdings das personelle Limit des Klinikums erreicht, da im intensivmedizinischen Bereich nur speziell ausgebildete Ärzte und Pflegemitarbeiter eingesetzt werden dürfen. „Die Sicherheit der Patienten geht vor“, sagt Susann Ganzert.
Für Covid-19-Patienten, die keine intensivmedizinische Behandlung benötigen, stehen in der Häfler Klinik vorerst 20 Betten in der Isolierstation zur Verfügung. „Ist diese Station belegt, wird sie auf die gegenüberliegende Station ausgeweitet“, erklärt Ganzert. In der Klinik in Tettnang seien aktuell elf Betten in einem isolierten Bereich reserviert, für schwere Fälle stünden drei Beatmungsplätze zur Verfügung.
Die Zeit, die noch bleibt, bis sich die Betten füllen, nutzen die Ärzte auch dafür, um sich auf den neuesten medizinischen Stand zu bringen beziehungsweise um sich auf ein Krankheitsbild vorzubereiten, das vor wenigen Wochen noch kein Gesicht hatte, wie es Susann Ganzert formuliert. Sie studieren wissenschaftliche Texte und tauschen sich auch mit Kollegen in Italien aus. Darüber hinaus werden laut Ganzert flächendeckend Mitarbeiter im Umgang mit Beatmungsgeräten geschult, auch der Umgang mit neuen Schutzanzügen muss gelernt werden – wofür am MCB ein eigener Videoclip gedreht worden ist.
Die Zahl der Krankenhausmitarbeiter ist sowohl in Friedrichshafen als auch in Tettnang seit Montag deutlich angewachsen. Insgesamt 200 ehemalige Mitarbeiter des 14 Nothelfer in Weingarten werden integriert – und zwar in allen Bereichen,
von der Küche über Reinigungssowie Hol- und Bringdienste bis zu den Pflege- und Ärzteteams.
Bei der Ausstattung mit Geräten, Materialien oder Medikamenten kämpft der MCB derzeit mit den gleichen Problemen wie andere Krankenhäuser und Arztpraxen. „Nicht erst seit der Corona-Krise gibt es regelmäßig Lieferengpässe für Medikamente – jetzt natürlich noch mehr und besonders für Medikamente, die man für die Behandlung von beatmeten Patienten benötigt“, berichtet Geschäftsführerin Margita Geiger. Eine weitere Herausforderung angesichts zum Teil mehrmonatiger Lieferzeiten: ausreichend Schutzausrüstungen aufzutreiben. „In manchen Bereichen können wir auch selber tätig und so zum Teil ein Stück unabhängig von der Industrie werden – unsere Mitarbeiter bauen zum Beispiel Schutzvisiere selbst. Ganz simpel, aber wirksam und mit Materialien, die wir aus dem Baumarkt beziehen können“, berichtet Geiger.
Neben den beiden Häusern des Medizin-Campus Bodensee stellt sich auch das Überlinger HeliosSpital auf die Behandlung von Covid-19-Patienten ein.
Auch dort ist die Lage noch ruhig. Der erste Corona-Patient, der am 5. März stationär aufgenommen wurde, sei bereits seit vergangener Woche in die häusliche Quarantäne entlassen worden, teilt die Klinik mit. Weitere Covid-19-Patienten seien bisher nicht stationär aufgenommen worden.
Aktuell stehen in Überlingen sechs Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit bereit. „Sollte der Bedarf ansteigen, haben wie eine Erweiterung der Kapazität bereits vorbereitet“, heißt es in der Mitteilung des Helios-Spitals. Auf der Isolierstation gebe es 14 Zimmer, die Kapazität könne bei Bedarf erweitert werden.