Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Elektronikschule hilft Ärzten beim Kampf gegen das Coronavirus
Mit 3D-Druckern stellen Lehrer Halterungen für Schutzvisiere her, um die Ansteckungsgefahr zu verringern
TETTNANG - Dieser Tage sind kreative Ideen gefragt – und handfeste Unterstützung: Simon Blust, Lehrer an der Elektronikschule Tettnang, hatte die Idee, mit 3D-Druckern Halterungen für Gesichtsschutzmasken zu drucken. Diese Masken funktionieren wie ein Visier und sollen dabei helfen, Ärzte, Pflegepersonal und Helferinnen in Arztpraxen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen.
Zusammen mit seinem Kollegen Markus Bundy hat Simon Blust sich ans Werk gemacht, am Montag sind die ersten 100 Stück der Halterungen an den Medizincampus Bodensee ausgeliefert worden. Auch die Ärztekammer im Bodenseekreis hat 500 Halterungen bestellt und koordiniert die Abgabe der fertigen Visiere an Arztpraxen. Der Drucker der Elektronikschule und weitere in Amtzell und Friedrichshafen laufen nun rund um die Uhr, um so schnell wie möglich so viele Halterungen wie möglich herzustellen.
„Halterungen für solche Spuckschutzmasken gibt es viele auf dem Markt, und die Druckerszene hatte schon begonnen, an solchen Dingen zu werkeln“, erklärt Simon Blust am Telefon. Da sei es naheliegend gewesen, auch den Drucker der Elektronikschule, ein Gerät mit Industriestandard, für diese Aufgabe zu nutzen. Die Konstruktion der Halterung von Hanoch Hemmerich, die er und
Markus Bundy ausgewählt haben, biete einen entscheidenden Vorteil: „Sie ist oben geschlossen, sodass bei einem deutlichen Größenunterschied von Patient und Arzt oder Helferin der Schutz auch von oben besteht“, sagt er. Wichtig war Blust außerdem, dass die Hilfsaktion in koordinierten Bahnen vor sich geht. Soll heißen: „Das Klinikum in Friedrichshafen und die Ärztekammer haben getestet, ob das so funktioniert.“Als von dort grünes Licht kam, gingen die Halterungen in Produktion.
„Die Version, die wir machen, entspricht den Anforderungen der Ärzte und wird von der Kammer vernünftig verteilt“, sagt Blust. Denn die Druckerkapazitäten seien begrenzt.
Auf der Seite der Ärztekammer im Bodenseekreis engagiert sich deren Vorsitzender Dr. Germar Büngener, niedergelassener Arzt aus Friedrichshafen. „Mein Ziel ist nur eines, nämlich die Ärzte und Helferinnen in den Praxen zu schützen und damit auch zu erreichen, dass die Ausbreitung des Virus sich verlangsamt“, sagt er am Telefon auf Nachfrage der SZ. Als er hörte, dass an der Elektronikschule solche Halterungen hergestellt werden, nahm er nicht nur sofort Kontakt auf, sondern besorgte auch das nötige Zubehör, damit aus der Halterung eine Gesichtsschutzmaske wird: In die Halterung wird Laminierfolie eingezogen und an den Bügeln eine Kordel zur Befestigung am Kopf angebracht. Diese Arbeit übernimmt übrigens Büngeners 13 Jahre alter Sohn. Gleichzeitig schrieb Büngener die Ärzte der
Kammer an und schickte ein Erklärvideo mit. „Sollte sich heraussstellen, dass der Gesamtbedarf höher ist, würde die Auslieferungsmenge mit zwei Stück zunächst begrenzt und die Bestellungen nach dem Datum des Eingangs abgearbeitet“, so Büngener. „Die fertigen Masken geben wir dann zeitversetzt an die Ärzte aus, die bei uns bestellt haben“, ergänzt er.
Für den MCB hat Sprecherin Susann Ganzert die Aktion koordiniert. Dort hatten Mitarbeiter solche Visiere bereits zuvor nach einer Anleitung des Görlitzer Klinikums selbst hergestellt, nun kommen zusätzlich die neuen Masken mit den dreidimensional gedruckten Halterungen zum Einsatz. Ärzte und Pflegekräfte seien „total happy“, weil die Visiere das ganze Gesicht und vor allem auch die Augen schützen. „Die Maske sitzt auf der Stirn und geht bis unters Kinn“, so Ganzert.
Und jetzt laufen die Drucker kontinuierlich: Das Gerät in der Schule kann in einem Druckvorgang zwar 18 Halterungen herstellen, braucht dafür aber auch 15 Stunden. Simon Blust druckt in seinem Keller daheim zwei Halterungen in gut fünf Stunden. „Die Hauptarbeit hat Markus Bundy übernommen“, erklärt Blust. Bundys sieben Drucker arbeiten Nonstop, 24 Stunden am Tag. Der Förderverein der Elektronikschule nimmt übrigens gerne Spenden entgegen, um die Kosten für neues Material zu decken.