Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Klinikum ist mittlerwei­le in zwei Teile getrennt

Airbus stellt mobiles Klinikmodu­l zur Verfügung – Infektiöse und nicht infektiöse Patienten werden separiert

- Von Jens Lindenmüll­er

FRIEDRICHS­HAFEN - Wie viele Menschen im Bodenseekr­eis inzwischen mit dem Coronaviru­s infiziert sind – inklusive der nicht offiziell bestätigte­n und nicht getesteten – weiß niemand so genau. Die Zahl der Covid-19-Patienten, die stationär behandelt werden, ist aktuell aber noch überschaub­ar. Sechs waren es laut Gesundheit­samt am Dienstag. Die Vorbereitu­ngen für eine möglicherw­eise schnell steigende Patientenz­ahl laufen an den Kliniken im Bodenseekr­eis aber weiter.

Wie Pressespre­cherin Susann Ganzert berichtet, ist das Klinikum Friedrichs­hafen mittlerwei­le in zwei Teile getrennt – mit zwei gesonderte­n Zugängen für infektiöse und nicht infektiöse Patienten. Um bei einem deutlichen Anstieg der Patientenz­ahl die beiden Gruppen schon frühzeitig zu trennen, ist auf dem Schotterpl­atz hinter dem Ärztehaus ein so genannter „Sichtungsp­latz“eingericht­et worden, wo Ärzte im Fall der Fälle eine zweistufig­e Separierun­g vornehmen werden – in Patienten, die infektiös sind oder nicht, und in Patienten, die stationär aufgenomme­n werden müssen oder nicht. Die Airbus Defence and Space GmbH hat dem Klinikum dafür ein mobiles Klinikmodu­l zur Verfügung gestellt, bestehend aus Container und Zelt. In Betrieb ist diese Art Schleuse aber noch nicht.

Medizinisc­h und pflegerisc­h zu betreuen sind sowohl in Friedrichs­hafen als auch in der Klinik Tettnang aktuell noch überwiegen­d Patienten mit anderen Krankheite­n und Verletzung­en. Oder auch Mamas mit ihren Neugeboren­en. Neu aufgenomme­n werden abgesehen von Covid-19-Patienten „nur“Notfälle, manche Patienten bleiben laut Ganzert derzeit aber auch länger stationär im Krankenhau­s, weil man für sie keine Plätze

in Pflegeheim­en findet. „Das ist ein Problem, das wir mit vielen Krankenhäu­ser teilen“, so die Sprecherin des Medizin-Campus Bodensee.

Eine Prognose, wie sich die Covid-19-Fallzahlen in den kommenden Tagen und Wochen entwickeln werden, wagt derzeit keiner. In der Häfler Klinik stehen 35 Beatmungsp­lätze auf der Intensivst­ation und im zur Intensivst­ation umfunktion­ierten Ambulanten Operations­zentrum bereit. Darüber hinaus gibt es 39 Überwachun­gsplätze für Patienten, die keine intensivme­dizinische Betreuung mehr benötigen, aber noch überwacht werden müssen. Diese Kapazitäte­n zu erhöhen, wäre theoretisc­h zwar möglich, Stand heute wäre mit dieser Zahl allerdings das personelle Limit des Klinikums erreicht, da im intensivme­dizinische­n Bereich nur speziell ausgebilde­te Ärzte und Pflegemita­rbeiter eingesetzt werden dürfen. „Die Sicherheit der Patienten geht vor“, sagt Susann Ganzert.

Für Covid-19-Patienten, die keine intensivme­dizinische Behandlung benötigen, stehen in der Häfler Klinik vorerst 20 Betten in der Isoliersta­tion zur Verfügung. „Ist diese Station belegt, wird sie auf die gegenüberl­iegende Station ausgeweite­t“, erklärt Ganzert. In der Klinik in Tettnang seien aktuell elf Betten in einem isolierten Bereich reserviert, für schwere Fälle stünden drei Beatmungsp­lätze zur Verfügung.

Die Zeit, die noch bleibt, bis sich die Betten füllen, nutzen die Ärzte auch dafür, um sich auf den neuesten medizinisc­hen Stand zu bringen beziehungs­weise um sich auf ein Krankheits­bild vorzuberei­ten, das vor wenigen Wochen noch kein Gesicht hatte, wie es Susann Ganzert formuliert. Sie studieren wissenscha­ftliche Texte und tauschen sich auch mit Kollegen in Italien aus. Darüber hinaus werden laut Ganzert flächendec­kend Mitarbeite­r im Umgang mit Beatmungsg­eräten geschult, auch der Umgang mit neuen Schutzanzü­gen muss gelernt werden – wofür am MCB ein eigener Videoclip gedreht worden ist.

Die Zahl der Krankenhau­smitarbeit­er ist sowohl in Friedrichs­hafen als auch in Tettnang seit Montag deutlich angewachse­n. Insgesamt 200 ehemalige Mitarbeite­r des 14 Nothelfer in Weingarten werden integriert – und zwar in allen Bereichen,

von der Küche über Reinigungs­sowie Hol- und Bringdiens­te bis zu den Pflege- und Ärzteteams.

Bei der Ausstattun­g mit Geräten, Materialie­n oder Medikament­en kämpft der MCB derzeit mit den gleichen Problemen wie andere Krankenhäu­ser und Arztpraxen. „Nicht erst seit der Corona-Krise gibt es regelmäßig Lieferengp­ässe für Medikament­e – jetzt natürlich noch mehr und besonders für Medikament­e, die man für die Behandlung von beatmeten Patienten benötigt“, berichtet Geschäftsf­ührerin Margita Geiger. Eine weitere Herausford­erung angesichts zum Teil mehrmonati­ger Lieferzeit­en: ausreichen­d Schutzausr­üstungen aufzutreib­en. „In manchen Bereichen können wir auch selber tätig und so zum Teil ein Stück unabhängig von der Industrie werden – unsere Mitarbeite­r bauen zum Beispiel Schutzvisi­ere selbst. Ganz simpel, aber wirksam und mit Materialie­n, die wir aus dem Baumarkt beziehen können“, berichtet Geiger.

Neben den beiden Häusern des Medizin-Campus Bodensee stellt sich auch das Überlinger HeliosSpit­al auf die Behandlung von Covid-19-Patienten ein.

Auch dort ist die Lage noch ruhig. Der erste Corona-Patient, der am 5. März stationär aufgenomme­n wurde, sei bereits seit vergangene­r Woche in die häusliche Quarantäne entlassen worden, teilt die Klinik mit. Weitere Covid-19-Patienten seien bisher nicht stationär aufgenomme­n worden.

Aktuell stehen in Überlingen sechs Intensivbe­tten mit Beatmungsm­öglichkeit bereit. „Sollte der Bedarf ansteigen, haben wie eine Erweiterun­g der Kapazität bereits vorbereite­t“, heißt es in der Mitteilung des Helios-Spitals. Auf der Isoliersta­tion gebe es 14 Zimmer, die Kapazität könne bei Bedarf erweitert werden.

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