Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Romantiker und Realist

Mit 38 Jahren steht Adam Lambert selbstbewu­sster da als in der Vergangenh­eit

- Von Von Philip Dethlefs,

LOS ANGELES (dpa) - Durch die Castingsho­w „American Idol“wurde Adam Lambert bekannt. Als Frontmannn der Rockband Queen steht er in Fußballsta­dien auf der Bühne und schmettert Klassiker wie „We Will Rock You“. Auch auf seinem neuen Soloalbum überzeugt der charismati­sche Sänger.

Adam Lambert ist dieser Tage bester Laune. Von der Corona-Krise lässt sich der Sänger die Stimmung nicht verderben. „Das ist ziemlich heftig, oder?“, sagt Lambert im Gespräch mit der Deutschen PresseAgen­tur. Er ruft aus Los Angeles an. „Ich bin nur froh, dass sie die notwendige­n Dinge tun, um die Leute zu schützen. Die Sicherheit geht vor.“Wie sehr das Coronaviru­s Lamberts Pläne für die kommenden Monate beeinträch­tigt, bleibt abzuwarten.

Der 38-Jährige hat gerade sein neues, äußerst tanzbares Album „Velvet“veröffentl­icht und will anschließe­nd solo und später auch wieder mit den Rockvetera­nen von Queen auf Tournee gehen. „Ich freue mich, dass ich beides machen kann. Die Energie der Musik von Queen ist riesig und sehr theatralis­ch, es ist richtig laut und groß.“Auf „Velvet“hingegen lasse er es „etwas entspannte­r“und „etwas sanfter“angehen.

Herausgeko­mmen ist ein vielseitig­es Popalbum, auf dem der USAmerikan­er wieder einmal mit seinem Stimmumfan­g beeindruck­t. Zeitlos, aber nicht veraltet sollte das Album klingen, sagt Lambert, der knapp die Hälfe der Songs schon vor Monaten auf der EP „Velvet: Side A“veröffentl­icht hatte. Als Inspiratio­nen nennt er Motown-Soul, Funk, Classic Rock und Künstler wie David Bowie, Prince, Sly Stone oder ChicLegend­e Nile Rodgers („Le Freak“), der selbst auch auf „Velvet“mitwirkt. „Es ist quasi eine Sammlung all meiner Einflüsse“, sagt Lambert und lacht „Zusammenge­kocht in einer verrückten Suppe.“

Zu den herausrage­nden Songs zählt „Overglow“, der mit seinem eingängige­n Refrain direkt zum Ohrwurm wird. „Superpower“ist mitreißend­er Funkrock mit starkem Gitarrenfi­nale. Kräftiger Rock oder Musik für die Tanzfläche? Lambert sieht da keinen Gegensatz. „Ich liebe beides. Am liebsten mag ich Rockmusik, die einen Groove hat, zu dem du dich bewegen kannst“, sagt er. „Und genauso finde ich Dance-Musik am besten, wenn sie Gitarren und echten Bass hat.“

Bei „Roses“hört man sofort Nile Rodgers’ unverkennb­ar groovigen Gitarrenso­und heraus. Mit dem Musiker, der in den 70er und 80er Jahren als Produzent für Erfolgsalb­en von Stars wie Bowie, Diana Ross, INXS oder Duran Duran verantwort­lich zeichnete, hat Lambert in den vergangene­n Jahren mehrfach gearbeitet. „Er ist eine Legende!“

Lambert, nach eigener Aussage momentan Single, singt auf „Velvet“über Liebe, Sex und Selbstbewu­sstsein. „Is It Love Or Are We Just F***ing“, fragt er in „Roses“und klagt auch in „Loverboy“über oberflächl­iche Beziehunge­n. „Gerade heutzutage ist Romantik so eine Sache“, meint er. „Für viele Leute existiert sie gar nicht. Andere versuchen romantisch zu sein, arbeiten dabei aber nur eine Liste ab.“Ob er selbst ein Romantiker ist? „Ich bin ein romantisch­er Mensch“, versichert

Lambert. „Aber ich bin auch ein Realist. Ich bin ein Romantiker, der 38 Jahre alt ist und viel erlebt hat. Ein Teil von mir ist romantisch, aber ich bin auch ein bisschen abgestumpf­t.“

Seit seinem Durchbruch in der US-Castingsho­w „American Idol“ist seine Homosexual­ität in Medien immer wieder ein Thema. Lambert stört das nicht – ganz im Gegenteil. „Wenn ich über Dinge wie Beziehunge­n, Sex, Liebe und all das Zeug singe, ist es interessan­t zu wissen, dass ich ein schwuler Mann bin“, sagt er. „Und so selbstbewu­sst, wie ich im Rampenlich­t mit meiner Sexualität umgehe, kann das vielleicht auch jemandem helfen, der das Gefühl hat, stark sein zu müssen.“

Zu Beginn seiner Karriere wurde dem aufstreben­den Popstar geraten, seine Homosexual­ität „herunterzu­spielen“, wie er sagt – „weil den Leuten das unangenehm war oder sie es nicht für vermarktba­r hielten“. Bevor sein von Pink geschriebe­ner Hit „Whataya Want From Me“2009 herauskam, wurde deshalb sogar der

Text geändert – von „He Messed Me Up“(er hat mich durcheinan­dergebrach­t) zu „It Messed Me Up“(es hat mich durcheinan­dergebrach­t).

Heute würde sich Lambert auf so etwas nicht einlassen. „Die Zeiten haben sich geändert“, sagt er. „Ich glaube, früher musste man mitunter gute Miene zum bösen Spiel machen, damit man eine Chance hatte, seine Musik rauszubrin­gen. Man musste das als homosexuel­ler Künstler aushalten. Aber ich bin froh, dass das heute kein Thema mehr ist.“

Lambert ist mit sich im Reinen. „Es gibt immer noch Dinge, in denen ich mich verbessern will“, sagt er. „Aber ich war mir nie so über mich selbst im Klaren wie heute.“Auch dank der Auftritte mit Queen. „Ich glaube wirklich, dass mich das zu einem stärkeren Künstler gemacht hat. Es gibt mir Selbstvert­rauen, einerseits auf der Bühne und anderersei­ts, weil mit Queen ein neues Kapitel meiner Karriere begonnen hat. Und ich glaube, das gibt mir Glaubwürdi­gkeit.“

Den legendären Queen-Sänger Freddie Mercury zu kopieren, das hat Lambert nie versucht. Das hätten Gitarrist Brian May und Schlagzeug­er Roger Taylor auch nicht gewollt. „Sie haben sofort klargemach­t, dass ich mein eigenes Ding machen sollte“, sagt er. Mit seinem Stimmvolum­en und dem extravagan­ten Auftreten überzeugte Lambert auch Skeptiker. Für Juni sind in Deutschlan­d drei Konzerte mit Queen geplant, für September einige Soloshows.

Adam Lambert präsentier­t mit „Velvet“sein bisher bestes Album. Trotz klassische­r Elemente klingt es modern und relevant. Die Melodien bleiben im Ohr, der Groove reißt mit. In seinen Songs strotzt der Sänger vor Selbstbewu­sstsein und positiver Energie. „Ich liebe das, was ich mache, wirklich“, sagt Lambert. Das hört man.

Live: Queen & Adam Lambert auf „The Rhapsody Tour“: 29.6. München, Olympiahal­le.

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